Halden. . Messer- und Scherenschleifen – ein ehrbares Handwerk? Ja, wenn man die Arbeitsweise und den familiären Hintergrund von Alexander Wandel zugrunde legt. Er ist Schleiftechniker in der sechsten Generation.

Alexander Wandel (35) zieht bewusst nicht um die Häuser. Was das angeht, hat er dem schlechten Ruf seines Gewerbes, den es Hausierern und liederlichen Geschäftemachern verdankt, Tribut gezollt. Einem Scherenschleifer kann man nicht trauen, sagen die Leute, der macht einem die Messer kaputt oder bringt sie nie wieder. „Mein Beruf ist in Verruf geraten, das weiß ich“, sagt Wandel. „Ehrbar ist er trotzdem.“

Messer- und Scherenschleifen – ein ehrbares Handwerk? Ja, wenn man die Arbeitsweise und den familiären Hintergrund von Alexander Wandel zugrunde legt. Er ist Schleiftechniker in der sechsten Generation, sein Urururgroßvater gehörte zu den ersten Besitzern eines Schleifkottens in Solingen, der für ihre hochwertigen Klingenmanufakturen bekannten Stadt im Oberbergischen. Bei den Kotten handelte es sich um kleine Werkstätten, in denen Sensen, Scheren, Schwerter, Degen und Messer geschliffen wurden. Die Schleifer waren Spezialisten, ehrbare Handwerker zumal.

Stumpfen Klingen wird neues Leben eingehaucht

Mit der Zeit, als die kleinen Werkstattinhaber von Massenproduzenten verdrängt wurden und sich fahrende Händler mehr schlecht als recht an den Haustüren durchschlugen, verlor das Gewerbe an Ansehen. Vereinzelt hielten Traditionalisten die Seriosität des Berufs aufrecht – zu ihnen gehört Wandels Vater: „Bei ihm habe ich den Job von der Pike auf gelernt. Und er hat mir auch seine Maschinen überlassen.“

Die Schleifsteine werden natürlich längst elektrisch angetrieben, und wenn Wandel ein Messer, ein Gartengerät oder eine Nagelschere an die rasend rotierende Maschine hält, die selbstredend in Solingen entwickelt und hergestellt wurde, dann sind die Klingen anschließend schärfer als je zuvor. Wandel liebt es, den stumpf und unbrauchbar gewordenen Gegenständen neues Leben einzuhauchen: „Ich bin kein Freund der Wegwerfgesellschaft. Es hat etwas sehr Befriedigendes, ein altes Werkzeug in gutem Zustand zu erhalten.“

Der Wagen als Werkstatt

Und das wissen, obwohl Messer und Scheren spottbillig geworden sind, immer noch Leute zu schätzen. Neulich habe eine alte Dame ein Küchenschälmesser, das ihre Eltern im Jahr 1908 zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten, bei ihm aufarbeiten lassen, berichtet Wandel. Und einer anderen Kundin habe er das Familiensilber aufpoliert.

Alexander Wandel wohnt mit Frau und Kind in einem schönen Häuschen samt Vorgarten in Halden. Er hat, wenn man so will, die urururalte Tradition des Messerschleifens von Solingen nach Hagen gebracht. Der kleine Wagen mit den Schleifgeräten, der seine Werkstatt bildet, steht vor dem Haus. Die Leute bringen ihre Siebensachen zu ihm, ein Messer schleift er ab zwei Euro, es hängt vom Aufwand ab. Nach dem Schleifen zieht er die Klinge über einen Fingernagel, der Nagel halte das aus, sagt er, aber die Nerven darunter seien so fein, dass er jede Unebenheit spürt. Wandel ist überhaupt ein Mann für die Welt der winzigen Dinge: „Die Mikrofeinverzahnung einer Friseurschere hat kleinste Rillen, in die sich das feinste Haar legt“, doziert er. Und dass er auch Friseurscheren schleift, selbstverständlich.

Wetzstahl ein Notbehelf

Ein Wetzstahl, sagt er verächtlich, wie ihn viele an der Besteckleiste in der Küche hängen hätten, sei allenfalls ein Notbehelf. Und dass er es schrecklich finde, Dinge einfach wegzuwerfen und billigen Ersatz zu kaufen.

Er klingelt nicht bei den Leuten an der Tür, man soll ihn nicht für einen Taugenichts halten.