Hagen. Eine 23-jährige Mutter steht derzeit vor dem Landgericht Hagen. Sie soll ihre beiden kleinen Töchter misshandelt haben. Einer Erzieherin war beim Wickeln der Zweieinhalbjährigen aufgefallen, dass ihr rechtes Auge mit Make-up geschminkt worden war. Die Ärztin entdeckte weitere blaue Flecke.

In der Kindertagesstätte Wunderland in Altenhagen hatte man im April vergangenen Jahres sehr gut aufgepasst. Als Kita-Leiterin Andrea Plath die kleine Ramona-Alice (Name geändert) wickeln wollte, fiel ihr auf, dass die Zweieinhalbjährige rund um das rechte Auge dick mit Make-up geschminkt worden war. Die Erzieherin schaute daraufhin genauer hin und entdeckte einen großen blauen Fleck, der offenbar geschickt kaschiert werden sollte.

Das zweieinhalbjährige Mädchen wurde sofort in die Kinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses gebracht, dort schaltete man die Polizei ein. Denn auch auf dem Kopf des Kindes hatten die Ärzte blaue Stellen entdeckt, was den Verdacht einer Kindesmisshandlung begründete.

Angeblich vom Klettergerüst gefallen

„Hätte ich selbst die blauen Flecken auf dem Kopf bemerkt“, erklärt die Mutter in der Anklagebank, „hätte ich die Kleine natürlich auch sofort ins Krankenhaus gebracht.“ Für die Entstehung der Hämatome liefert sie diese Erklärung: An jenem Nachmittag sei sie mit ihrem Töchterchen im Volkspark gewesen und hätte im Eiscafé Öse dringend auf die Toilette gemusst. Deshalb habe sie eine Freundin gebeten, in der Zwischenzeit kurz auf Ramona-Alice aufzupassen. Ein paar Minuten später habe sie ihr heulendes Kind vorgefunden.

Die Kleine, so sei ihr angeblich von der Freundin berichtet worden, wäre vom Klettergerüst gefallen und dabei mit dem Kopf gegen eine Eisenstange geprallt. „Wie heißt die Freundin?“, will Richter Albrecht Bogumil wissen, „das könnte eine wichtige Zeugin sein.“ Die angeklagte Mutter gerät jetzt offensichtlich in Bedrängnis: „Ich kenne ihren kompletten Namen leider nicht. Nur ihren Spitznamen – Hexe.“

Bei der Polizei hatte die Beschuldigte noch eine andere Version der Geschichte erzählt: Sie hätte bei dem Vorfall im Volkspark auch ihr knapp zwei Monate altes Baby dabei gehabt, der Säugling habe geschrien, sie hätte nach dem Schnuller gesucht und sei dadurch abgelenkt gewesen, als die größere Tochter vom Klettergerüst fiel.

Auch Baby hatte einen blauen Fleck

Der Amtsrichter: „Das klingt jetzt anders und das ist für einen Richter ein Lügensignal.“ Die Mutter: „Es war ein großer Fehler, dass ich die blauen Flecke mit Schminke überdeckt habe, dadurch habe ich mich erst verdächtig gemacht.“ Aber nicht allein dadurch – denn auch bei dem sechs Wochen alten Säugling der Angeklagten hatte Krankenhausärztin Dr. Marita Horstkemper ein Hämatom im Gesicht festgestellt. „Ein Kneiffleck“, rechtfertigt sich die angeklagte Mutter, „die Zweijährige war eifersüchtig auf das Baby, hat es deshalb in die Wange gekniffen.“

Der Dortmunder Rechtsmediziner Ralf Zweihoff hatte „typische Zeichen einer stumpfen Gewalteinwirkung“ diagnostiziert. Verteidiger Frank Becker: „Da meine Mandantin die Misshandlungen ihrer beiden Töchter rundum bestreitet, müssen die Vorwürfe jetzt ganz genau aufgeklärt werden.“ Dazu wird der Prozess völlig neu aufgerollt und auch der Sachverständige geladen. Die jüngste Tochter ist inzwischen in einer Pflegefamilie untergebracht.