Vorhalle. . Peter Küstermann, Mailartist aus Minden, der in Hagen aufgewachsen ist, hat Schüler des Fichte-Gymnasiums zu einem seiner Lieblingsprojekte ins Boot geholt: Kunst auf Postkarten zu gestalten und weltweit auszutauschen.

Er war wieder da, der Mailartist, der anarchische Postkartenschreiber, der Kunst gewordene Briefträger. Peter Küstermann (64) trug wieder Uniform, trug wieder Schirmmütze, doch mit Buttons am Revers, die ihn entlarvten als Verhohnepipeler der bürgerlichen Angepasstheit. „Mailartisten wie ich fälschen seit 30 Jahren Briefmarken“, verkündete er – ohne rot zu werden.

Die Schüler des Fichte-Gymnasiums hat er mitgenommen. Als er seine am offiziellen Kunstbetrieb vorbei agierende Mailart, nämlich weltweit Netzwerke zu bilden und sich mit deren Teilnehmern über künstlerisch gestaltete Postkarten auszutauschen, im Juli zum ersten Mal an der Penne vorstellte, äußerte er den Wunsch, ein solches Projekt einmal am Fichte durchziehen zu dürfen. Schließlich hat der ehemaliger Hagener hier selbst von 1961 bis 1965 die Schulbank gedrückt. Und siehe da, keine neun Monate später ist sein Wunsch in Erfüllung gegangen.

Die besten Karten ausgewählt

Oberstufenschüler haben Postkarten geschrieben und in die ganze Welt verschickt, haben Postkarten aus der ganzen Welt erhalten und gesammelt, haben die schönsten ausgewählt, haben im Stadtteilhaus Vorhalle ein Kunstpostamt eröffnet und die Wände mit bunten Postkarten dekoriert. Zum Thema: „City of the future – Stadt der Zukunft“. Tim Schulte (16) hat seine Karte mit der Londoner Tower Bridge bestückt: „Weil in der Stadt der Zukunft das schöne Alte erhalten bleiben sollte.“

So ist es. Die Stadt der Zukunft liegt im südlichen Indien, sagte Küstermann. Sie heißt Auroville. Dort leben 2000 Leute aus aller Welt und bauen ihre Träume, bauen alles, was in Deutschland verboten ist. Indien sei laut, heiß und dreckig, so Küstermann, aber Auroville, die Stadt der Morgenröte, leise und super sauber. Einmal im Jahr ist er dort. Zu Hause ist er aber in Minden. Am Kirchturm hängt ein Transparent mit vergrößerten Postkarten aus seinen Projekten, auch Arbeiten von Fichte-Schülern befinden sich darunter. Wer weiß, vielleicht ist demnächst eine Hagener Kirche an der Reihe.

In berühmten Sammlungen

Wiewohl Arbeiten des Postkünstlers in zahlreichen Sammlungen vertreten sind, etwa im New Yorker Museum of Modern Art oder der Tate Gallery in London, ist das auserlesen-hochmütige Kunstgetue elitärer Zirkel nicht Küstermanns Ding. Er mag die Mailart, weil sie basisdemokratisch sei und global im positiven Sinne. Weil niemand ausgebeutet werde. Und weil jeder mitmachen könne, weil jeder Mensch ein Künstler sei, so Küstermann: „Man braucht keine akademische Ausbildung.“

Die Kunst gehört nicht ins Museum. Sie gehört ins Leben.