Hagen. . In Südwestfalen haben sich deutlich weniger Haushalte als in Ballungsgebieten einen neuen Strom- und Gasanbieter gesucht. Zahlen steigen nur leicht
Eine Meldung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ließ am Dienstag aufhorchen. Danach hat jeder dritte Haushalt in Deutschland schon einmal seinen Stromanbieter gewechselt, bei den Gaskunden ist es jeder vierte.
Die Steigerung habe binnen Jahresfrist (Oktober 2012 bis September 2013) sogar 3,1 beim Strom und 7,8 Prozent beim Gas betragen, teilte der BDEW mit und zieht die kumulierte Wechselquote seit Beginn der Liberalisierung des Marktes als Beweis für die dynamische Entwicklung des Wettbewerbs auf dem deutschen Energiemarkt heran. Die Zahlen hatte das Dortmunder Institut Prolytics Market Research bei 1200 Haushalten in Deutschland erhoben.
Wechselquote hat nur leicht zugenommen
Das können die regionalen Energieversorger in Südwestfalen ganz und gar nicht bestätigen. Sie können auch keine kumulierten Zahlen vorlegen. „Die Wechselquote hat zwar auch bei uns zugenommen, aber nur leicht“, erklärt Andreas Köster, Pressesprecher beim regionalen Energiedienstleister Enervie mit Sitz in Hagen und rund 400.000 Kunden.
Im Saldo von gewonnenen und verlorenen Kunden sei man bei Strom und Gas 2012 mit ein bis zwei Prozent im Minus gewesen – neuere Zahlen lägen noch nicht vor. Auf der anderen Seite verwies Köster aber auf den „großen Heimvorteil“ des Unternehmens: „85 bis 90 Prozent der privaten Haushalte in der Region sind Mark-E- oder Stadtwerke-Lüdenscheid-Kunden.“
In der Region gebe es eine geringe, aber seit 2011 steigende Wechselbereitschaft. Als Gründe nannte der Sprecher das größer gewordene Angebot von mehreren hundert Wettbewerbern am Markt sowie eine „geringere Hemmschwelle“ beim Verbraucher.
Immer nur aufwärts
Das Unternehmen Hochsauerland Energie in Meschede, das den gesamten Kreis mit Strom und Gas versorgt, kennt Probleme mit wechselwilligen Kunden nicht. Bei dem 2009 gegründeten Anbieter geht es immer nur aufwärts, wie Geschäftsführer Christoph Rosenau bestätigt. „Wir gewinnen jedes Jahr rund 3500 Kunden“, rechnet er vor, „und verloren haben wir im vergangenen Jahr 155.“ Da seien aber auch Wegzüge und Sterbefälle eingerechnet.
Einen großen Schwung an 300 bis 400 Neukunden habe Hochsauerland Energie nach den Pleiten von Teldafax und Flexstrom verbuchen können, so Rosenau, aber auch, „wenn der Energieversorger RWE die Grundversorgungstarife anhebt.“ Als Plus sieht er, als Ansprechpartner vor Ort präsent zu sein – eine kleine Spitze gegen den Konzern.
Der geht davon aus, keine Kunden zu verlieren. „Wir haben im Saldo eine ausgeglichene Kundenbilanz“, resümiert Mario Leikop, Sprecher der RWE-Vertriebsgesellschaft mit Sitz in Dortmund, die große Teile von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland Pfalz mit Energie versorgt - unter anderem auch das Sauerland.
90 Prozent Marktanteil
Den Anteil derer, die im vergangenen Jahr hinzugekommen oder gegangen sind, also gewechselt haben, bezeichnet Leikop beim Strom mit sieben und beim Gas mit acht Prozent. Das ist in etwa der Bundesschnitt.
Aber auch bei RWE sieht man eine leichte Steigung der Wechselbereitschaft. „Unser Vorteil ist, dass wir vor allem in ländlichen Regionen aktiv sind“, erklärt der Sprecher. „Da wechselt man nicht so oft.“
Das gilt auch für die AVU, den Energieversorger im Ennepe-Ruhr-Kreis. Pressesprecher Jörg Prostka verweist zwar auf einen Marktanteil von 90 Prozent bei Strom und Gas. Das Unternehmen habe aber, auch bedingt durch die Preiserhöhung zum Jahreswechsel, 2500 von 105.000 Strom- und 700 von 35.000 Gaskunden verloren.