Hagen-Haspe. . Die Mitglieder des Such- und Rettungshundevereins MEC lassen ihre Tiere im verwinkelten, verlassenen Gemäuer der ehemaligen Keksfabrik von Brandt in Haspe ausbilden.
Die Zwieback-Fabrik Brandt bestimmte einst den Lebensrhythmus der Menschen in Haspe. Seitdem die Produktion vor elf Jahren nach Thüringen verlegt wurde, ist die riesige, verfallende Immobilie mehr und mehr zu einem Schandfleck an der Bundesstraße 7 geworden. Doch für verletzte oder vermisste Menschen ist der Stillstand auf der Brandt-Brache möglicherweise lebensrettend. Die Mitglieder des Such- und Rettungshundevereins MEC bilden in dem verwinkelten, verlassenen Gemäuer ihre Vierbeiner zu regelrechten Spürnasen aus – mit durchschlagendem Erfolg.
Labrador Shari hatte noch nicht einmal die obligatorische Abschlussprüfung zum Personenspürhund absolviert, als sein Herrchen Andree Bodden (49) eines Nachmittags einen Anruf erhielt. Ein 40-jähriger Mann aus Ennepetal war verschollen, ob er mit seinem Hund nicht bei der Suche behilflich sein könne? Und tatsächlich las Shari, nachdem er zuvor an einem Schuh des Verschwundenen dessen Witterung aufgenommen hatte, den vermissten Mann in einem unwegsamen Gelände auf. „Er lebte und wurde medizinisch versorgt“, erinnert sich Bodden. „Heute ist er glücklich und zufrieden.“
Training hat sich herumgesprochen
Den Spürsinn seines Hundes hat Bodden im ehemaligen Kekswerk der Firma Brandt geschärft. In dem unübersichtlichen, mehrstöckigen Altbau mit seinen unzähligen Räumen gestaltet sich die Personensuche für die Hunde besonders anspruchsvoll, gibt es doch zahlreiche Verstecke, die die Tiere aufstöbern müssen. „Lüftungsschächte, Löcher im Boden, alte Schränke – die Fabrikeinrichtung ist ja noch vorhanden“, berichtet Veronika Kappeller (45). „Der letzte Arbeiter hat damals wohl nur das Licht ausgemacht.“
Dabei ist es bis heute geblieben. Niemand stört die Hundeführer, wenn sie ihre Schützlinge auf eine Spur durch den verschachtelten Komplex schicken. Das hervorragende Training auf dem Brandt-Gelände hat sich herumgesprochen, die Tiere wurden sogar bei der Suche nach der vermissten Lisa Schulte aus Werl eingesetzt.
Um ein Vielfaches leistungsfähiger
Die Nase eines Hundes ist um ein Vielfaches leistungsfähiger als die des Menschen. Selbst nach mehreren Tagen können die Tiere, sei es auf der Straße oder im Wald, den individuellen Duft eines Menschen ausfindig machen und dessen unsichtbare Fährte verfolgen. Woran sich ihre Nase orientiert, ist nicht genau erforscht: „Vermutlich sind es winzige Schuppen und Hautpartikel, die jeder Mensch in jeder Sekunde millionenfach verliert“, so Tim Gieselmann, Vorsitzender des Rettungshundevereins.
Zwar sind alle leistungsfähigen und aufgeschlossenen Rassen als Schnüffler geeignet, doch je größer die Nase eines Hundes ist, desto mehr Riechzellen besitzt er, was wiederum seinen Geruchssinn schärft. Typische Rettungshunde sind der Schäferhund, der Neufundländer, der Border Collie und der Labrador.
Hund wird schon als Welpe konditioniert
Neben der guten Nase ist eine enge Bindung des Tieres an seinen Besitzer grundlegend für eine erfolgreiche Schulung. Der Hund wird, möglichst schon als Welpe, auf einen Futterbeutel konditioniert, Das regelmäßige Spiel mit diesem Behältnis ist für das Tier der Höhepunkt des Tages. Auch die 13 Wochen alte Amy lechzt nach dieser Beschäftigung: „Sie lernt, dass sie sich anstrengen muss, um an ihr Futter zu kommen“, berichtet Frauchen Diana Quabeck (26), die sich dem Rettungshundeverein ganz bewusst angeschlossen hat: „Weil es doch eine sinnvolle Sache ist, die Menschenleben retten kann.“
Das Herumtollen mit dem Beutel verwandelt sich nach und nach zum Versteckspiel, bis der Hund in der Lage ist, eine Duftspur unter schwierigsten Bedingungen ausfindig zu machen. „Unsere Tiere sind besser als Polizeihunde“, glaubt Vorsitzender Gieselmann behaupten zu dürfen. „Das liegt einfach daran, dass wir länger und intensiver trainieren.“
Mit dem Beutel um die Bäume
Wenn der Hund seine Aufgabe erledigt hat, darf er zur Belohnung mit seinem Futterbeutel spielen.
Auch bei Labrador Shari war das der Fall. Nachdem sie den vermissten Mann im Wald aufgespürt hatte, tobte sie mit dem Beutel zwischen den Zähnen um die Bäume herum. Denn zwischen Ernstfall, Spiel und Training vermögen die Hunde nicht zu unterscheiden.