Hagen. Die Hasper City hat ein Problem. Es mehren sich Fälle von aggressivem Betteln. Ordnungsamt und Polizei bearbeiten den Bereich intensiv. Für manche Hasper hat das Bettel-Problem mit den zugezogenen Roma in Hasperbach zu tun. Beweisen kann das allerdings niemand.

Neulich am Hasper Kreisel stand plötzlich eine Frau mit langem Rock vor Eveline L. Die etwas ungepflegt wirkende Dame trat so nah an sie heran, dass sie ihren Atem im Gesicht spüren konnte. Zwei Tage später eine ähnliche Szene wenige Meter weiter vor einem Optiker. Als Eveline L. dem aggressiven Betteln einer hartnäckigen älteren Frau nicht nachgibt, wird sie in deren Muttersprache laut beleidigt. Auf offener Straße. Die Hasper City hat ein Problem. Und für diejenigen, die sich belästigt fühlen, liegt der Ursprung dieses Problems in Hasperbach.

In Ennepetal wieder Ruhe eingekehrt

Dorthin, in eine Siedlung mit Arbeiterwohnungen der ehemaligen Firma Carp und Hones, sind Anfang April rund 100 Roma aus Duisburg gezogen und sorgen seitdem für Stadtgrenzen übergreifenden Gesprächsstoff. Während sich in Ennepetal zuletzt Beschwerden über Müll, verrichtete Notdurften im öffentlichen Raum, beim Gassigehen beworfene Hunde und penetrant angeflirtete Frauen häuften, mittlerweile aber wieder Ruhe eingekehrt ist, fühlen sich manche Hasper durch aggressives Betteln rund um den Kreisel belästigt. Eveline L. gehört auch dazu. Ihren Nachnamen möchte sie aus Sicherheitsgründen öffentlich nicht nennen.

Bei manchen Haspern herrscht ein allgemeines Unsicherheitsgefühl
Bei manchen Haspern herrscht ein allgemeines Unsicherheitsgefühl © WP Michael Kleinrensing

Ob die osteuropäisch aussehenden Bettler im Hasper Zentrum wirklich alle Roma sind, ist nicht bewiesen. Und ob sie alle aus der Arbeitersiedlung in Hasperbach kommen, auch nicht. Dort übrigens kümmern sich Sozialarbeiter aus Duisburg aktuell darum, dass die rund 100 Roma zügig in die hiesige Gesellschaft integriert werden. Die Mitarbeiter des Vereins Zukunftsorientierte Förderung (ZOF) ziehen eine erste positive Bilanz. Für 57 schulpflichtige Roma-Kinder hat bereits der Unterricht begonnen.

Kein Anstieg der Kriminalität

Bei der Hasper Bezirksvertretung sind wegen des aggressiven Bettelns bereits Beschwerden aufgelaufen. „Richtig so“, sagt Eveline L., „ich höre im Sportverein auch, dass es ein allgemeines Unsicherheitsgefühl gibt.“ Und genau diese Einschätzung trifft das Problem auf den Kopf. Denn tatsächlich gibt es keinen statistischen Anstieg der Kriminalität rund um den Kreisel. Zumal aggressives Betteln auch keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit ist. Streng genommen also ein Fall fürs Ordnungsamt. Nicht für die Polizei. Das subjektive Gefühl mancher Hasper allerdings ist weitaus unsicherer. „Wir fühlen uns hier nicht mehr richtig sicher“, sagt Eveline L., „und das hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun. Wir leben in Haspe seit Jahren mit vielen Nationalitäten zusammen und bisher hat das super geklappt.“

Platzverweise ohne Ende

Das Ordnungsamt hat das Hasper Zentrum streng im Blick und schreibt nach eigenen Aussagen hier Verwarngelder und erteilt Platzverweise ohne Ende. Was scheinbar schlecht fruchtet. Die meisten Verwarnten können das Bußgeld oft gar nicht aufbringen und lassen sich durch Platzverweise auch nicht davon abhalten, an gleicher Stelle erneut zu versuchen, Passanten anzubetteln. „Wir sehen das Problem“, sagt Haspes Bezirksbürgermeister Dietmar Thieser, „und ich frage mich, was eigentlich mit der Ordnungspartnerschaft zwischen Polizei und Ordnungsamt ist? Das ist doch ein Fall dafür. Gibt es die Partnerschaft gar nicht mehr?“

Doch, es gibt sie noch. „Aber sie ist so sehr in unsere Alltagsarbeit integriert, dass die Öffentlichkeit sie nicht mehr so stark wahrnimmt“, sagt Hagens Polizeipräsident Frank Richter. Bezirksbeamte würden in Brennpunkt-Bezirken mit Kollegen des Ordnungsamts Streife gehen und ständig im Austausch stehen. Richter stellt klar: „Das aggressive Betteln ist keine Polizeiangelegenheit, sondern eine Sache des Ordnungsamts. Nichtsdestotrotz erledigen wir diese Arbeit in Brennpunkten aber mit. Auch im Hasper Zentrum, wo wir mit einem zivilen Wagen unterwegs sind und das aggressive Betteln ahnden.“

Personell auf dem Zahnfleisch

Pro 10 000 Einwohner steht es dem Polizeipräsidenten zu, einen Bezirksbeamten einzusetzen. „Wenn ich das Verhältnis in 1:5000 ändern könnte, wäre ich sofort dabei. Es geht aber nicht. An den Brennpunkten gehen wir personell auf dem Zahnfleisch.“ Was nicht bedeuten solle, dass die Situation in Haspe aus dem Ruder laufen könne: „Das haben wir so weit wie möglich im Griff. Es gibt eben eine große Spanne zwischen subjektiven und objektiven Sicherheitsgefühlen und wir werden alles dafür tun, damit beide Gefühle sicher bleiben und werden.“