Lennetal. . Die Biologische Station Hagen soll dafür sorgen, dass bei dem fünf Jahre währenden Bau der neuen A-45-Brücke im Lennetal die Natur nicht unter die Räder kommt. Ein ganz konkretes Projekt ist schon zu sehen:Ein neues Biotop wird geschaffen.
Es geht um ein bombastisches Bauwerk, um viele Tonnen Beton und hohe Ingenieurskunst. Doch beim Bau der neuen Brücke der Autobahn A45 im Lennetal sind auch Ralf Blauscheck und sein Team von der Biologischen Station eingebunden. Als Kritiker, Berater und Schiedsrichter achten sie darauf, dass bei der fünf Jahre währenden Großbaustelle die Umwelt nicht mehr als nötig unter die Räder gerät. Damit spielt die Biologische Station eine Rolle, „die es so vor zehn Jahren sicherlich noch nicht gegeben hätte“, sagt Michael Neumann, Projektleiter beim Landesbetrieb Straßen.NRW.
Umweltbaubegleitung heißt das Stichwort. Sie wird heute vom Gesetzgeber verlangt. Ganz klare Handlungsanweisungen, wie das im Detail bei einer solchen Baustelle wie im Lennetal auszusehen hat, gibt es aber nicht. Michael Neumann und sein Team haben sich Informationen geholt, wie dies an anderen Großbaustellen läuft und schließlich in der Biologischen Station Hagen einen Ansprechpartner gefunden. Wohlgemerkt: Straßen.NRW ist nicht der Auftraggeber, die Biologische Station agiert unabhängig. Und sie selbst ist keine Behörde, sondern ein eingetragener Verein – gleichwohl ohne natürliche Personen als Mitglieder.
Fachlich fundierte Begleitung
Naturschutzverbände, der westfälisch-lippische Landwirtschaftsverband sowie die Stadt Hagen und der Regionalverband Ruhr (RVR) tragen vielmehr die Station. Finanziert wird sie zu 80 Prozent vom Land und zu 20 Prozent von Stadt und RVR. Dieses Konstrukt soll im Fall der Lennetal-Großbaustelle garantieren, dass es eine fachlich fundierte Begleitung gibt, die aber so unabhängig wie nur möglich agieren soll.
Was bedeutet Umweltbaubegleitung aber konkret? Die langen Bauzäune, die mitten in der Landschaft stehen und scheinbar nur ein Stück Wiese wahllos von einem anderen abteilen, gehören etwa dazu. Sie grenzen klar das genehmigte Baufeld von ökologisch wertvollen Arealen ab. „An solch einer Baustelle wird fast ausschließlich mit großen Maschinen gearbeitet“, weiß Projektleiter Michael Neumann. „Da kann es schnell passieren, dass ein Fahrer aus seinem erhobenen Führerstand über diese Grenze hinausfährt.“ Ralf Blauscheck von der Biologischen Station weiß, dass dies erhebliche Folgen hat: „Amphibien oder Orchideen können dadurch verletzt werden. Gerade jetzt im Winter ist der ökologische Wert oftmals nicht für Laien zu erkennen.“
Ersatz-Biotop wird geschaffen
Ein weiteres sehr konkretes Projekt: Unterhalb der Brücke existierte über lange Jahre ein Regenrückhaltebecken, das für die Oberflächenentwässerung der Autobahn zur Verfügung stand. Über die Jahre hinweg hat sich das künstliche Bauwerk aber zu einem regelrechten Biotop entwickelt, in dem Amphibien laichen und auf dem Enten schwimmen, die die vielen Spaziergänger seit langem erfreuen. Dieses Überlaufbecken muss nun aber einem der neuen Pfeiler für die Autobahnbrücke weichen.
Fledermäuse statt Autobahn-Rastplatz
Der frühere A45-Rastplatz vor der Lennetalbrücke, der jetzt schon wegen der Baustelle geschlossen ist, wird auch nach Beendigung des Brückenbaus nicht wieder eröffnet.
Die Biologische Station wird prüfen, ob dort stattdessen ein Schlafplatz für Fledermäuse geschaffen werden kann.
Das Quasi-Biotop wird nun durch ein richtiges Biotop ersetzt. Nur ein paar Meter weiter sind die Umrisse zu erkennen, wo bald schon Amphibien und Enten ein neues Domizil finden sollen. Bei der Begrünung wird auf ortsansässige Pflanzenarten gesetzt -- auch darauf achten die Mitarbeiter der Biologischen Station, die nur wenig entfernt am Haus Busch ihr Domizil hat. Ralf Blauscheck: „Wir sind in knapp fünf Minuten hier vor Ort und können so regelmäßig die Baustelle begutachten.“
Kosten im Vergleich gering
Sind diese Umweltschutzmaßnahmen Luxus? Nein, sagen Neumann und Blauscheck übereinstimmend. Von den rund 105 Millionen Euro, die der Brücken-Neubau kosten wird, werden alle Umweltschutzmaßnahmen wohl nicht einmal ein Prozent betragen. Bauingenieur Michael Neumann sagt zudem: „Wir werden an der Lenne auch die starren Uferbefestigungen aufbrechen. So können wir schon jetzt Ausgleichsmaßnahmen erfüllen, die im Zuge des geplanten sechsspurigen Ausbaus der A45 notwendig werden. Zudem ist es schlichtweg günstiger, wenn wir dies jetzt alles tun, wo die Baumaschinen schon vor Ort sind und die Baustelle eingerichtet ist.“ Ralf Blauscheck sieht die Herausforderung für die Biologische Station positiv: „Es ist eine große Chance für den Naturschutz, dass wir die Planung einer solchen Baustelle mitgestalten können.“