Hagen. Paradoxer kann Solidarität eigentlich nicht sein. Der Geschädigte wünscht sich, dass der Täter weiter schädigen darf. Claus gehört zu jenen Gästen einer Wirtschaft in Hagen, die genau so denken. Er ist Nichtraucher und sagt gleichzeitig: „In einer echten Kneipe muss geraucht werden.“ Ein Meinungsbild aus der Volmestadt zum geplanten Rauchverbot in NRW.

Die Honselstube ist ganz genau das, was man unter einer urigen Eckkneipe versteht. Die kleine Taverne am Märkischen Ring hat seit 1949 manches Krisenjahr gemeistert. 2012 könnte nun aber das Jahr werden, dass sie erstmals ins Wanken bringen könnte. Genau wie weitere 295 Betriebe, die in Hagen eine Gaststättenerlaubnis haben.

Mira Stöcker blickt nachdenklich durch die Fensterfront der Honselstube. Die 60-Jährige ist die Chefin hier. „Das Gesetz wird jeden Tag am Tresen besprochen“, sagt sie, „wir haben immer gehofft, dass es nicht durchkommt.“ Stöcker kann noch ganz gut leben von ihrer Kneipe. Sie kann auf treue Stammkundschaft bauen.

Das sind die Pläne, die Hagens Wirten Sorgen bereiten: Rot-Grün hat ein striktes Rauchverbot für ganz NRW bereits auf den Weg gebracht. Es sieht ein ausnahmsloses Rauchverbot in der gesamten Gastronomie vor. In Festzelten oder auf Brauchtumsveranstaltungen soll das Qualmen komplett verboten werden. Ausnahmen für Raucherclubs werden kassiert. Ungültig wird auch die sogenannte Eckkneipenregelung, bei der Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmetern Fläche unter bestimmten Voraussetzungen vom Rauchverbot ausgenommen sind.

Mira Stöcker befürchtet Boykott durch Kunden

„Ich glaube, unsere Kunden werden die Kneipe erstmal boykottieren, wenn es soweit ist“, sagt Mira Stöcker. Dass vor allem auch die Mitarbeiter im Kneipenbetrieb laut Rot-Grün vor den Folgen der Raucherei geschützt werden müssten, hält sie für absolut überzogen: „Also meine Mitarbeiter rauchen alle. Und auch in vielen anderen Hagener Kneipen wird das nicht anders sein.“

Raucherkneipen in Witten

picturegallery-225562_956801.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956802.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956803.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956810.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956804.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956805.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956806.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956807.jpg
© Walter Fischer
picturegallery-225562_956808.jpg
© Walter Fischer
1/9

Am Tresen diskutieren die Stammkunden Werner, Claus, Silvia und Dagmar das geplante Gesetz. Claus raucht nicht, will aber, dass Raucher weiter rauchen dürfen. Werner raucht nur beim Bierchen in der Kneipe und möchte, dass das so bleibt. Silvia raucht ebenfalls nicht, aber eine Kneipe ohne Rauch, wäre wie ein Bier ohne Schaum, findet sie. Dagmar qualmt hier am meisten. Sie will gar nicht mehr kommen, wenn es soweit ist. Der Raucherschutz, das zeigen die vier Gäste, hat viele diskutierbare Facetten.

Gastronom hält Nichtraucherschutz-Gesetz für Schwachsinn

Dass er per Gesetz im Jahr 2007 eher im Wischi-Waschi-Format verabschiedet wurde, hat am anderen Ende der Innenstadt spürbare Folgen. Otto Jung, Betreiber der Hagener Traditionsgaststätte „Spinne“ an der Hohenzollernstraße hat zur Abtrennung seines Raucherbereiches eine 5000 Euro teure Glastür einbauen lassen. Je eine Toilettenanlage wird im Nicht - und im Raucherbereich betrieben. „Die ganzen Umbauarbeiten waren umsonst, wenn das Gesetz durchkommt“, sagt Jung.

Der Gastronom hält das Gesetz, gelinde gesagt, für „totalen Schwachsinn.“ Von den 19 Aushilfen und fünf Festangestellten rauche nahezu jeder. „Das wird sich alles richtig aufs Geschäft auswirken“, sagt Jung, „ich verstehe einfach nicht, wieso dieses Gesetz jetzt noch sein muss.“