Hagen. . Der Druck aus Brüssel nimmt zu. Hagen wird in Zukunft die Luftgrenzwerte nicht einhalten können. Jetzt drohen sogar kostspielige Vertragsstrafen. Von 20.000 bis 900.000 Euro ist die Rede – pro Überschreitungstag. Die Summe hängt von der Leistungsfähigkeit einer Kommune ab.

Europäische Union und Bezirksregierung Arnsberg erhöhen in Sachen Luftreinhalteplan (LRP) den Druck auf Hagen. Weil die Stadt die Vorgaben aus Brüssel verfehlt, drohen im schlimmsten Fall empfindliche Strafen. Von 20.000 bis 900.000 Euro ist die Rede – pro Überschreitungstag. Abhängig ist die genaue Summe von der Leistungsfähigkeit einer Kommune.

Es fehlt die zündende Idee

Der Luftreinhalteplan, in dem unter anderem die Umweltzone, die Bahnhofshinterfahrung und das Lkw-Routenkonzept neben vielen weiteren Maßnahmen festgelegt sind, soll fortgeschrieben werden. Allerdings gehen der Fachverwaltung langsam aber sicher die guten Ideen aus. „Es gibt einige Bereiche, in denen wir noch nachbessern können, und das wollen wir auch“, sagt Dr. Ralf-Rainer Braun, Leiter des Umweltamtes, und führt als Beispiel die Einhaltung der Fahrverbote in der Umweltzone an, „aber der ganz große Wurf ist nicht mehr drin. Da muss man sich keine Illusionen machen.“

Während sich die Stadt an den Messstellen beim Feinstaub „auf gutem Weg befinde“, macht Stickstoffdioxid erhebliche Probleme. „Im Jahresmittel liegt der zulässige Grenzwert bei 40 Milligramm“, sagt Fred Weber, im Umweltamt zuständig für den LRP, „am Märkischen Ring erreichen wir nur 57 Milligramm.“ Das sei zwar schon erheblich besser als bei Start der Messungen (69 Milligramm), aber immer noch weit entfernt von dem, was die EU fordere.

Vorgaben aus dem fernen Brüssel

Größtes Problem ist für die Verwaltung die Hintergrundbelastung in den Hagener Tallagen. „60 bis 70 Prozent sind darauf zurückzuführen“, argumentiert Weber. Das aber interessiert im fernen Brüssel wenig. „Lösen kann man das nur über strengere Abgasrichtlinien. Und selbst wenn im nächsten Jahr Euro 6 eingeführt wird, ist mit spürbaren Effekten frühestens in sechs Jahren zu rechnen.“

Bis dahin bleibt die Situation angespannt. Und der Blick der Bezirksregierung schweift über die Kommunen hinweg. „In Aachen hat man eine sogenannte Festbrennstoffverordnung eingeführt“, so Braun. Älteres Kaminöfen müssen demnach spätestens 2014 abgestellt oder mit moderner Abgastechnik ausgerüstet werden.

Erfahrungswerte aber liegen aus der Printenstadt nicht vor. „Wenn überhaupt, dann würde diese Maßnahme beim Feinstaub helfen, aber nicht bei Stickstoffdioxid“, sieht Braun die Regelung skeptisch. Und weiter: „Bei geschätzten 3000 Feuerstellen in Hagen hätten wir wohl ein erhebliches Akzeptanz- und Überwachungsproblem. Da soll uns die Bezirksregierung doch mal erklären, wie das funktionieren soll.“

Gemeinsam mit anderen Umweltamtsleitern hat Braun den Ball zunächst mal Richtung Brüssel zurückgespielt. Der Städtetag NRW hat einen Forderungskatalog an die Europäische Union gerichtet. Unter anderem werden eine schnelle Einführung von Euro 6, eine emissionsabhängige Mautstaffelung, Förderprogramme für Verkehrsinfrastruktur sowie strengere Vorgaben für Industrieanlagen und Kraftwerke gefordert. „Alleine werden wir das Schadstoffproblem vor Ort nicht lösen“, so Braun.

EU gewährt keine Fristverlängerung

Eine weitere Verlängerung der Frist, bis zu der die Schadstoffvorgaben eingehalten werden, hat die EU Hagen nicht gewährt. „Die Vertragsstrafen stehen als Drohkulisse im Raum“, so Braun. Die Verwaltung erwägt nun, dem Luftreinhalteplan Ruhrgebiet Ost beizutreten. So könne man die Hintergrundbelastung zumindest auf regionaler Ebene angehen und möglicherweise auch in Brüssel mehr Gehör finden.