Hagen. . Die Europäische Kommission plant offenbar bürokratische Neuregelung. Davon könnte auch das Gütesiegel „Made in Germany“ betroffen sein. Mittelständische Firmen befürchten deutlich höhere Kosten und mehr Aufwand.
Der exportorientierte südwestfälische Mittelstand blickt sorgenvoll zur EU nach Brüssel. Dort, wo sich für deutsche Unternehmen manches bürokratische und zusätzliche Kosten verursachende Unheil zusammenbraut, droht mittel- bis langfristig eine Entscheidung, die den Wert des bisherigen Gütesiegels „Made in Germany“ entscheidend beeinträchtigen könnte.
Es geht um den Ursprung einer international gehandelten Ware. „Der ist nach den gültigen Regeln dort, wo die letzte wesentliche Beoder Verarbeitung des Produktes stattgefunden hat“, klärt Heinz-Josef Schröder auf, Leiter Außenhandelsservice bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK).
Die letzte wesentliche Bearbeitung
Nun ist das im Einzelfall schon heute schwierig. Der Porsche Cayenne etwa wird in wesentlichen Teilen im slovakischen Bratislava gebaut, trägt aber das Gütesiegel „Made in Germany.“ Und es soll Firmen geben, die auf zu 100 Prozent in China hergestellte Ware so lange „Made in Germany“ schreiben, bis eine Klage auf Unterlassung ins Haus flattert. „Eine rechtliche Grauzone“, bestätigt Heinz-Josef Schröder.
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Was die EU jetzt plant, ist jedoch mehr als eine Reparatur der Schwächen der bestehenden Regelung. Die Kommission will offenbar für Ein- und Ausfuhren eine Herkunftsangabe nach Wertkriterien. „Wenn ein Teil 100 Euro kostet und mehr als 40 Prozent davon in Deutschland produziert worden sind, dann bekommt es das „Made in Germany“, erläutert der Außenhandelsexperte. Sonst nicht. Der Haken dabei: Um doch noch in den Genuss des Siegels zu kommen, könnten die Unternehmen am Preis manipulieren. Das weiß die Kommission. Der Nachteil für die Betriebe wäre ein neues „Bürokratiemonster“, bei dem die Herkunft der kleinsten Schraube lückenlos dokumentiert werden muss, was wiederum zusätzliche Kosten verursacht.
Alle Produkte neu kalkulieren
„Unsere exportorientierte Industrie in Südwestfalen kann mit der jetzigen Regelung gut leben. Die Pläne würden bedeuten, dass die Betriebe alle Produkte neu kalkulieren müssen - ein enormer Mehraufwand“, so Schröder. Kleiner Trost: Bis zur Europawahl im Mai dürfte nichts passieren, und danach setzt sich ein neues Parlament zusammen.
Auch Rudolf König von der SIHK Siegen weist auf die Gefahren hin, die eine Neuregelung mit sich brächte: „Sollten Herkunftsangaben Pflicht werden, so droht die Gefahr, dass die Abgrenzung des Warenursprungs mit großen Aufwand anhand von Listenregelungen erfolgen muss“, heißt es in einer Mitteilung der Kammer. Zudem müssten zahlreiche Lieferdokumente nebst Preisangaben vorgelegt werden. „Diesen Aufwand sowie die Preisgabe von Geschäfts- Know-how möchten wir den Unternehmen ersparen“, so König. Mit dem neuen Verfahren wäre auch die Verwendung des Begriffs „Made in Germany“ in Frage gestellt - ein unschätzbarer Wettbewerbsvorteil für deutsche Firmen, die ihre oftmals höheren Preise rechtfertigen müssen.
Bestrebungen seit 2010
Seit 2010 gibt es Bestrebungen der EU, für Produkte, die außerhalb der EU hergestellt wurden, Herkunftsangaben vorzuschreiben. Ein erster Versuch scheiterte am Widerstand Deutschlands und Schwedens. Der neue hängt noch in der Schwebe. „Die Gefahr ist noch nicht beseitigt“, heißt es bei den Kammern.