Hagen. . Der Fahrer eines Hagener Linienbusses muss sich vor dem Hagener Amtsgericht verantworten: Er soll einen 18-Jährigen gezwungen haben, das Erbrochene eines anderen, bereits verschwundenen Fahrgastes wegzuwischen. Dazu schloss er die Türen des Busses.
Der Vorwurf gegen einen Hagener Linienbusfahrer (50) ist heftig -- Freiheitsberaubung und Nötigung. Aber genauso heftig ist die Geschichte, die zu der Anklage (Az. 94 Cs 42/14) geführt hat: Der Mann hinterm Steuer hätte im Bus einen Schüler (18) eingesperrt und diesen gezwungen, das Erbrochene eines anderen Fahrgastes mit Papiertüchern aufzuwischen.
Derzeit wird der unappetitliche Vorfall aus Linie 513 vor Strafrichter Albrecht Bogumil verhandelt. Denn der Linienbusfahrer der Habus, einem Tochterunternehmen der Hagener Straßenbahn AG, hat Einspruch gegen einen Strafbefehl über 1500 Euro eingelegt und behauptet, der Realschüler habe sich freiwillig zu der Wischaktion angeboten, mit den Worten: „Ich mach’ das schon sauber.“ Der junge Mann im Zeugenstand widerspricht energisch: „Ich war im verschlossenen Bus gefangen, sollte das Erbrochene mit meiner Jacke aufwischen.“
Dem Schüler ist das peinlich
Was geschah am 30. November gegen 21 Uhr auf der Strecke zwischen Hohenlimburg und dem Hagener Rathaus? Fest steht: Unterwegs stieg eine Gruppe Jugendlicher in den Bus, setzte sich in den hinteren Bereich. In Höhe der Autobahn kam Unruhe auf – ein Mann, der sich unwohl fühlte und die ganze Zeit über mit gebeugtem Oberkörper auf seinem Sitz saß, hatte sich übergeben müssen.
Am Sparkassen-Karree stieg die Gruppe junger Leute geschlossen an der hinteren Tür aus. Darunter auch derjenige, der sich erbrochen hatte. „Dummerweise war ich dann der Letzte, der noch im Bus war“, sagt der Realschüler, „da hat mich der Fahrer zu sich gerufen.“
Er sei im Linienbus eingesperrt gewesen, habe mehrmals den Türknopf gedrückt. „Vergeblich“, sagt der Schüler, „die Türen blieben zu.“ Dann habe der Fahrer ihn vor die Wahl gestellt: „Entweder 40 Euro Reinigungsgebühr oder Du machst das jetzt sauber.“ Schließlich habe er Feuchttücher bekommen und das Erbrochene weggeschrubbt. „Ich sollte die verschmutzen Tücher durch das Kippfenster werfen. Dabei wurde die Scheibe verschmutzt. Deshalb musste ich auch noch das Fenster putzen.“ Dem Schüler ist das bis heute noch peinlich: „Draußen standen Leute und haben mich ausgelacht.“
Anwalt: Es gibt ein Selbsthilferecht
Der angeklagte Fahrer glaubt, alles richtig gemacht zu haben: „Eine Dienstanweisung besagt, dass bei Fehlverhalten von Kunden ein Reinigungsentgelt zu erheben ist. Er hätte mir doch ganz einfach den Namen des Bus-Verunreinigers nennen können.“ Sein Verteidiger Rainer von Szczutowski ergänzt: „Schließlich gibt es auch ein Selbsthilferecht. Wenn wir alles durchgehen lassen, können wir den öffentlichen Nahverkehr vergessen.“
Am 24. Juni, 10.15 Uhr, Saal 33, geht der Prozess weiter. Dann sollen auch die Videoaufnahmen aus dem Bus gezeigt werden.
„Die Habus bedauert den Vorfall und hat großes Interesse daran, dass die Umstände vollständig aufgeklärt werden“, erklärt Unternehmenssprecher Detlef Recka.