Wetter. . Ruhig lief das erste Jahr, nachdem Konecranes die Demag übernommen hatte. Interview mit Vorstandsmitglied Susanna Schneeberger über neue Unruhen.

Aus zwei langjährigen Konkurrenten wurde ein Betrieb. Bemerkenswert ruhig verlief das erste Jahr, nachdem im Januar 2017 der finnische Konzern Konecranes die Demag übernommen hatte. Zwölf Monate später ist es mit der Ruhe vorbei: Bei den Kranbauern stehen einige Arbeitsplätze auf der Kippe.

Beim Warnstreik am 10. Januar hieß es, dass im Werk in Wetter mit rund 1500 Mitarbeitern – wie berichtet – 35 Stellen wegfallen sollen. Beim Blick auf den Standort Uslar wachsen bei den hiesigen Beschäftigten die Sorgen, dass es mehr werden könnten. Bei der Motorenfertigung in dem niedersächsischen Schwesterwerk streicht Konecranes jeden zweiten Job.

Geschäftsführerin beantwortet Fragen

Was sagt die Geschäftsführung zu den Entwicklungen, geht die Unsicherheit aus der Terex-Zeit und den zuvor wechselhaften Zuständen nun unter anderen Vorzeichen weiter? Susanna Schneeberger, die schon zu Terex-Zeiten in die Demag-Geschäftsführung stieß und nun zum Vorstand von Konecranes gehört (dabei zuständig für strategische Aufgaben), hat für Demag Cranes & Components schriftlich geantwortet.

Wie bewerten Sie das erste Jahr und das Zusammenwachsen von Konecranes-Demag? Stehen noch wichtige Organisationsfragen aus, nachdem der Name wieder Demag Cranes & Components lautet?

Wir betrachten das erste Jahr als einen Erfolg. Die Integration der beiden Unternehmen hat die anfänglichen Erwartungen übertroffen. Unser Geschäftsbereich Service hat sich in Bezug auf die Integration am schnellsten entwickelt. Die Konsolidierung der Servicesparte wurde in den USA umgesetzt; die Integration wurde in anderen Regionen fortgeführt. Im Geschäftsbereich Industrial Equipment stand die Entwicklung und Einführung eines neuen Vermarktungsmodells (besser Markenstrategie?) in verschiedenen Ländern im Fokus.

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Das neue operative Modell für den Bereich Port Solutions besteht seit dem zweiten Quartal 2017. Die beiden Produktbereiche ergänzen sich hervorragend, es gibt kaum Überschneidungen. Beide bringen jeweils ihre bestehenden Stärken auf verschiedenen Märkten ein. So ergibt sich ein hervorragender Zuschnitt, dessen kurzfristige Vorteile sehr schnell umgesetzt werden konnten. Gleichzeitig entsteht eine umfassende, weltweite Servicestruktur in Verbindung mit der größeren Reichweite der kombinierten operativen Bereiche.

Es hat sich schnell herausgestellt, dass die Kulturen der beiden Unternehmen gut zueinander passen. Als namhafte Vertreter der gleichen Technologiebranche sprechen beide Unternehmen die selbe Sprache und teilen die selben zentralen Werte.

Welche Jahresbilanz zieht Konecranes, hat sich die Übernahme der Demag „gelohnt“? Wie hat sich die Fusion auf die weltweite Marktpositionierung und bei den Kunden ausgewirkt?

Ganz eindeutig stellen wir fest: Die Akquisition hat sich gelohnt. Unser Ziel dabei war es, durch die Kombination des Knowhow, des Angebots, der Technologien, der weltweiten Fertigungspräsenz und der Kundenbasis beider Unternehmen einen weltweit führenden Akteur der Hebetechnik zu schaffen. Derzeit sind wir Marktführer in den Bereichen Industriekrane und Komponenten sowie Service und stehen an Position 1-3 im Bereich Maschinen und Anlagen für den Containerumschlag. Die Synergien sind unschwer zu erkennen. Im Großen und Ganzen bestehen nur wenige Überschneidungen, im Gegenteil: Unsere operativen Bereiche und Produktportfolios ergänzen sich hervorragend. In finanzieller Hinsicht gehen wir davon aus, dass wir bis Ende 2019 Synergieeffekte in Höhe von 140 Millionen Euro erzielen können, und liegen dabei voll auf Kurs. Für das Jahr 2017 belaufen sich die Synergien auf 50 Millionen Euro mit ergebniswirksamen Effekten in Höhe von 20 Millionen Euro.

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Mitarbeiter waren geschockt, dass im Demag-Werk in Uslar jeder zweite Arbeitsplatz wegfallen soll. Wie begründet Konecranes das? Das Vertrauen in Menschen, das Konecranes ebenso wichtig sein soll wie Rentabilität, scheint zu schwinden...

