Hagen. . In einer spontanen Aktion hat eine Facebook-Gruppe dem Weihnachtsbaum in der Hagener Bahnhofshalle pünktlich zum Fest eine würdige Optik verpasst. Die weihnachtliche Idee: Hagens Gäste haben zum Fest der Liebe eine stimmungsvollere Begrüßung verdient statt des traditionell schmucklosen Plastikbaums.

O Tannenbaum, O Tannenbaum, wie verrückt sind deine Schmücker? Pünktlich zu Heiligabend hat eine 20-köpfige Facebook-Gruppe den trostlosesten Weihnachtsbaum der Stadt in einen bunten Hingucker verwandelt. Unter dem Motto „Guerilla Weihnachtsbaumaktion“ stiefelten die jungen Leute mit Glühwein, Trittleiter und jeder Menge Christbaumschmuck in die Empfangshalle des Hagener Hauptbahnhofes und verzierten den dort traditionell ungeschmückten Baum. Die weihnachtliche Idee: Hagens Gäste haben zum Fest der Liebe eine stimmungsvollere Begrüßung verdient.

Hagener Weihnachtsbaum bot einen traurigen Anblick

Annabell Preußler (35) liebt ihre Heimatstadt. Vor einigen Tagen schoss sie ein Handyfoto von der fünf Meter hohen Kunststoff-Tanne im Eingangsbereich des Hauptbahnhofes und schickte es an ihre Freundin Martina Döbler. Mit dem Kommentar: „Der Preis für den traurigsten Tannenbaum geht nach Hagen.“ Döbler spielte den Deko-Flopp weiter und rief die Facebook-Gruppe „Guerilla Weihnachtsbaum-Aktion“ ins Leben: „Ich dachte mir, dass jeder Baum ein schönes Kleid verdient hat.“

Zwanzig heimatverbundene Hagener folgten der Idee. Treffpunkt war am Samstag um 14 Uhr bei Glühwein und Plätzchen vor dem Hauptbahnhof. Danach Einmarsch in die altehrwürdige Bahnhofshalle. Bereits in den Vortagen hatten aufmerksame Bahnreisende versucht, der kahlen Tanne eine liebevollere Optik zu verpassen. Sie hängten Christbaumkugeln aus heimischen Schrottwichtelkartons an die Plastikzweige. Weil der Funke auf die Bahn aber nicht übersprang, legten sie nach und drapierten ein Schild mit der Aufschrift „Früher war mehr Lametta“ an den Baum. In Anlehnung an Loriots berühmtes Hoppenstedt-Zitat. Das Unternehmen zeigte sich allerdings wenig humorvoll und ließen den pointierten Hinweis zügig verschwinden.

Diesmal aber wird selbst die Deutsche Bahn eingestehen müssen, dass der Baum nach der schmuckvollen Facebook-Aktion einfach ein Hingucker geworden ist. Viele Bahnhofsbesucher würdigten das bunte Treiben mit Applaus. Rentnerin Melina Mammi, die vor ihrer Zugfahrt zum Dortmunder Weihnachtsmarkt noch Zeit hatte, freute sich dermaßen über den Auftritt der jungen Leute, dass sie gleich mithalf zu schmücken. „Seit mein Mann tot ist, habe ich keinen Baum mehr. Aber als ich die jungen Leute hier gesehen habe, wollte ich helfen.“ Auch Superintendent Bernd Becker und Vikar Thies Friederichs mischten sich unter die Schmückenden. „Für die Weihnachtsstimmung in unserer Stadt ist diese Aktion besonders wichtig“, fand Becker und Vikar Friederichs wusste: „Der liebe Gott hat heute nichts dagegen, dass dieser Baum sozusagen illegal verschönert wird.“

Weihnachtsbaum-Aktion in Hagen - Zum Finale ein Ständchen 

Nach 20 Minuten hingen alle mitgebrachten Accessoires im Baum und ergaben ein warmes, weihnachtliches Bild. Und weil zu jedem Christbaum auch ein Weihnachtslied gehört, stellten sich die Facebook-Freunde zum Finale vor ihr Werk und schmetterten „O Tannenbaum“. Georg Krutt (77), Bahnreisender aus Heilbronn auf dem Weg nach Wetter, kam in diesem Moment in die Empfangshalle, stellte geistesgegenwärtig seine Tasche ab und übernahm das Dirigat. „Dieser tolle alte Bahnhof ist ein echtes Schätzchen. Toll, dass es in Hagen junge Leute gibt, die das zu würdigen wissen“, freute sich der Pensionär, „jetzt gehe ich mit einem Lächeln hier raus.“

Und wie reagierte die Bahn? Gar nicht. Kein Service-Mitarbeiter der einschritt, keine Polizei, keine spaßbremsenden Durchsagen. Im Gegenteil: Infopoint-Mitarbeiterin Katharina Chuesriskul, die von dem Treiben in Rücken zunächst gar nichts mitbekam, lobte: „Ich muss sagen, der Baum sieht jetzt wirklich schön aus. Ich hoffe nur, dass andere Leute das auch zu schätzen wissen.“ Die Tanne sei nämlich nicht umsonst aus Plastik und noch dazu ungeschmückt. Vandalen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder an dem Baum vergriffen.

Und wie geht es mit dem Baum im nächsten Jahr weiter? „Vielleicht entwickelt sich das hier ja zu einer schönen Tradition“, sagt Martina Döbler. „Blau unterm Baum“ sei schließlich auch mal nur eine lustige Schnapsidee gewesen. Seitdem sei es aus dem weihnachtlichen Terminkalender gar nicht mehr wegzudenken. Wer seiner Stadt und ihren Besuchern eine Freude machen möchte, sollte also noch mal überlegen, ob er überzählige Christbaumschmuck tatsächlich im Mülleimer verschwinden lässt.