Herdecke. . In Herdecke wollte eine politische Mehrheit wissen, welche Folgen das Aus der städtischen Musikschule hätte. Auswärtige Fachleute sollen helfen.

Was sich im vergangenen Jahr abzeichnete, setzt sich 2018 fort: Die städtische Musikschule in Herdecke zu schließen, ist ein kompliziertes Unterfangen. Auf komplexe Rechts-Aspekte weist nun die Stadtverwaltung hin, während sich die Politik angesichts ungeklärter Alternativen und fehlender Berechnungen mit einer finalen Entscheidung schwer tut.

Die Ausgangslage: Fast alle Fraktionen forderten Ende 2017, wegen eines Defizits von zuletzt 500 000 Euro die Musikschule nicht länger als derartiges Zuschussgeschäft aufrecht zu erhalten. Die Stadt erhielt den Auftrag, die Folgen einer Schließung zum 1. September 2019 zu prüfen und Varianten zur Fortführung eines Angebots auszuloten. Dazu führte nun Beigeordneter Dieter Joachimi aus, dass die Verwaltung den „widersprüchlichen Ratsbeschluss“ nicht umsetzen könne. „Wir können den Lehrern nicht erst kündigen und sie zur Aufrechterhaltung von Jeki/Jekits wieder einstellen“, sagte Joachimi.

Außerordentlich kündigen

Bei einer Prüfung durch den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) kam demnach heraus, dass eine Kündigung der angestellten Musikschullehrer möglich sei, dafür müssten aber „hohe Hürden“ überwunden werden. Die meisten dieser Langzeitbeschäftigten müssten aufgrund bestehender Verträge außerordentliche Kündigungen erhalten. Sollten die Lehrer dagegen klagen, räumen die Juristen diesem Ansinnen Chancen ein und rechnen sowohl mit hohen Verfahrenskosten als auch mit Abfindungszahlungen für die Stadt. Realistisch sei ein lang andauernder Prozess. Insgesamt seien mit einer Schließung einige Risiken verbunden.

„Ich sehe kaum Stellschrauben für die Verwaltung“, so Joachimi. Die enormen Personalkosten ließen sich nach aktuellem Stand nur auf normalem Wege durch Fluktuation und Pensionierung senken, um dann freie Stelle nicht nachzubesetzen oder Honorarkräfte einzustellen. „Wir könnten – wie zuletzt vor drei Jahren geschehen – die Gebühren erhöhen. Ansonsten müssten wir warten, bis Lehrer ausscheiden“, sagte der Beigeordnete.

Nachteile anderer Varianten

Der KAV teilte zudem mit Blick auf Alternativen (Fortsetzung als Verein oder ähnliches Konstrukt wie gGmbH) mit, „dass die Gründung eines Vereins keine finanziellen Vorteile bietet“, auch wenn diese Variante zur Fortführung des musikalischen Angebots in Herdecke denkbar wäre. Obendrein seien auch hier arbeitsrechtliche Unsicherheiten zu berücksichtigen. Joachimi: „Wir haben uns auch in Nachbarstädten wie Wetter oder Gevelsberg und bei anderen Trägern erkundigt. Uns fehlt aber auch angesichts der hohen Schülerzahl hier in Herdecke die Idee für eine andere und richtige Lösung. Das ist eine Art Quadratur des Kreises, die Sie als Politik von uns erwarten.“

Lehrer zu Unterrichtsreduzierung bereit

Die Stadtverwaltung fragte bei den ca. 25 Lehrern der Musikschule nach, ob diese zwecks Kostensenkung auch über den 31. Dezember 2018 hinaus auf eine oder mehrere Unterrichtsstunde(n) verzichten würden. Ergebnis: Die Lehrer würden zwei Jahre eine Stunde weniger unter der Bedingung unterrichten, dass die Musikschule erhalten bleibt.

Schlechte Nachrichten erhielt die Bürgermeisterin vom NRW-Landesministerin für Kultur und Wissenschaft. Katja Strauss-Köster hatte dort Unterstützung angefragt, die bleibt aber aus.

Diese Stellungnahmen sorgten bei den Fraktionen für Unzufriedenheit. Dr. Marianne Plaßmann kritisierte als sachkundige Bürgerin der FDP, dass die Stadtverwaltung den Ratsauftrag nicht erfüllt habe und sie zum Beispiel finanzielle Angaben zu Lehrer-Abfindungen erwartet habe. „Der Kündigungsschutz ist eine andere Fragestellung. Wir hätten aber gerne als Entscheidungsgrundlage den Betrag gewusst, der bei einer Schließung fällig würde“, so Plaßmann.

Bis zu 10 000 Euro für Vorschlag

Auch andere Fraktionen wirkten zunächst ratlos (Patrick Wicker von der CDU: „Gibt es noch ein anderes Packende?“), ehe der Antrag der Grünen neuen Schwung in die Debatte brachte. Deren Sprecher Andreas Disselnkötter schlug vor, sich extern beraten zu lassen. Nach kleinen Abänderungen stimmten alle Fraktionen dafür, dass ein fachkundiges Unternehmen, ein Verband oder das NRW-Gemeindeprüfungsamt Vorschläge zur Umstrukturierung oder für eine organisatorische Alternative vorlegt. Dafür soll es bis zu 10 000 Euro aus dem städtischen Haushalt geben.

Disselnkötter und Iris Stalzer von der Fraktion H-Plus betonten, dass es in Herdecke unabhängig von arbeitsrechtlichen Themen zukünftig weiter Musikunterricht geben soll. „Andere Städte haben dafür ja auch Lösungen gefunden.“