Bei der Motorenfertigung beabsichtigen wir, die Großserienfertigung für das kombinierte Volumen unserer beiden Unternehmen von der Fertigung in Kleinserien, wie etwa von Motoren für das Antriebsgeschäft, zu trennen. Ziel dieser geplanten Änderung ist es, dafür zu sorgen, dass die Fertigungsstandorte unter Nutzung ihrer jeweiligen Stärken weiterarbeiten können. So erzielen wir deutliche Einsparungen bei der Fertigung großer Stückzahlen und wahren gleichzeitig Flexibilität, Fachkenntnisse und Entwicklungskompetenz bei der Motorenfertigung in Kleinserie

Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass durch die bestehenden Kompetenzen und das Motorenfertigungs-Knowhow von Uslar der Standort weiterhin ein wichtiger Fertigungsstandort für Konecranes bleibt, insbesondere bei der Bereitstellung von Motoren für verschiedene Produktbereiche. Gleichzeitig sind wir auch dazu bereit, in Uslar zu investieren. Wir suchen nach Wachstumsmöglichkeiten und neuen Vertriebskanälen für unser Antriebstechnikgeschäft, das auch für Uslar zusätzliches Produktionsvolumen generieren kann.

Die Analyse der Situation wurde mit hohem Aufwand unternommen. Alle relevanten Daten und Fakten wurden ermittelt und durch unser Integrationsteam validiert, das sich aus Teammitgliedern von MHPS und Konecranes zusammensetzt. Die gesamte Analyse und abschließende Bewertung wurde durch Experten der jeweiligen Bereiche anhand von Fakten und Zahlen durchgeführt.

Uns ist vollauf bewusst, dass die Bekanntgabe unserer Pläne eine schwierige Veränderung der Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Standorts Uslar darstellt. Wir stellen sicher, dass jeder Schritt mit dem höchstmöglichen Respekt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternommen und in sozial verantwortlicher Weise sowie in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern umgesetzt wird.

Auch in Wetter stehen wohl 35 Jobs auf der Kippe: Welche Bereiche sind gefährdet? Ist das der Anfang von weiteren Anpassungen, müssen sich noch mehr Mitarbeiter Sorgen machen? Geht die Unsicherheit aus der Terex-Zeit und den zuvor wechselhaften Zuständen nun unter anderen Vorzeichen weiter?

Selbstverständlich stellen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesichts der Veränderungen viele Fragen. Wir tun unser Möglichstes, um unsere Pläne frühzeitig und in transparenter Weise zu kommunizieren.

Die Integrationsplanung war und ist ein fortlaufender Prozess. Das weltweite Integrationsprogramm besteht aus Hunderten von Unterprojekten, die Planung wird mit zunehmender Analysepräzision und Verfeinerung der Details weiter fortgeführt. Derzeit steht der angekündigte Plan im Mittelpunkt.

In Wetter haben wir Gespräche mit dem Betriebsrat vor Ort aufgenommen, da wir im Zusammenhang mit der Harmonisierung einiger Produktkomponenten einen Personalabbau im Produktionsbereich umsetzen müssen. Da die Verhandlungen noch andauern, kann ich hierzu derzeit keinerlei weitere Informationen geben. Wir streben jedoch gleichzeitig an, über unser globales Vertriebsnetz mehr in Wetter gefertigte Produkte zu verkaufen.

Konecranes hatte von Synergieeffekten von 140 Mio. Euro bei der Übernahme gesprochen: Waren/sind damit vor allem Einsparungen auf Mitarbeiterseite gemeint? Wie hoch ist der finanzielle Druck? Warum diese zeitliche Vorgabe bis Ende 2019?

Die angestrebten Gesamtsynergien von 140 Millionen Euro beziehen sich auf alle operativen Bereiche weltweit und basieren auf den unternehmerischen Beweggründen zum Zeitpunkt der Akquisitionsentscheidung. Gleichzeitig stellen wir den Zeitrahmen auf, innerhalb dessen wir die Synergien erreichen wollen. Bei diesen Synergien geht es nicht einfach um einen Einspareffekt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir wollen das Beste beider Unternehmen zusammenbringen. Etwa die Hälfte der Synergien ergeben sich aus einer Optimierung unseres weltweiten Beschaffungs- und Fertigungsnetzwerks. Der Rest entsteht aus Technologie und Harmonisierung einiger Produktkomponenten sowie aus der Optimierung und Konsolidierung von Vertriebs- und Servicebereichen sowie der Supportfunktionen.

So optimieren wir etwa unsere gemeinsame Marktestrategie und Vertriebskanäle, indem wir in einigen Ländern eine neue Vertriebsstruktur definieren. Weitere Synergien erreichen wir durch die Konsolidierung der Prozesse bei Einkauf und Beschaffung.

