Hagen. Ein solches Verfahren dürfte wohl einmalig sein: Eine verschmähte Braut zwingt ihren Mann ins Hochzeitskleid und postet ein Foto der Aktion bei Facebook. Amtsrichterin Ulrike Radke-Schäfer will das Strafverfahren gegen die Zahlung von 300 Euro einstellen.

Über diese Geschichte haben deutschlandweit viele Türken gelacht, nur einer nicht: Der betroffene Mann, über den im Internet soviel Spott und Hohn ausgeschüttet wurden.

Strafprozess vor Amtsrichterin Ulrike Radke-Schäfer. Verhandelt wird ein ungewöhnlicher Fall. Auf der Anklagebank sitzen: eine Frau (29), ihr Neffe (21) und dessen Ehefrau (20). Ein vierter Täter, von dem man nur den Spitznamen weiß, konnte nicht ermittelt werden. Juristisch lauten die Vorwürfe Körperverletzung, Nötigung und „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“.

In Kleid gezwungen

Es geht um Rache, genauer, um eiskalte Rache aus verschmähter Liebe. Im Internet und unter türkischen Facebook-Nutzern kursiert ein Foto, dessen traurigen Hintergrund wohl niemand ahnt. Darauf zu sehen ist ein athletischer türkischer Mann, mit Bart, ebenfalls behaart an den Armen und im Brustbereich. Was das Bild für die unwissenden Betrachter jedoch so komisch macht: Er trägt ein langes weißes Brautkleid.

Der traditionsverbundene Mann (30) kommt aus Hagen und wäre freiwillig niemals in ein solches Kleid gestiegen. Er wurde von seiner Ex-Braut und ihren Helfershelfern dazu gezwungen, dann fotografiert und die Bilder öffentlich ins Internet gestellt. „Mein Mandant war der Lächerlichkeit seiner Landsleute ausgesetzt“, sagt Rechtsanwalt Jörg Tigges (Dortmund), „seine Ehre wurde öffentlich durch den Schmutz gezogen. Das ist das Schlimmste, was einem türkischen Mann passieren kann.“

Nach islamischen Recht bereits verheiratet

Die angeklagte Frau und der fotografierte Mann waren seit Ende 2011 ein verliebtes und schließlich sogar verlobtes Paar. Die Hochzeit war bereits fest eingeplant, das lange weiße Brautkleid ausgesucht und gekauft. Doch dann will die Braut in spe im letzten Augenblick noch herausgefunden haben, dass ihr Wunsch-Ehemann in der Türkei nach islamischem Recht längst verheiratet war.

Der Traum in Weiß platzte, die verschmähte Braut schwor Rache. Am 15. März 2012 lockte sie ihren Ex-Verlobten unter einem Vorwand in eine Wohnung in Haspe. Eine Falle. Denn dort warteten bereits ihr Neffe, dessen Ehefrau und der unbekannte Mittäter. Erst gab es einen bösen Schlag auf die Nase, dann wurde dem Mann gedroht, er würde getötet, wenn er nicht das Brautkleid anziehen würde. In Todesangst stieg der Türke in das weiße Frauentextil. Seine Ex-Geliebte zückte ihr I-Phone, postete das Schmäh-Bild über das soziale Netzwerk Facebook. Dort verbreitete es sich in Windeseile.

Richterin will Verfahren einstellen

Die Richterin stellt die Strafverfahren ein – gegen die beiden Mitangeklagten ohne jede Auflage. Gegen die verschmähte Braut, wenn diese 300 Euro an ihren bloßgestellten Ex-Verlobten zahlt. Macht sie doch gerne, denn ihre Racheaktion hat sich aus ihrer Sicht bereits gelohnt: „Es gab über tausend Kommentare und 280 Gefällt-mir-Klicks auf Facebook.“