Hagen.

Wer backt schon zum Frühstück Brötchen, wenn er weiß, dass er abends in Gras beißen muss?! Man möchte lachen und weinen zugleich – über derartig schrullige Lebensweisheiten, in denen das Unvermeidliche steckt: Der Tod gehört zum Leben dazu. Doch, wer denkt schon gern darüber nach?

Der Tod kommt ohne Kitsch aus

Der Autor Martin Baltscheit aus Düsseldorf hat’s für ein Kinderstück getan und einen Ton getroffen, der humorvoll und dennoch präzise ist. Diese Stimmung nimmt das dreiköpfige Ensemble der Jungen Bühne Lutz im Theater exakt auf für die Produktion „Nur ein Tag“ und erzählt emotional, aber ohne Kitsch vom Sterben.

Die Inszenierung von Miriam Michel nimmt sich Zeit, lässt die Zuschauer sich einstimmen auf das puristische, dichte Bühnenbild. Man wähnt sich in einem verzauberten Birkenwald (Ausstattung: Jeremias Vondrlik). Dort tobt Firat Baris Ar als Wildschein in braunen Filzkniehosen durchs Dickicht, während Alphavilles „Forever Young“, für immer jung, erklingt. Des Wildscheins Blick ist düster, als ahne er, was kommt. Zunächst ist das allerdings Sebastian Kolb als schlanker, smarter und schlauer Fuchs. Er reißt das Wildschwein aus seinen trüben Gedanken. „Niemand weint über das Leben und deshalb sollte niemand über den Tod weinen.“ Schon wieder einer von Baltscheits angstnehmenden Gedanken.

Lachen und Schluchzen

Als die beiden Waldbewohner auf Jenna Schulz als putzmuntere Eintagsfliege treffen, schließen sie sie sofort in ihr Herz – und wollen sie glücklich machen. Sie gaukeln ihr vor, dass der Fuchs bald sterben müsse. Die Eintagsfliege setzt alles daran, dem Fuchs einen besonders tollen Tag zu bereiten: „Wer nur einen Tag hat, braucht das ganze Glück in 24 Stunden.“ Ein kluger Satz, der ohne Belehrung auskommt.

Die nächste Stunde ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Befreiendes Lachen wechselt sich mit unterdrückten Schluchzern im Publikum ab. Es gibt verrückte und verspielte Momente, ruhige und besinnliche. Wildschwein, Fuchs und Fliege spielen Schule und Vater-Mutter-Kind – bis die Fliege ihr eigenes Schicksal realisiert, weil der Fuchs sich verplappert. Sie fühlt sich von den Freunden hintergegangen. Der Kloß im Hals wird beängstigend dick, die Taschentücher werden entfaltet. Doch die Geschichte bleibt konsequent und am Schluss siegt die Freude über das Leben. Fuchs und Wildschein nehmen Abschied: „Wer weint denn schon um eine Eintagsfliege?“

Auf jeden Fall diejenigen, die „Nur ein Tag“ sehen – aber mit nur einem Auge.