Hagen. . In Südwestfalen soll Crowdfunding zur Kapitalbeschaffung populärer werden. Die Kammern interessiert vor allem eine Unterform, das Crowdinvesting, bei dem Anteile an Unternehmen erworben werden können. Experten informieren über Chancen und Risiken.

Das Geld liegt auf der Straße, sagt der Volksmund. Heutzutage findet man es eher im weltweiten Netz, was auf dasselbe hinausläuft. Kapitalhungrige Unternehmen sollten sich das zunutze machen, meinen nicht nur die Industrie- und Handelskammern, und klären deshalb ihre Mitgliedsfirmen derzeit verstärkt auf, wie das jenseits von Bankkrediten und des reglementierten Aktiemarktes funktioniert.

Crowdfunding von crowd, ‘Menge, Menschenmasse’ und funding, ‘Finanzierung’, heißt der Schlüsselbegriff, über den gestern Karsten Wenzlaff, Leiter des Berliner Instituts für Kommunikation in sozialen Medien, Interessierte in der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) aufklärte.

Grob übersetzt: Schwarmfinanzierung. 15 Millionen Euro wurden 2013 bundesweit damit umgesetzt - noch ein zartes Pflänzchen im Finanzmarkt. Das Kapital daraus kann nicht nur Unternehmen, sondern auch künstlerischen oder städtebaulichen Projekten aller Art zugute kommen.

Crowdinvesting

Die Kammern interessiert vor allem eine Unterform, das Crowdinvesting, bei dem Anteile an Unternehmen erworben werden können. „Die Investitionen von Privatpersonen liegen meist zwischen 50.000 und 100.000 Euro“, klärt Wenzlaff auf, seit 2006 freiberuflicher Berater für Soziale Netzwerke, der im Kurzprofil als Leidenschaften „Lego, Malaysisch und im Zug aus dem Fenster schauen“ angibt.

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So könnten interessierte Unternehmen ihr Geschäftsmodell auf Internet-Plattformen darstellen und sich vor allem in der Gründungs- und Wachstumsphase Kapital für Investitionen beschaffen. In Deutschland gebe es Milliarden an privatem Kapital, für das Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Der Schwarm profitiert per Vertrag vom Wachstum des Unternehmenswertes - wenn es gut läuft. Aber auch ein Totalverlust ist möglich.

Wo liegt da der Unterschied zur guten alten Aktie? „Eine Weiterentwicklung“, so der Experte. Aktien kann man handeln, Unternehmensanteile in der Crowd nicht. Dafür gibt aus dem Schwarm sofort Rückmeldung, wie er die Entwicklung eines Unternehmens findet. Aber wer investiert und sich damit Mitbestimmung im Unternehmen erkaufen will, der täuscht sich, warnt Wenzlaff. Gemeinsam mit den anderen Anteilseignern etwa einen Firmenchef in die Wüste zu schicken sei kaum möglich. Dafür seien die Modelle nicht ausgelegt.

„Der Schwarm bevorzugt Konsumartikel"

Auf eine Barriere für die Verbreitung von Crowdinvesting macht der Berater aber noch aufmerksam: „Der Schwarm bevorzugt Konsumartikel, also Produkte, die die Verbraucher auch verstehen. Der Metallverarbeiter aus Südwestfalen könnte es damit schwerer haben, an Geld zu kommen.“ Entsprechende Internet-Plattformen gibt es NRW-weit daher etwa in Köln, Aachen und Merbusch.

Vielleicht eine noch größere Zukunft als bei der Unternehmensfinanzierung sieht Wenzlaff in der crowdfinanzierten städtischen Infrastruktur. Dort liege die digitale Bürgergesellschaft, nicht in Online-Petitionen. In Oestrich-Winkel im Rheingau hätten Bürger die Feuerwache ihrer Stadt auf diese Weise finanziert, in Rotterdam eine Fußgängerbrücke. Die Dividende: Der Name jedes Spenders wurde an dem Bauwerk verewigt.