Breckerfeld. . Bislang war Schulleiter Heinz Opsölder der einzige Lehrer an der Grundschule Breckerfeld. Mit seinem neuen Kollegen Sebastian Beeck und dem Studienpraktikanten Christian Lauermann steigt die Männerquote.

Erziehung ist Frauensache – zu diesem Schluss könnte man gelangen, betrachtet man die Zahlen des statistischen Landesamtes. Das hat errechnet, dass 2012 nur jeder dritte Unterrichtende ein Mann war – ein Rückgang von fast 25 Prozent gegenüber 1996. Besonders an Grundschulen sind Männer noch Exoten. Hier beträgt ihr Anteil nur rund neun Prozent (15 Prozent 1996). Auch an der Grundschule Breckerfeld mit seinem 18-köpfigen Kollegium herrscht deutlicher Frauenüberschuss. Seit Anfang Februar unterrichtet aber neben Schulleiter Heinz Opsölder mit Sebastian Beeck (39) ein weiterer Lehrer. Und mit dem Lehramtsstudenten Christian Lauermann (23), der ein Orientierungspraktikum macht, liegt die Männerquote bei über 15 Prozent. Unsere Zeitung sprach mit den drei Lehrern.

Frage: Herr Beeck, welcher Weg hat Sie an die Grundschule Breckerfeld geführt?

Sebastian Beeck: Mein Lehramtsstudium mit den Schwerpunktfächern Deutsch, Mathematik und Sport habe ich an der Bergischen Universität in Wuppertal absolviert, das anschließende Referendariat an einer Grundschule in Essen-Kettwig. Zuletzt hatte ich eine Vertragsstelle in meiner Heimatstadt Solingen. Es gibt im Internet eine spezielle Lehrer-Plattform mit bundesweiten Stellenangeboten, dort habe ich die Ausschreibung für eine feste Anstellung in Breckerfeld gefunden. An der GSB gab es nur vier weitere Mitbewerber, die Chance auf eine Festanstellung war also entsprechend groß. Außerdem hat es mich gereizt, an einer Schule zu unterrichten, die den Kindern solch großzügige und gut ausgestattete Sportanlagen bietet.

Heinz Opsölder: Wir haben in der Ausschreibung explizit nach einer Lehrkraft mit Schwerpunktfach Sport gesucht, als Ersatz für die Ende Januar in den Ruhestand gegangene Frau Golder. Herr Beeck war der einzige männliche Bewerber, und die Auswahlkommission, in welcher auch Elternvertreter sitzen, hat sich einmütig für ihn entschieden.

Wie war das bei Ihnen, Herr Lauermann?

Lauermann: Ich studiere im fünften Semester Grundschulpädagogik an der TU Dortmund und absolviere an der GSB ein vierwöchiges Orientierungspraktikum. Das ist während des Studiums verpflichtend und soll einen ersten Einblick in den praktischen Lehreralltag vermitteln.

Die Statistik sagt, dass es an Grundschulen auffallend wenig Lehrer gibt. Warum haben Sie sich für diesen Schulzweig entscheiden?

Beeck: Da ich gern praktisch arbeite, habe ich nach dem Abitur zunächst eine Tischler-Lehre abgeschlossen. Schon während dieser Ausbildung schwebte mir vor, im Anschluss ein Lehramtsstudium aufzunehmen. Mein Vater und auch mein Großvater waren Lehrer, vielleicht rührt meine Berufswahl daher.

Lauermann: Bei mir stellte sich in der Oberstufe die Frage, welche Perspektive mir ein reines Gymnasial-Abitur bietet. In der 11. Klasse habe ich ans Berufskolleg nach Lüdenscheid gewechselt und dort mein Vollabitur mit paralleler Ausbildung zum Erzieher gemacht. Während dieser Zeit habe ich gemerkt, wie viel Freude mir die Arbeit mit kleineren Kindern macht. Und so war es für mich eine logische Konsequenz, den Lehramtsstudiengang für die Primarstufe zu wählen.

Was ist für Sie an der Arbeit mit Kindern dieser Altersgruppe besonders interessant?

