Hagen. Hermann Backhaus, Vorstandsvorsitzender der Märkischen Bank, spricht Klartext: Er fordert im Interview einen personellen Neustart bei der Hagen-Agentur. Also bei jenem ambitionierten Projekt, unter dessen Dach Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismusförderung in Hagen gebündelt wurden.
Mit exakt 18,12 Prozent ist die Märkische Bank an der Hagen-Agentur beteiligt. Also an der Institution, in der seit Ende 2010 die Wirtschaftsförderung sowie Stadtmarketing und Tourismusförderung gebündelt sind. Die Hagener Genossenschaftsbank ist neben der Sparkasse (18,54 Prozent) die größte private Anteilseignerin der Hagen-Agentur, die zu 50,08 Prozent der Stadt Hagen gehört. Vor diesem Hintergrund stellt sich Hermann Backhaus, Vorstandsvorsitzender der Märkischen Bank, der Diskussion um die Hagen-Agentur. Und er fordert einen Neustart, insbesondere bei der Wirtschaftsförderung.
Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismusförderung unter einem Dach – das war das Ziel bei der Gründung der Hagen-Agentur. Stimmt das Ziel?
Hermann Backhaus: Ja. Ich übersetze die Aufgaben ja gerne mit Arbeiten, Leben, Wohnen, Wohlfühlen. Das soll die Hagen-Agentur organisieren. Und das zu bündeln ist der richtig Weg.
Ihre Bilanz nach drei Jahren Hagen-Agentur: Sind Ihre Erwartungen denn erfüllt?
Backhaus: Nein, die Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Die Idee der Agentur ist und bleibt gut. Im Bereich Tourismus- und Stadtmarketing sind etwa mit dem Drei-Türme-Wanderweg auch Erfolge zu verzeichnen. Aber seit fast einem Jahr herrscht Stillstand in der Wirtschaftsförderung. Es braucht meiner Meinung nach daher eine Art Neustart, auch auf der Ebene der Geschäftsführung.
Das heißt, sie fordern, dass der bisherige Geschäftsführer Gerhard Schießer gehen soll?
Backhaus: Das ist ganz ausdrücklich nicht gegen die Person Gerhard Schießer gerichtet. Aber ich bin überzeugt, dass es jetzt eine Person braucht, die nicht den beruflichen Hintergrund einer öffentlichen Verwaltung hat. Ich denke, es bräuchte jemanden, der auch Erfahrungen in der Privatwirtschaft vorweisen kann. Der zum Motor der Wirtschaftsförderung wird.
Warum sollte der Geschäftsführer aus der Wirtschaft kommen?
Backhaus: Weil es jemanden braucht, der einen engen Kontakt zu den Unternehmen sucht. Der von sich aus aktiv wird und die Initiative ergreift, nicht nur Dinge abarbeitet. Es muss aber auch jemand sein, der über Hagens Stadtgrenzen hinaus Kontakte pflegt - zu den übergeordneten Institutionen und zu anderen Kommunen und Netzwerken. Ganz wichtig ist aber auch: Der Kontakt zur Wissenschaft und Forschung muss intensiviert werden. Wir haben hier ja die Fernuniversität und die Fachhochschule Südwestfalen.
Ihre Bank hat viele Kontakte mit Unternehmen. Haben Sie denn den Eindruck, dass sie nicht von der Hagen-Agentur gehört werden?
Backhaus: Ich habe schon den Eindruck, dass Unternehmen etwa von Michael Ellinghaus gut begleitet werden, wenn Sie sich an die Hagen Agentur wenden. Dass ihnen bei ihren Anliegen geholfen wird. Aber es muss mehr geben. Wie gesagt, wir brauchen einen Motor. Der Wirtschaftsstandort Hagen muss belebt werden. Wir stehen im Wettbewerb mit Kommunen im EN-Kreis, im Märkischen Kreis und in Unna oder Schwerte. Dort werden Gewerbeflächen angeboten. Wir müssen mehr tun. Die Flächen sind aufgrund der topographischen Lage Hagens begrenzt, deshalb ist ein größeres Engagement etwa bei der Revitalisierung der Brachflächen nötig, die wir in Hagen reichlich haben.
Aber darum kümmert sich die Hagen -Agentur doch schon. . .
Backhaus: Aber gibt es Erfolge? Ich sehe sie nicht in dem entscheidenden Maße. Auch wenn die alltäglichen Dinge derzeit sicherlich von der Hagen-Agentur gut abgearbeitet werden.
Soll sich Ihrer Meinung nach in die politischen Debatten auch der Geschäftsführer Hagen-Agentur einmischen?
Backhaus: Im Grund ja, er sollte die Kontakte in die Politik pflegen und dabei der Anwalt der Wirtschaft sein, damit diese Stimme in der Diskussion gehört wird. Denn es müssen natürlich auch die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft stimmen, etwa die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
Die Hagen-Agentur muss auch ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Ist sie überhaupt so ausgestattet, dass sie die hohen Ziele, die Sie nun formulieren, erfüllen kann?
Backhaus: Ja, das ist sie immer noch.
Die Gretchenfrage: Sollte ein neuer Geschäftsführer, wie Sie sich ihn vorstellen, aus Hagen kommen oder besser von außen?
Backhaus: Da gibt es sicherlich gute Argumente für beide Positionen. Man kann sagen, dass jemand von außen viele Leute und Zusammenhänge in Hagen nicht kennt. Jemand, der von außen kommt, kann aber neue Ideen mitbringen. Und er oder sie sollte Erfahrungen haben und dadurch Impulse von anderswo mit nach Hagen bringen. In der Abwägung ist es meiner persönlichen Meinung nach besser, jemanden von außen auszuwählen.
Aber solch eine Kandidatin oder solch einen Kandidaten wird es nicht zum Nulltarif geben: Kann sich die Hagen-Agentur einen neuen Geschäftsführer leisten?
Backhaus: Ja, die Hagen-Agentur wird sich das leisten können.
Wie wollen Sie abseits des Geldes gute Kandidaten nach Hagen locken? Was spricht für den Wirtschaftsstandort Hagen?
Backhaus: Da gibt es einiges: Wir sind mit dem Blick nach Südwestfalen die mit Abstand größte Stadt, wir haben mit den Autobahnen und dem ICE-Anschluss exzellente Verkehrsanbindungen. Wir haben für gut ausgebildete Fachkräfte auch die so genannten weichen Standortfaktoren: Wir haben eine tolle Landschaft und Freizeitangebote. Wir haben eine Fernuni, die eine Erfolgsgeschichte ist. Wir bieten viel Kultur, haben das Theater – und in der Neuen Mitte tut sich Entscheidendes, etwa mit der neuen Rathaus-Galerie. Ich bin ein Fan von Hagen. Und das sollte solch ein neuer Motor der Wirtschaftsförderung an der Spitze der Hagen-Agentur auch sein. Ich bin überzeugt: Hier kann man etwas bewegen.