Hagen. . Die Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (HGW) kommt nicht zur Ruhe. Das städtische Unternehmen hat schon wieder eine juristische Auseinandersetzung am Bein. Ein Mitarbeiter, ehemals Betriebsratsvorsitzender bei der HGW, hat die Gesellschaft wegen Diskriminierung auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von 380. 000 Euro verklagt.

Ein Mitarbeiter, ehemals Betriebsratsvorsitzender bei der HGW, hat die Gesellschaft wegen Diskriminierung auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von sage und schreibe 380.000 Euro verklagt. Vor dem Hagener Arbeitsgericht wird der Fall unter dem Aktenzeichen 5 Ca 938/11 verhandelt. Der Angestellte wirft der HGW-Geschäftsführung vor, die Arbeit des Betriebsrates massiv behindert zu haben.

Aus der ellenlangen Klageliste geht zudem hervor, dass er sich gemobbt fühlte. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht Ex-Geschäftsführer Kaerger, der einmal über den unbotmäßigen Betriebsrat gesagt haben soll: „Den lass’ ich mit der Zahnbürste den Hof schrubben.“

Das berichtet jedenfalls Bernhard Barkanowitz, der selbst 42 Jahre lang bei der HGW tätig war, zuletzt als Abteilungsleiter. Kaerger habe permanent das Betriebsverfassungsgesetz missachtet und versucht, die Wahlen zum Betriebsrat zu beeinflussen. Auch eine Mitarbeiterin, die ebenfalls im Betriebsrat saß, sei von Kaer­ger und HGW-Prokurist Hobusch unter Druck gesetzt worden, so Barkanowitz.

HGW wegen Mobbings verklagt

Tatsächlich war auch die Frau vor das Arbeitsgericht gezogen und hatte die HGW wegen Mobbing verklagt. Am 21. März einigte sie sich mit ihrem Arbeitgeber auf einen Vergleich und strich 15.000 Euro Schmerzensgeld und Entschädigung ein. Wie der ehemalige Betriebsratschef, über dessen Klage noch nicht entschieden wurde, ist sie nach Informationen unserer Zeitung seit längerer Zeit krank geschrieben: „Ich war immer eine Power-Frau, die haben mich zur Oma gemacht“, soll sie die Repressionen am Arbeitsplatz zusammengefasst haben.

Der HGW bringen die ständigen Prozesse nicht nur viel Ärger ein, sie kosten auch Geld. Allein zwischen 2004 und 2007 sollen wegen arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen rund 140.000 Euro an Kosten angefallen sein – und das bei nicht einmal 40 Mitarbeitern. So stritten sich Geschäftsführung und Betriebsrat einmal vor Gericht um die Übernahme eines Azubis. Auch Jörg Schledorn, der seit 2010 Betriebsratschef des Unternehmens ist, stand einmal im Mittelpunkt der Differenzen.

Seine Einstellung sei von seinem Vorgänger vor dem Arbeitsgericht angefochten worden, ärgert sich Schledorn noch heute. Als Stimmungsbarometer für die Sympathiewerte innerhalb der Belegschaft führt Schledorn die Wahlen zum Betriebsrat vor zwei Jahren heran: „Ich habe 26 Stimmen erhalten, er nur 13.“

Geschäftsführer will sich zu den Prozessen nicht äußern

Dr. Marco Boksteen, der seit März als Nachfolger von Harald Kaer­ger die Geschäfte der HGW führt, wollte sich nicht zu den zahlreichen Prozessen äußern. Begründung: „Wir möchten nicht immer mit negativen Dingen in der Öffentlichkeit stehen.“

Möglicherweise ist die HGW mit dem laufenden Verfahren auch schlichtweg überfordert. Denn der ehemalige Betriebsratschef lässt sich vom Bonner Rechtsanwalt Klaus Michael Alenfelder vertreten, ein in Juristenkreisen ob seiner umfangreichen Schriftsätze gefürchteter Kollege, der in den Medien auch gerne als Koryphäe für Mobbing und Diskriminierung auftritt. Allein die 380 000-Schmerzensgeld-Klage gegen die HGW soll inzwischen deutlich über 2000 Seiten umfassen, darauf, so ist zu hören, jede Menge ausschweifende Textbausteine aus dem Computer, die das Verfahren bereits zu elf prallen Aktenordnern aufgebläht haben.

Kritiker bemängeln, es könne dem Mobbing-Experten Alenfelder in erster Linie darum gehen, den Prozessgegner HGW mürbe zu machen und mit dem schieren Umfang seiner Klagen von vornherein auf einen außergerichtlichen Vergleich abzuzielen. Ein solcher könnte nicht nur seinem Mandanten, sondern auch ihm selbst ein einträgliches Sümmchen bescheren. Auch Alenfelder war trotz mehrfacher Anfrage nicht zu einer Stellungnahme bereit.