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In Bezug auf unsere Fertigungspräsenz reduzieren wir Überschneidungen und Überkapazitäten in unserem mehrere Länder umfassenden Fertigungsnetzwerk erreichen so eine gründliche Optimierung. Bei der Motorenfertigung beabsichtigen wir, die Großserienfertigung für das kombinierte Volumen von der Fertigung in Kleinserien, wie etwa von Motoren für das Antriebsgeschäft, zu trennen. Ziel dieser geplanten Änderung ist es, dafür zu sorgen, dass die Fertigungsstandorte unter Nutzung ihrer jeweiligen Stärken weiterarbeiten können. So erzielen wir deutliche Einsparungen bei der Fertigung großer Stückzahlen und wahren gleichzeitig Flexibilität, Fachkenntnisse und Entwicklungskompetenz bei der Motorenfertigung in Kleinserie.

Bei den Serviceaktivitäten wollen wir ein starkes internationales Netzwerk für Service und Ersatzteilvertrieb aufbauen. Deshalb fassen wir in einigen Ländern Standorte zusammen, die in geringer räumlicher Entfernung voneinander liegen.

Absehbar war, dass es Produktüberschneidungen gibt. Sind schon konkrete Folgen der Produktharmonisierung klar? Wenn ja: Welche Demag-Produkte sind betroffen? Gilt die Aussage noch über die starke Marke Demag oder sind Konecranes-Produkte stärker?

Bei der Produktharmonisierung geht es um einzelne Komponenten der Produkte. Sie basiert auf einer umfassenden Analyse technischer und fertigungsbezogener Aspekte mit einem Schwerpunkt auf der Sicherstellung höchster Qualität. Dieses Projekt dauert noch an. Demag spezifische Produkte unter dem Markennamen Demag werden fortgeführt.

Im Geschäftsbereich Industrial Equipment lag der Schwerpunkt der Integrationsarbeit 2017 auf der Entwicklung einer Marktstrategie für andere Demag und Konecranes Bereiche vor der entsprechenden Neustrukturierung der kombinierten Bereiche. Die Planungen dieser Veränderungen sind nun abgeschlossen und werden im Laufe des Jahres 2018 Gestalt annehmen. In Bezug auf die Produkte wurde inzwischen das Kernangebot zur Unterstützung der gewählten Marktstrategie festgelegt. Das markenspezifische und differenzierte Angebot an Demag und anderen Konecranes Produkten, mit denen die beiden Unternehmen sich ihren Ruf erarbeitet haben, bleibt erhalten. Eine Reihe von Produktmodifikationen wurde auf Komponentenebene vorgenommen, um bestmögliche Synergieeffekte bei Fertigung und Einkauf sicherzustellen. Diese Modifikationen werden im Verlauf des nächsten Jahres umgesetzt.

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Der Schritt zur Motoren-Verlagerung von Uslar nach Estland und der Blick ins tschechische Slany führt zur Frage nach Billiglohn: Welche Strategie verfolgt Konecranes in dieser Hinsicht? Müssen sich Standorte in Deutschland Sorgen machen? Wie lässt sich ggf. gegensteuern?

Die Konecranes Beschaffungsstrategie basiert auf einer nachfrageorientierten weltweiten Fertigungspräsenz. Konecranes überwacht aktiv die Produktivität und Gesamtkosten jedes Fertigungsstandorts und verfolgt stets das Ziel, Mengenvorteile zu nutzen. Jeder einzelne Standort in jedem Land muss kontinuierlich sein höchste Leistungspotenzial abrufen und Ergebnisse im Sinne kontinuierlicher Verbesserung vorweisen.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wettbewerbsfähige Kosten hierbei nur einen von zahlreichen Aspekten darstellen. Der Standort Uslar kann die Großserienfertigung in den kombinierten Volumina nicht leisten. Auf der anderen Seite gingen Mengenvorteile verloren, würden die Stückzahlen auf zwei Standorte aufteilen.

Zugleich hieß es, dass auch über Insourcing nachgedacht wird, also quasi China zu umgehen und wieder Produktionsschritte im Werk Wetter anzusiedeln. Stimmt das, was steckt dahinter?

Konecranes investiert aktiv in neue Fertigungstechnologien, um Produktivität und Qualität zu steigern. Automatisierung ist eine wichtige Methode zur Steigerung der Produktivität, auch an den Fertigungsstandorten im Westen. Die Eigenproduktion an unseren Standorten wird immer in Betracht gezogen, wenn dies in finanzieller Hinsicht sinnvoll ist und die Serviceleistung für den Kunden verbessert. Diese Betrachtungen werden derzeit auch für den Standort Wetter durchgeführt.

Dabei ist auch festzustellen, dass dank der Integration das Vertriebsnetz für Produkte aus Wetter wächst, da für diese Produkte jetzt neue, zusätzliche Vertriebskanäle aus anderen Konecranes Geschäftsbereichen zur Verfügung stehen. Auf diese Art und Weise wollen wir Wachstum generieren.

Wie auch beim Standort Uslar sind wir bereit zu investieren und suchen nach Wachstumsmöglichkeiten und neuen Vertriebskanälen für unser Antriebstechnikgeschäft, das zusätzliches Produktionsvolumen generieren kann.