Herdecke. . Gewerbe an der B54, Wohnbebauung in Ende, Freiflächen: Kontrovers diskutieren Politiker in Herdecke über den Regionaplan und Flächenausweisungen.

Ein neuer Regionalplan bietet für Städte wie Herdecke auch die Chance zu einer großen Bestandsaufnahme. Wie steht es um hiesige Flächen, reicht der Raum für Wohnungen und Gewerbe? Nach einer aufwendigen Vorarbeit der Stadtverwaltung diskutierten darüber nun drei Ausschüsse in einer gemeinsamen Sitzung. Nach einem Abstimmungs-Marathon über einzelne Gebiete gab es konkrete Empfehlungen für den Rat nun am Donnerstag (17 Uhr), wenn die Politiker die kommunale Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf abschließend öffentlich beraten.

Grundsätzliches

Schnell kristallisierten sich in der Sitzung, die einige Besucher im Zuschauerraum verfolgten, unterschiedliche Positionen heraus. Keine Mehrheit gab es für den Antrag der Grünen, eine Bürgerversammlung einzuberufen. Das sei auch der Zeitvorgabe geschuldet, da die Herdecker Reaktion zum Regionaplan bis zum 1. März beim Regionalverband vorliegen muss. Doris Voeste von der CDU entgegnete, dass die Planungshoheit weiter vor Ort bleibe. „Wir können hier keine großzügigen Flächen ausweisen, es geht eher um die Suche nach Alternativen.“ Karin Striepen und Jan Schaberick (beide SPD) verwiesen ebenfalls auf den engen Handlungsspielraum sowie die Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung, das betreffe sowohl individuelle Schreiben zum Regionalplan als auch die städtischen Verfahren bei Bauvorhaben oder beim Flächennutzungsplan.

Darauf hin erläuterte Klaus Reuter, warum seine Grünen-Fraktion in Herdecke generell gegen weitere Flächenausweisungen im Regionaplan ist. In Ende sei bereits vieles zugebaut, viele Häuser bräuchten energetische Nachbesserungen („besser den Bestand in Ordnung bringen als neue Siedlungsflächen anvisieren“), die städtischen Einnahmen aus der Gewerbesteuer seien gering und könnten auch durch eine Ansiedlung von Dienstleistern an der Wittbräucker Straße nicht signifikant gesteigert werden. „Da gibt es keine Anbindung an die Stadt. Wir sollten nicht immer nach mehr streben, sondern sorgsam mit dem Vorhandenen umgehen.“

Gewerbe

Kurz fiel die Debatte zum Vorstoß des Regionalverbands aus, an der Ender Talstraße eine neue Gewerbefläche auszuweisen. Das lehnen weiter alle Fraktionen und die Verwaltung ab. Aber Georg Torwesten (CDU) mahnte an, wegen der Haushaltsprobleme der Stadt und fehlender Entwicklungsmöglichkeiten für Firmen kompensatorisch etwas anzubieten. „Städte leben von der Gewerbesteuer und brauchen die Einnahmen daraus. Oder sollen wir die Grundsteuer weiter erhöhen?“

Einigkeit bei meisten Flächen-Einschätzungen

Das Bau-/Planungsamt hatte den Fraktionen zum Regionalplan-Entwurf insgesamt 18 Tabellen mit Einschätzungen zu verschiedenen Flächen (darunter auch Wald, Freiraum und Landwirtschaft) vorgelegt. Nach der Vorbesprechung im Arbeitskreis gab es bei vielen Örtlichkeiten Einigkeit.

Das traf auch bei der Abstimmung über die Baupläne des Waldorf-Kindergartens zu. Am Bergweg können vorbereitende Rodungsarbeiten zügig starten, sofern der Rat Donnerstag zustimmt.

Dann richteten sich die Blicke zur B54: Nachdem Reuter auf Her­decke als Wohnstadt und Natur­aspekte am Ortseingang neben Bonsmanns Hof verwiesen hatte, fand sich eine deutliche Mehrheit für den Vorschlag aus einem fraktionsübergreifenden Arbeitskreis, auf einer Wiese in Hanglage an der B54 Gewerbe ansiedeln zu können. Ulrich Schwellenberg von der SPD: „Das ist eine Ergänzungsmöglichkeit, da steht auch schon die Halle eines Dienstleisters.“ Christopher Huck von der FDP pflichtete ihm bei und widersprach Reuter, dass die Örtlichkeit mangels Siedlungs-Nähe unattraktiv sei: „Es gibt genug Beweise, dass sich Dienstleister an solchen Örtlichkeiten ansiedeln.“

In der Ratssitzung wollen die Fraktionen auch noch über einen kurzfristigen CDU-Vorschlag beraten, ob am Krankenhaus in West­ende oberhalb der Rebional-Großküche potenziell Platz für Institute der Universität Witten/Herdecke sei. Dagegen bleibt es laut Bauamtsleiter Daniel Matißik dabei, dass sich im hinteren Teil des Gahlenfelds Gewerbe auf einem Feld ansiedeln könnte, während das dortige Waldstück und das Areal am Her­decker Bach nicht dazu gehören.

Wohnsiedlungen

Diskussionsbedarf hatte der Arbeitskreis im Vorfeld bei der Fläche zwischen Kirchender Dorfweg und Kallenberger Weg gesehen. Während Jens Plümpe von der Unabhängigen Wählergemeinschaft mit den Grünen forderte, dort keinen neuen Wohnraum auszuweisen, stimmte eine klare Mehrheit für die Verwaltungs-Vorlage, wonach sich dort die Siedlung trotz weniger Quadratmeter abrunden ließe.

Unterschiedliche Meinungen rief auch das Gebiet am Piepensack hervor. Für die CDU lasse sich dort im oberen Teil auf städtischen Flächen Wohnraum an die bestehende Siedlung andocken. SPD und FDP sprachen sich für den Erhalt des wichtigen Freizeitraumes zwischen Kirchende und der Firma Siepmann aus, dafür fand sich eine deutliche Mehrheit. Die erhielten CDU und FDP wiederum nicht für eine potenzielle Bebauung neben Rewe Symalla. Die SPD argumentierte im Sinne aller anderen Fraktionen, den Westender Weg unterhalb des früheren Schulzentrums als Grenze zu betrachten und den freien Blick hinüber zum Kallenberg zu erhalten.

Zweigeteilt blickten die Fraktionen dann zur Straße Vaerstenberg und einer möglichen Nachverdichtung. Dabei ging es um die Frage, neben dem oberen auch den unteren Teil als Siedlungsfläche zu streichen. Die Mehrheit stimmte der Verwaltung zu, dass sich das südliche Gebiet theoretisch an die vorhandene Bebauung ansiedeln ließe. Auch zwischen Ackerweg und der Straße Zur alten Schule sollte noch eine kleine Entwicklungsperspektive für Wohnungen erhalten bleiben.