Hagen. . Tim Fischer gastiert am 3. Mai im Hagener Theater. Wir haben mit dem bekannten Chansonnier ein Interview geführt.

25 Jahre – das ist eine lange Zeit. Fünfundzwanzig, diese Zahl muss man ausschreiben, um ihre Wirkung sacken zu lassen. So lange steht Tim Fischer schon auf den Bühnen Deutschlands und verzaubert sein Publikum mit Chansons zarah-leandrischer Strahlkraft. Jetzt feiert der charismatische 41-Jährige sein Jubiläum mit neuem Programm: „Geliebte Lieder“ gastiert am 3. Mai im Hagener Theater. Im Interview verrät der Sänger und Schauspieler, wie wandelbar er und sein Genre sind, was das Hagener Publikum erwartet – und warum er seine Karriere einst in einem Toilettenflur in Oldenburg begann.

Herr Fischer, was singen Sie so unter der Dusche?

Tim Fischer: Im Moment singe ich vor allem „Schöner war’s mit Dir“, das Peter Plate geschrieben hat. Es ist eins meiner neuesten Lieder, eine Pop-Ballade, in der es um die nachträgliche Verherrlichung exzessiver Genüsse geht.

Das werden Sie Ihrem Hagener Publikum bestimmt nicht vorenthalten.

Fischer: Nein, wir haben eine bunte Mischung zusammengestellt für mein neues Programm. Es ist sehr ­facettenreich geworden und deckt so ziemlich alle Nuancen der menschlichen Gefühlsskala ab. Der Schwerpunkt liegt aber wie immer auf Liebe, Tod und Teufel, sozusagen – mit einem Augenzwinkern, versteht sich.

Die feine Ironie ist ja ein wichtiger Bestandteil des Chansons, dessen Vertreter Sie sind: Wie würden Sie jemandem Ihre Musik beschreiben, der sich nicht damit auskennt?

Fischer: Zunächst einmal macht meine Musik aus, dass sie vollständig deutschsprachig ist. Außerdem gehört eine gewisse Portion Schauspielerei, Mimik und Gestik dazu, die die Intention der Lieder verdeutlicht. Denn beim Chanson gibt es ja in gewisser Weise einen doppelten Boden: Texter, Komponist und Interpret können mit Inhalt und Aussage spielen. Es ist nicht wie im Schlager, in dem der Satz „Ich liebe dich, mein Schatz“ eben genau das bedeutet. Der Chansonnier kann vielgleisig fahren: Deshalb eignet sich das Genre auch so gut für schwarzen Humor.

Drücken Sie denn durch den schauspielerischen Aspekt des Chanson-Singens Ihre eigene Persönlichkeit aus? Oder schlüpfen Sie dafür in eine Rolle?

Fischer: Die Basis bin eigentlich immer ich selbst: Aber gerade für die ironischen Lieder muss man manchmal in eine Rolle schlüpfen. Es gibt zum Beispiel ein Lied in meinem Programm, das heißt „Kauf Dir ‘ne Frau“. Da muss ich dem Publikum schon erklären, dass ich mich jetzt in Fred, den Superstecher, verwandle, wenn ich das Lied singe. Sonst denken die sich noch, was ist das denn für einer, das kann der doch nicht ernst meinen. . .

Die Interaktion mit dem Publikum ist also ein wichtiger Bestandteil Ihrer Show?

Fischer: Oh ja, ich rede viel – ich hoffe nicht zu viel (lacht)! Aber meine Bühnenshow ist eben auch ein Wechselspiel mit dem Publikum. Man will den Leuten ja auch das geben, was ihnen gefällt. Zum Beispiel wollen sie immer „Die Rinnsteinprinzessin“ hören. Das ist ein autobiografisches Lied, das für mich geschrieben wurde und das einfach zu mir gehört. Es gab Zeiten, in denen mich das genervt hat, weil ich das Gefühl hatte, ich werde in eine Schublade gesteckt. Heute weiß ich, dass es ein großes Kompliment ist, wenn Menschen ein bestimmtes Lied mit dir verbinden. Außerdem ist dieses spezielle Lied wie ein Diamant für mich: Das Licht strahlt immer in einer anderen Farbe aus ihm, je nach Blickwinkel. Es kommt eben immer auf die Perspektive an, und an der „Rinnsteinprinzessin“ finde ich immer wieder neue Seiten. Man darf eben nicht in Routine verfallen.

Wie wandelbar muss man denn sein, um nicht in eine Schublade gesteckt zu werden, wie Sie sagen?

Fischer: Ich mag das Nischen-Dasein im Chanson-Genre nicht, ich langweile mich in homogenen Gruppen. Deshalb will ich auch ein Stück weit weg vom klassischen Chanson, und mehr in die Pop-Richtung gehen, um mehr Leute zu erreichen. „Schöner war’s mit Dir“ ist ein gutes Beispiel dafür, und mit Peter Plate will ich noch in diesem Jahr eine ganz neue Sorte Pop-Chanson entwerfen, die ohne gekünstelte, nostalgische Sprache auskommt. Ich will so singen, wie ich auch tatsächlich rede. Authentisch, zeitgemäß. Und dazu mehr Schlagzeug, mehr Keyboards, mehr Sound und Druck in der Musik.

Klassische Chansons und bekannte Stücke und Songs

Tim Fischer gastiert mit seinem Programm „Geliebte Lieder“ am Samstag, 3. Mai, um 19.30 Uhr auf der Hauptbühne im Hagener Theater. Zu hören sind u.a. klassische Chansons von Jacques Brel, Stücke von Georg Kreisler oder Zarah Leander und Songs von Udo Lindenberg.

Karten gibt’s unter 207-3218 oder www.theaterhagen.de und im Leserladen unserer Zeitung in der Hohenzollernstraße.

Sie legen also Wert auf musikalische Weiterentwicklung – wie unterscheiden sich Ihre heutigen Auftritte denn von Ihren aller­ersten?

Fischer: Ganz wesentlich! Mein eigentliches Debüt, wenn man so will, hatte ich auf einem Reiterfest in Oldenburg, wo ich aufgewachsen bin. Die Mädchen wollten alle immer voltigieren – ich natürlich auch – und am Wochenende gab es dann immer solche Disco-ähnlichen Veranstaltungen. Da habe ich mich einmal in den Flur gestellt, der zu den Toiletten führte. Der Hall war dort einfach toll. Also hab’ ich da gesungen, ein richtiges Konzert gegeben. Und die Leute fanden das super! Damals war ich erst 15 oder 16, und heute, mit 41, stehe ich in schönen Theatern, wie hier in Hagen zum Beispiel, und singe meine Lieder wie Zaubersprüche ins Publikum. Dadurch entsteht dann ein gemeinsamer Geist. Ein echter Aufstieg also!