Hagen. . Bislang hieß es gerne, die Finanznot der Städte sei vorzugsweise ein NRW-Problem – besonders in Oberhausen und Hagen. Doch inzwischen sind auch viele Gemeinden in anderen Bundesländern betroffen. Hagens OB Dehm hofft, somit einen besseren Flächendruck auf den Bund ausüben zu können.

Trotz einer robusten wirtschaftlichen Entwicklung nehmen die Unterschiede zwischen armen und reichen deutschen Städten weiter zu.

Betroffen sind dabei nicht nur wie seit langen Jahren schon Hagen auch viele weitere Kommunen in NRW. „Verschuldete Kommunen gibt es inzwischen in allen Bundesländern. Viele befinden sich noch immer in einer Schuldenfalle“, bilanziert dazu der bundesweit renommierte, aus Essen stammende Inhaber des Lehrstuhls für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern, Prof. Martin Junkernheinrich. „Das macht mir und auch den Kreditinstituten große Sorgen.“

Wirtschaftsbasis bricht weg

In finanzielle Not geraten auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen in der Regel einst wohlhabende und inzwischen strukturschwache Gemeinden. Deren Wirtschaftsbasis ist zusammengebrochen, weil im weltweiten Maßstab die Produktionskosten – vor allem die für Arbeitskräfte – woanders niedriger oder die internationalen Rahmenbedingungen schwieriger wurden. Dafür stehen beispielsweise der Zusammenbruch des Kohlebergbaus oder der Textilindustrie und die Neuorientierung des Stahlbaus. Das bedeutete für Hunderttausende den Verlust des Arbeitsplatzes, oft verbunden mit dem Zwang zum Umzug. Folgen für die Städte: sinkende Einwohnerzahlen, weniger Einnahmen an Steuern und Gebühren, aber dennoch die Pflicht, weiterhin eine funktionierende Infrastruktur vorzuhalten.

Junkernheinrich, der das Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden/Für die Würde unserer Städte“ finanzwissenschaftlich berät, hat festgestellt: „Besonders hohe Schulden wie in NRW haben nun auch Städte in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in den neuen Bundesländern.“ Er nennt Kaiserslautern, Zweibrücken, Ludwigshafen, Mainz, Offenbach, Trier, Saarbrücken, Worms, Rostock, Mannheim, Halle an der Saale und Cottbus. Alle kämpfen mit sehr hohen Kassenkrediten und/oder zu hohen Gesamtschulden. Oberhausen hat nach den vorliegenden Zahlen die höchste Summe an Kassenkrediten, während Kaiserslautern bei den kommunalen Gesamtschulden den Spitzenplatz einnimmt.

Dehm setzt auf breite Unterstützung

Das parteiübergreifende, von der Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) und ihrem Wuppertaler CDU-Kollegen Peter Jung angeführte Aktionsbündnis hofft im Ringen mit Bund und Land um bessere Finanzausstattung auf konkrete politische Unterstützung dieser hoch verschuldeten Nicht-NRW-Kommunen. Dazu Dagmar Mühlenfeld: „Wenn wir in den letzten Jahren in Berlin oder auch im Präsidium des Deutschen Städtetages über unsere dramatische Finanznot berichtet haben, wurde uns meist vorgehalten, das sei ein NRW-Sonderproblem. Diese Blitzableiter-Strategie des politischen Abwimmelns von ernsthaften Problemen funktioniert jetzt nicht mehr.“

Oberbürgermeister Jörg Dehm und Kämmerer Christoph Gerbersmann wollen deshalb ihre politischen und persönlichen Kontakte zu Kollegen von Kommunen mit vergleichbaren Problemen nutzen, damit in der künftigen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages mit Druck nicht nur aus NRW konkret die Weichen für eine strukturell nachhaltige Kommunale Finanzreform gestellt werden: „Je breiter die Unterstützung für die Forderungen unseres Aktionsbündnisses wird, umso mehr finden wir in der Politik dann auch in Berlin und Düsseldorf wirklich Gehör.“