Hagen. .

Dies ist die Geschichte von Verzweiflung und Krankheit, von Unglück und Leid. Und von der Kraft des Glaubens.

Torsten Pege (42) kann nicht laufen. Die Muskulatur seiner Beine ist verkümmert, eine Folge der schweren Diabetes, die ihn monatelang ans Bett gefesselt hat. Einen Zeh haben die Ärzte amputieren müssen, als er im Koma lag, das Kribbeln und Stechen in den Händen ist vielleicht noch schwerer zu ertragen, er kann sich selbst kein Insulin mehr spritzen, er ist auf Hilfe angewiesen, jung wie er ist, sitzt er im Rollstuhl und wohnt im Altenheim.

An einem Samstag vor elf Jahren wurde ihm plötzlich schwindelig, beim Einkauf mit seiner Frau im Supermarkt war das, als er zum ersten Mal ins Koma fiel und im Krankenhaus wieder aufwachte. Seine Blutzuckerwerte waren monströs hoch: 700 mg/dl statt der 80 bis 120 mg eines gesunden Menschen.

Torsten Pege ist gelernter Schreiner, aber seinen Beruf musste er aufgrund der schweren Diabetes aufgeben. So richtig bergab ging es mit ihm, als er erfuhr, dass seine Frau ihn verlassen hatte. „Sie hatte wohl Angst, dass ich ein Pflegefall werde.“ Anders kann er sich ihr Verhalten nicht erklären. Er lag wieder einmal im Krankenhaus, als ihm ein Freund mitteilte, sie habe sich eine eigene Wohnung genommen. Seine Nieren versagten den Dienst, wieder Koma, vier Tage Blutwäsche, bei der Reanimation brachen sie ihm eine Rippe, er überlebte. „Aber ich war ja im Grunde tot.“

Glaubensbekenntnis abgelegt

500 Kilometer von Hagen entfernt, im tiefsten Sachsen, saß eine 84-jährige Frau und betete für Torsten Pege. Dass er überleben möge. Dass es ihm wieder besser gehen möge. „Hilf, Gott, hilf!“ Seine Oma Ursula Oeme ist eine tiefgläubige Frau, sie hatte schon immer darauf gedrängt, dass er getauft werden sollte, aber seine Mutter war dagegen. Es ist nicht so, dass sie ihn daran hinderte, ein christliches Leben zu führen, aber sie beförderte es auch nicht. Und jetzt, als er mehr tot als lebendig im Krankenhaus lag, eilte seine Oma aus Sachsen herbei. Sie brauchte nichts zu sagen, sie stand vor seinem Bett, und da wusste er auf einmal, was er tun musste: „Es war für mich der richtige Zeitpunkt.“

Als Pastor Peter Niestroj ihn mit dem Taufwasser übergoss, war das für Torsten Pege wie eine Grundreinigung: „Als ob ich alles Schlechte von mir wälzen würde.“ Seine Hände zitterten, als er die Taufkerze hielt, dem Bösen abschwor und das Glaubensbekenntnis ablegte. Er empfing die Erstkommunion und das Sakrament der Firmung. Für den Pastor war es die erste Erwachsenentaufe, seit er vor zwei Jahren nach Hagen versetzt wurde: „Das kommt wahrlich nicht oft vor. Meist sind es Menschen aus der ehemaligen DDR oder Spätaussiedler, die sich taufen lassen, weil es in ihrer Heimat keine Möglichkeit gab, den Glauben zu leben.“

Kein strenggläubiger Mensch

Torsten Pege besitzt eine Taschenbibel und eine weitere in digitaler Form auf dem Computer, am liebsten liest er die Verse vom Abendmahl aus dem Matthäus-Evangelium: „Es imponiert mir, dass Jesus sich aufgeopfert hat. Und es macht mich nachdenklich, wie stark sein Glaube war.“

Er selbst sei kein strenggläubiger Mensch, sagt Torsten Pege. Wenn er betet, stellt er sich Gott als Person vor, so als würde er mit seinem Vater reden über das, was ihn bewegt. So gut es geht, kümmert er sich im Helmut-Turck-Seniorenzentrum Helfe um andere Bewohner, geht mit ihnen spazieren oder spielt Schach.

Er hilft beim Dekorieren und beim Erstellen der Monatszeitschrift. Vom Leben wünscht er sich, dass es ihm ein bisschen besser gehen und er eine eigene Wohnung beziehen und sich selbst versorgen könnte: „Und dass es Menschen gibt, die mir das Gefühl geben, dass ich noch gebraucht werde.“

Denn er lebt, er lebt.