Hagen. .

Erstaunen machte sich im Umfeld der jüngsten Ratssitzung breit. Eigentlich schien es beschlossene Sache zu sein, das Theater in eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) überführen zu wollen. Eigentlich. Denn auf den letzten Drücker hatte Oberbürgermeister Jörg Dehm (CDU) eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AÖR) als ebenfalls mögliche Variante wieder ins Spiel gebracht. Nachdem der Rat für die 850.000 Euro aus der gGmbH-Verwaltungsvorlage votiert hatte, nahm Rot-Grün den Ball dankend auf und stimmte in einem zweiten Schritt dafür, erneut prüfen zu lassen, welche Rechtsform es denn nun werden solle.

Dieses Votum überraschte. Denn mit einem Vergleich verschiedener Rechtsformen ging die Debatte Mitte 2010 in die entscheidende Phase. Die gGmbH hatte sich damals als die vorteilhafteste erwiesen und wurde weiter verfolgt. Zum einen versprach diese Rechtsform laut Gutachten von Ernst & Young die höchsten Einsparpotenziale und zum anderen eben auch die gewünschte Flexibilität für das Theater. Das soll jetzt erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Immerhin hat sich die erste Irritation um das weitere Verfahren sortiert. „Wir haben uns interfraktionell abgestimmt. Es läuft auf eine Entscheidung nach der Sommerpause hinaus“, sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Uli Fleischer.

Am Donnerstag soll demnach der Rat votieren, das Theater und Orchester Hagen zur Spielzeitbeginn 2013/14 auf eigene Beine zu stellen oder dass dies angestrebt werde. Die Verwaltung soll zudem die beiden Rechtsformen prüfen und die „die rechtlichen, organisatorischen und (personal-) wirtschaftlichen Voraussetzungen“ darstellen. Eine endgültige Entscheidung soll dann in der Ratssitzung am 20. September fallen.

Trennung der Beschlüsse kritisiert

Inhaltlich scheinen allerdings kaum neue Argumente auf dem Tisch zu liegen. „Wir halten nach wie vor die gGmbH für die geeignete Rechtsform“, sagt CDU-Fraktionschef Wolfgang Röspel. „Nur so können wir Gesellschafter ins Boot holen und haben zudem keine Steuerverpflichtungen.“

Die Grünen hingegen präferieren eher eine AÖR. „Uns scheint die gGmbH schon sehr auf Kante genäht zu sein. Wir fragen uns, wie dieses Konstrukt ein oder zwei externe Effekte, wie etwa eine Erhöhung der Gema-Vergütung oder der Energiekosten verkraften könnte“, führt Jörg Fritzsche, kulturpolitischer Sprecher der Grünen, aus. Er sieht zudem die Problematik, dass zwar das gewünschte Sparziel (850.000 Euro) beschlossene Sache sei, aber gar nicht klar werde, wie diese Summe zu erreichen sei.

Gesamtpersonalrat lehnt Verselbstständigung ab

Eine Befürchtung, die Fritzsche nicht für sich allein hat. Die beschlossenen 850.000 teilen sich auf in 350.000 Euro, die das Theater bei kommenden Tariferhöhungen selbst aufbringen soll und weitere 500.000 Euro auf. Laut Ernst & Young hat eine AÖR jedoch nicht das Potenzial zu dieser Summe.

Auch Klaus Hacker für den Theaterförderverein und Klaus Fehske für die Bürgerstiftung der Theaterfreunde schlagen in einem gemeinsamen Schreiben in diese Kerbe: „Der Rat der Stadt hat nun aber die Gründung der gGmbH nicht beschlossen, obwohl er die untrennbar damit verbundene Zuschusskürzung durchgewinkt hat. Wieso diese beiden Beschlüsse getrennt werden konnten, bleibt unerklärlich.“ Komme die gGmbH nicht, bedeute das einen „Tod auf Raten“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Der Gesamtpersonalrat der Stadt Hagen sieht generell den Mehrwert einer Verselbstständigung nicht und lehnt diese ab. „Es gibt keine belastbaren Argumente für eine andere Organisations- bzw. Rechtsform“, schreibt Günter Brandau in einer Stellungnahme. Im gesamtstädtischen Interesse sei vielmehr der direkte Zugriff von Verwaltungsführung und Politik. Oberbürgermeister Jörg Dehm wollte mit Verweis auf laufende Gespräche keine Stellung beziehen. Und auch im Theater selbst halten sie sich lieber bedeckt. Dass dort allerdings ein gesteigertes Interesse nach Planungssicherheit herrscht, liegt auf der Hand. Schließlich müssen dort die Planungen für die Spielzeit 2013/14 schon bald konkretisiert werden. Nicht ganz einfach, wenn die Spielregeln nicht feststehen.