Dahl/Bamshela. .

So hatten sie sich das gedacht: Ein kurzer Trip ins Nirgendwo, ein bisschen Spielzeug übergeben an einem Waisenheim, vielleicht ein bisschen Hilfe vor Ort. Dann zurück nach Johannesburg und schließlich in den Flieger nach Deutschland. Aus dem Trip des Pfadfinderstamms Don Bosco ist ein Projekt geworden. Eines, das zu einer Lebensaufgabe geworden ist – für Dorothée Boecker und ihren Mann Michael, die vor zehn Jahren zum ersten Mal nach Bamshela kam.

„Irgendwie war das ein Missverständnis“, sagt Dorothée Boecker und lächelt, „wir dachten, wir würden ein bestehendes Waisenheim unterstützten.“ Dass sie eines aus dem Nichts aufbauen sollten – damit hatten die Pfadfinder nicht gerechnet.

Kinder auf blankem Fußboden

Sie sahen Kinder, die auf dem blanken Fußboden saßen und alle aus einem Topf aßen. Sie beobachteten, wie Mädchen und Jungen morgens aus Abwasserrohren krochen, in denen sie die Nacht verbracht hatten. Dazu blickten sie auf eine alte Kirche, die weder ein richtiges Dach noch Fenster hatte. „Sanitäre Einrichtungen gab es nicht“, sagt Dorothée Boecker. Fest stand: Es musste eine Entscheidung her. Und zwar vor Ort. Es gab genau zwei Alternativen: Wieder abreisen und die Waisenkinder von Bamshela ihrem Schicksal überlassen. Oder sich der Sache annehmen und ein Projekt stemmen, das Jahre in Anspruch nehmen wird.

Dahler Ehepaar wollte Verantwortung übernehmen

„Ich habe meinen Mann angerufen, der mit einer anderen Pfadfindergruppe in Polen unterwegs war“, sagt Dorothée Boecker. „Gemeinsam haben wir beschlossen, dass wir Verantwortung übernehmen müssen. Wir haben das Projektgeld eingesetzt und Matratzen angeschafft. Wir haben Fenster eingesetzt und das Dach repariert. So haben wir einen Bau zurückgelassen, der eine Art Notunterkunft war.“

Ein halbes Jahr später reist das Ehepaar aus Dahl ein zweites Mal zum Kap der guten Hoffnung. Dieses Mal bleiben sie für ein Jahr. „Das ging nur, weil unsere Arbeitgeber mitgespielt haben und uns die Georg-Krauss-Stiftung unterstützt hat“, erklärt Michael Boecker. „Wir haben unsere Wohnung aufgelöst, unser Auto verkauft, quasi unser komplettes Leben hier aufgegeben. Damals lebten 30 Kinder im Waisenheim, heute sind es knapp 60. Die erste Generation ist dem Heim schon entwachsen. Sie machen eine Ausbildung oder studieren sogar.“ Eine Perspektive, die sie ohne das Engagement des Ehepaars aus dem Hagener Süden nie hätten.

Projekte haben Mut gemacht

Aber es nicht nur das Heim und das Hospiz, das Boeckers am anderen Ende der Welt auf den Weg gebracht haben. „Wir merken, dass sich in der Region einiges entwickelt“, so Dorothée Boecker, „die Projekte haben den Menschen Mut gemacht, ihnen gezeigt, dass man etwas bewegen kann. Es entwickelt sich vieles zum Guten.“

Im Kinderheim geht es darum, dass die Kinder künftig in kleinen Gruppen zusammenleben sollen. „Das ist ein wichtiger Schritt“, sagt Michael Boecker, „der aber nur funktioniert, wenn sich auch der Staat an der Finanzierung beteiligt.“

In das Hospiz ziehen bald die ersten Patienten ein. Getragen wird es von katholischer und evangelischer Kirche und einer indischen Hindu-Gemeinschaft. „Irgendwie steht das für das, was das neue Südafrika sein will“, sagt Michael Boecker, „eine bunte Regenbogen-Nation.“