Hagen. . Immer häufiger werden vor allem Senioren Opfer von Trickdieben. Die Ganoven handeln meist nicht allein, sondern sind bandenmäßig organisiert. Die Polizei spricht von „reisenden Straftätern“.
Als ihn die drei Mädchen und der Junge mit dem Goldzahn um Geld für eine Tasse Kaffee angingen, wies Rentner B. die Kinder zurück: „Für etwas zu essen würde ich euch einen Euro geben. Aber doch nicht für Kaffee.“ Vielleicht haben sie den Umschlag gesehen, der aus der Innentasche seiner Jacke herausragte, jedenfalls bedrängten sie ihn weiter und bettelten, als er das C&A an der Elberfelder Straße betrat, um einen Geschenkgutschein einzulösen.
Erst an der Kasse, die schnorrenden Kinder hatten längst von ihm abgelassen, bemerkte er den Diebstahl: „Der Umschlag war weg.“ Und mit ihm 3500 Euro, die B. einige Minuten zuvor an einer Bank abgehoben hatte, um seine Wohnung zu renovieren.
Senioren oft zu gutgläubig
Der 66-jährige Hagener ist nicht das erste Opfer von Trickbetrügern in der Stadt. Immer dreister pirschen sie sich an Passanten heran, immer gezielter nehmen sie vor allem ältere Mitbürger aufs Korn. „Die Täter setzen ganz bewusst auf die Gutgläubigkeit der Senioren“, berichtet Thomas Roth von der Abteilung Kriminalprävention und Opferschutz im Polizeipräsidium.
Die Nachkriegsgeneration sei noch unter den Vorzeichen von Hilfsbereitschaft und Anteilnahme aufgewachsen: „Damals kamen die Menschen nur zurecht, wenn sie sich gegenseitig unter die Arme gegriffen haben.“ Dass es heutzutage Ganoven gibt, die für ein paar Euro zu den miesesten Betrügereien fähig sind, liegt für viele Senioren außerhalb der Vorstellungskraft.
Bei Beratungsterminen und Vorträgen ist Roth immer wieder verwundert, mit welcher Unvoreingenommenheit viele Senioren fremden Menschen gegenüber treten: „Ich muss sie zunächst einmal für das Böse in der Welt sensibilisieren. Ich sage ihnen: Seien Sie ein bisschen misstrauischer, wenn Sie jemand um Hilfe bittet.“
Trickbetrüger sind keine Einzeltäter
Trickbetrüger sind keine Einzeltäter, sondern nach Erkenntnissen der Polizei bandenmäßig organisiert. Schon Kinder werden zu Taschendiebstahl und, wie im Fall von Rentner B., aggressiver Bettelei erzogen, die das Opfer ablenken soll und nicht selten in einen Diebstahl mündet.
Wie bei der steigenden Zahl der Wohnungseinbrüche ist die Chance gering, den Tätern habhaft zu werden, da sie sich nach den Delikten schnell wieder in ihre Herkunftsländer zurückziehen. „Reisende Straftäter“ nennt die Polizei, die inzwischen einiges über Personen und Strukturen der Banden weiß, diese Form der Kriminalität.
Angst im Dunkeln
Die sich häufenden Meldungen über Einbrüche, Überfälle und Trickbetrügereien hinterlassen ihre Spuren in der Bevölkerung. Auf Seniorentreffen seien Gauner, die an die Haustür kommen, ein häufiger Gesprächsstoff, berichtet Barbara Dittmann, Leiterin der Begegnungsstätte in Vorhalle: „Und im Winter brauchen wir spätnachmittags oder abends gar keine Veranstaltungen mehr anzubieten, weil die Leute Angst haben, im Dunkeln auf die Straße zu gehen.“ Eigentlich sollten alte Menschen vor jungen Leuten ja keine Furcht haben müssen: „Leider ist unsere Zeit nicht so. Die Dinge liegen anders.“
Rentner B. war nicht argwöhnisch genug, als ihn die bettelnden Kinder in der Fußgängerzone belästigten. Erst als er den Verlust des Geldes feststellte, dämmerte ihm, warum sie sich dermaßen an ihn herangemacht hatten: „Eine Stunde lang habe ich regungslos im Auto gesessen. Ich war verzweifelt.“
Rentner verteidigte sein Geld
Geistesgegenwärtiger reagierte ein 70-jähriger Hagener, der neulich einen vierstelligen Betrag an seiner Bank abgehoben hatte. Als ihm zwei unbekannte Männer in der Körnerstraße den Umschlag mit dem Bargeld aus der Tasche zogen, packte er den Dieb am Kragen und entriss ihm seine Beute wieder.
Zum Glück für den mutigen alten Herrn machten sich die überraschten Schurken augenblicklich aus dem Staub.