Beeck: Im Grunde leisten wir die Basispädagogik, auf denen die gesamte Schullaufbahn der Kinder aufbaut. Es liegt in unserer Verantwortung, ihnen die Grundlagen für das Lernen im Allgemeinen, aber auch die Freude daran zu vermitteln. Und natürlich ist es ein sehr abwechslungsreicher Beruf: Man weiß nie, was den Vormittag über alles so im Klassenraum passieren wird. Das können entspannte, fröhliche oder auch lustige Stunden sein. Es kann aber auch sein, dass wir soziale oder psychologische Arbeit leisten müssen.

Lauermann: Ich glaube, dass Kinder dieser Altersklasse und besonders die Jungs von mehr männlichen Bezugspersonen an Grundschulen profitieren würden. Zum Beispiel bei der Streitschlichtung: Jungs prügeln sich, und ein Lehrer, der dies ja selbst früher so erfahren hat, schlichtet sicher gelassener als eine Lehrerin. Mädchen zanken sich subtiler, und da wiederum kann eine Lehrerin feinfühliger mit umgehen und eher vermitteln als ihre männlichen Kollegen.

Sie plädieren also für mehr Männer an Grundschulen?

Opsölder: Es ist ja so, dass sich die Situation an Schulen durch die Emanzipation der Frau komplett gewandelt hat. Ganz früher gab es fast ausschließlich Lehrer, heute ist es zumindest an Grundschulen umgekehrt. Das kann dazu führen, dass sich bei Kindern längst veraltete Rollenbilder verfestigen. Für die frühkindliche Erziehung sind Frauen zuständig, Männer sind allenfalls als Chef der Einrichtung anwesend.

Beeck: Hinzu kommt, dass immer mehr Privates und Soziales in den Schulalltag und den Schulauftrag einfließt. Das mag an der GSB anders sein als an Grundschulen in sozialen Brennpunkten. Dennoch bin auch ich überzeugt, dass sowohl Mädchen als auch Jungen davon profitieren, Lehrer und Lehrerinnen als Ansprechpartner in der Schule zu haben, unabhängig davon, ob und welche schulischen, sozialen oder familiären Probleme vorliegen.

Können Sie ein praktisches Beispiel geben, wann Lehrer anders reagieren als Lehrerinnen?

Lauermann: Es ist oft allein die Ansprache, wenn man einem Schüler auf dem Flur begegnet. Männer sagen: Na, Großer! Frauen sagen: Hallo, kleiner Mann!

Beeck: Ich denke, auch die Kinder selbst reagieren auf männliche Kollegen anders. Gerade Jungs entwickeln zu Lehrern einen anderen Bezug und sehen in ihnen andere Identifikationsmöglichkeiten als bei Lehrerinnen, bei denen sie vielleicht eher „mütterliche“ Wesenszüge assoziieren.

Opsölder: Theoretisch passen Jungs ja auch gar nicht ins System. Denn was von Grundschulkindern erwartet wird, nämlich Fleiß, Konzentration und Ordnung, sind in diesem Alter eigentlich reine Mädcheneigenschaften. Das kann bei kleinen Jungs auch schon mal zu Verhaltensunsicherheiten führen.

Herr Beeck, auch wenn Sie erst kurz an der GSB sind, welchen Eindruck haben Sie von der Schule?

Beeck: Anders als in Essen oder Solingen gibt es hier deutlich weniger soziale Probleme, und somit herrscht hier auch ein anderes Miteinander von Lehrern, Eltern und Schülern. Die GSB ist eher mittelschichtgeprägt, mit engagierten Eltern und interessierten Kindern. Auf der anderen Seite ist hier aber auch ein Trend zu sogenannten Helikopter-Eltern zu sehen, die ihre Kinder unter einer Glocke aufwachsen lassen, immer über ihnen kreisen, alles für sie organisieren und ihren Wochenablauf komplett planen. Ich würde mir wünschen, dass alle Kinder mehr Zeit mit freiem, unbeobachtetem Spiel, möglichst an der frischen Luft, verbringen. Denn mit seiner ländlichen Lage bietet sich Breckerfeld doch geradezu an, die Kinder einfach mal „laufen zu lassen“.