Hagen. „Hagau lo’ gohn“, jetzt ist der Spaß vorbei: Ein ehemaliger Hagener Karnevalsprinz (60) soll wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe für drei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Dazu verurteilte ihn am Montag das Schöffengericht. Vom Karneval bis in den Knast – tiefer kann ein Absturz kaum sein.
Auf „über den Daumen gerechnet 1,2 Millionen Euro“ bezifferte Richter Dr. Sascha Berlin den angerichteten Steuerschaden. Ihre Lieblichkeit, die damalige Karnevalsprinzessin, saß ursprünglich mit auf der Anklagebank. Doch sie erkrankte kurzfristig. In Kürze wird sie deshalb ein eigenes Strafverfahren erwarten.
Hauptschüler, gelernter Dreher, selbstständiger Kaufmann, glückloser Betreiber einer Model-Agentur und erfolgloser Pornofilm-Produzent: Die Biographie des Angeklagten ist bunt. Als wahre Goldgrube erwies sich für ihn schließlich eine Servicefirma zur Wartung und Reinigung von Industrieanlagen. Bei Automobilkonzernen und Kfz-Zulieferern wurde professionell gesäubert und geputzt. In ganz Deutschland arbeiteten bis zu 1200 Mitarbeiter für das Hagener Unternehmen.
Familie mit eingebunden
Nunmehr zum wohlhabenden Firmenchef geworden, konnte sich der Angeklagte im hiesigen Karneval recht spendabel zeigen. Bei der Großen Hagener Karnevalsgesellschaft (GHK) wurde er zunächst zum „Senator“ ernannt und durfte später auch den närrischen Prinzen geben.
Zwischen 2003 und 2008 kam es jedoch in der Firmengruppe, für die mehrere Familienmitglieder in unterschiedlichen Funktionen tätig waren, zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten und ständigen Tricksereien. Zwei Schwarzgeldkonten wurden eingerichtet, Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben verkürzt, Scheinverträge geschrieben. Strohfiguren wie der eigene Neffe in Führungspositionen eingesetzt. Auffällig häufig wechselten die Geschäftsanschriften und Firmennamen. „Doch das Prinzip hieß stets: Gleicher Inhalt, aber neue Verpackung“, stellte Richter Dr. Berlin süffisant fest. Auch heute noch arbeite der Angeklagte als angestellter Geschäftsführer in der Firma seiner drei Kinder.
Haus wird eventuell gepfändet
Das Gericht bewertete das angeklagte Tatgeschehen so: Insgesamt sechs Fälle der Steuerhinterziehung, davon viermal schwere Steuerhinterziehung (mit einem Schaden von jeweils über 100.000 Euro), sowie Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen in 52 Fällen.
Das waren wahrlich noch bessere Zeiten, als das fröhliche Prinzenpaar einst das Rathaus stürmte und dem damaligen Oberbürgermeister Dietmar Thieser den Schlüssel abnahm. Jetzt müssen die Ex-Tollitäten damit rechnen, dass ihnen der Schlüssel abgenommen wird. Es geht um ihr Häuschen. Das unnachgiebige Finanzamt hat zur Deckung der Steuerschulden bereits seine Hand darauf gelegt.