Hagen. . Die Vorsitzenden der Hagener Ratsfraktionen müssen sich zu Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft einfinden. Die Justiz möchte ergründen, ob es seinerzeit breiter Wille der Politik war, dem Ex-Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung, Christian Schmidt, eine Abfindung zukommen zu lassen.
Das staatsanwaltliche Untreue-Ermittlungsverfahren rund um die Beratervertragsaffäre Dehm/Schmidt, bei dem neben den beiden Hauptprotagonisten auch Hagen-Agentur-Geschäftsführer Gerhard Schießer zu den Beschuldigten zählt, wird sich auch noch über die Sommerpause hinaus hinziehen. Ab der kommenden Woche werden die Vorsitzenden der Ratsfraktionen zu den Vorgängen aus den Jahren 2010/11 vernommen. Derweil hat die interne Aufklärungsarbeit der Hagen-Agentur-Gremien durch einen externen Rechtsanwalt – bislang angefallene Honorarkosten: ca. 40.000 Euro – ergeben, dass das gesamte Vertragswerk, das Beigeordneter Christian Schmidt für die Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit eine Abfindung von 37.000 Euro sichern sollte, nichtig sei.
Angemessene Entschädigung
Die Staatsanwaltschaft richtet ihren Fokus derweil auf die Frage, ob OB Jörg Dehm womöglich bloß den politischen Willen und Geist des Rates umsetzte, als er mit dem Ersten Beigeordneten das Beratervertragswerk für EU-Aufgaben schloss und seinen Vertreter im Amt gleichzeitig noch von der Abführungspflicht im Rahmen der Nebentätigkeitsverordnung entband. Der Verwaltungschef hat nach Informationen dieser Zeitung gegenüber den Ermittlungsbehörden offensichtlich geltend gemacht, dass es Ende 2010 von der Politik explizit gewollt gewesen sei, Schmidt für die Beendigung seiner langjährigen Geschäftsführertätigkeit bei der ausgelagerten Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Jahressalär: 11.300 Euro) eine angemessene Abfindung zukommen zu lassen. Sollte dies damals tatsächlich konsensualer Wunsch des Stadtrates gewesen sein, wäre das persönliche Verschulden von OB Dehm eventuell neu zu bewerten und damit auch der Tatbestand der Untreue zu hinterfragen. Unabhängig davon bleiben das zu Entschädigungszwecken geflochtene Vertragskonstrukt und das hemdsärmelige Hinwegsetzen über die Regeln der Nebentätigkeitsverordnung fragwürdig.
Bei den staatsanwaltlichen Befragungen der Fraktionsvorsitzenden wird es zunächst um die Frage gehen, ob die Politik eine Schmidt-Abfindung tatsächlich mehrheitlich eingefordert habe. Entsprechende Beschlüsse oder Sitzungsprotokolle liegen nämlich bislang nicht vor. Und auch aus der Politik werden schon erste Zweifel laut, ob Dehms Wahrnehmung den Fakten entspricht. Vielmehr sei, so ist aus den Reihen der Opposition zu hören, damals seitens der Verwaltung der Eindruck suggeriert worden, dass sich aus Schmidts unbefristetem Geschäftsführervertrag mit der Wirtschaftsförderung aus dem Jahr 2000 eine Abfindungspflicht ableite. Eine These, die inzwischen durch die Sonderprüfung des Rechnungsprüfungsamtes pulverisiert wurde. Wurde also damals gar gezielt getäuscht? Reichlich Stoff, der die Behörde an der Lenzmannstraße noch bis in den Herbst beschäftigen dürfte.