Hagen/Berlin. . Das Hagener Osthaus-Museum zeigt eine Ausstellung mit Arbeiten, die vor vier Jahren aus dem überkommenden Berliner Kriegsbombenschutt überraschend ausgegraben wurden. Dabei handelt es sich um Arbeiten Hagener Künstler, die von den Nazis als “entartet“ verunglimpft worden waren.

„Auferstanden aus Ruinen“ - der Titel der alten DDR-Hymne bekommt in diesem Fall eine ganz andere kulturhistorische Bedeutung, die gleichsam unter dem Stichwort „Berliner Skulpturenfund“ vor vier Jahren für bundesweite Aufmerksamkeit sorgte. Dessen Ausläufer haben nun auch das Hagener Osthaus-Museum mit einer denkwürdigen Ausstellung erreicht, über die die Kuratorin und stellvertretende Museumsleiterin Dr. Birgit Schulte schlicht feststellt: „So etwas Spannendes und Spektakuläres hat es bei uns wohl noch nicht gegeben.“

Noch einmal zurück ins Jahr 2010. Damals wurden bei Tiefbauarbeiten an der Berliner U-Bahn unmittelbar gegenüber dem Roten Rathaus nach und nach 16 wertvolle Skulpturen direkt aus dem überkommenen Kriegsschutt ausgegraben. Was anfangs noch als „antik“ eingestuft wurde, entpuppte sich bei genauerer Analyse durch die kundige Leiterin des Kolbe-Museums als Kunstwerke des frühen 20. Jahrhunderts, die allesamt von den Nazis als „entartete Kunst“ verunglimpft und 1937 aus dem museal-öffentlichen Verkehr gezogen worden waren.

Als die Bombe einschlug

Die derart landesweit erfasste Menge soll gut 21.000 Stück betragen haben; alles wurde nach Berlin zur Sichtung gebracht. Weil schnell das Schloss Schönhausen als Zwischenlager nicht mehr ausreichte, wurden eigens weitere jüdische Wohnungen requiriert, wie eben auch jene in der Königstraße 50. Die „entartete Kunst“ wiederum wurde in Gruppen aufgeteilt, um verkauft oder zerstört zu werden, oder auch, um sie in der Münchner Propaganda-Ausstellung als abstoßende Beispiele zu präsentieren. Als schließlich gegen Kriegsende eine Fliegerbombe in der Königstraße einschlug, wurden die meisten noch immer eingelagerten Kunstwerke gänzlich zerstört, einige von ihnen aber auch direkt aus den oberen Stockwerken ins Kellergeschoss heruntergerissen, wo sie jahrzehntelang unentdeckt unter den Trümmern begraben blieben.

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Mittlerweile komplett recherchiert und wissenschaftlich eingeordnet, ist klar: Einige der Berliner Fundstücke weisen eine direkte Verbindung nach Hagen auf. Es sind nämlich die Hagener Künstler Will Lammert, Karel Niestrath und Milly Steger, die in der NS-Zeit mit ihren Arbeiten als „entartet“ galten und von denen nun drei Objekte aus dem Kriegsschutt am Roten Rathaus in Berlin gezogen wurden. „Auf überaus berührende Weise können wir mit unserer Ausstellung jetzt in Hagen ein Kapitel deutscher Geschichte sichtbar machen“, sagt Birgit Schulte. Elf der 16 entdeckten Kunstwerke sind bis zum 21. September im Osthaus-Museum zu sehen, ergänzt um weitere Arbeiten der betreffenden Hagener Künstler aus dem eigenen Bestand des Hauses.

Etwa 500 Werke waren 1937 aus dem Osthaus-Museum verbannt worden; das - wenn eben auch nur punktuelle - Wiedersehen durch die aktuelle Ausstellung hat tatsächlich etwas sehr emotional Kreis-Schließendes.

Keine Rückführung vorgesehen

Die Schau wird am kommenden Samstag um 16 Uhr eröffnet. Eine Einführung zum Thema wird dabei Dr. Meike Hoffmann geben, die an der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der Freien Universität Berlin tätig ist und bei der ebenfalls aufsehenden Kunst-Entdeckung rund um den Erben und Sammler Cornelius Gurlitt maßgeblich als Expertin beteiligt war.

Der Berliner Skulpturenfund befindet sich übrigens im Besitz des Bundes. Ein Rückführung der einzelnen Objekte in die jeweiligen Museen, aus denen sie die Nazis verbannt haben, ist nicht vorgesehen und derzeit rechtlich auch gar nicht möglich. „Schön wäre es, wenn der Fund als Ganzes irgendwo für immer öffentlich gemacht würde“, hofft Dr. Birgit Schulte.