Helfe. .

Kinderlachen schallt durch das Helfer Spatzennest. Der Schein trügt. Seit gestern spielt die Sorge mit. Eltern und Mitarbeiter haben am Vorabend erfahren: Der U3-Anbau wird gestoppt. Die Tage der Kita im Eschenweg, die nächstes Jahr 40-jähriges Bestehen feiert, sind gezählt. Weil bei Bodenuntersuchungen für den Erweiterungsbau erhöhte Werte der Chemikalie Tetra­chlorethen (Per) entdeckt wurden. P

Dabei kommt ans Licht: Die Kita wurde auf einem alten Ziegeleiabbaugebiet gebaut. Die Deponie, auf der Ablagerungen offenbar unsachgemäß erfolgten, wurde nach dem Krieg verfüllt. Niemand wusste davon. Ein Schlag ins Gesicht für 80 Kinder und für den stockenden Ausbau der Kinder-Betreuung in Hagen.

Die aktuelle Situation

Bis zu den Sommerferien läuft der Kita-Betrieb normal weiter. Denn gesundheitliche Gefahren für Kinder und Erzieher sind momentan nicht zu befürchten, weil die Schadstoff-Konzentration in der Kita weit unter den tolerablen Grenzwerten für Per liegt. Um einen Anstieg der Stoffkonzentration zu verhindern bzw. eine Absenkung zu erreichen, muss allerdings eine dauerhafte Lüftung oder Bodendrainage erfolgen. Vollständig entfernen kann man die Stoffe aus dem Boden nur durch Auskoffern und den Abriss der Kita. Daher wird mit Eltern und Kita-Leitung überlegt, welche Ausweichmöglichkeiten es gibt. Dauerhaft soll ein Umzug in eine andere Einrichtung, vermutlich in einen Neubau, erfolgen.

Die Chemikalie

Gutachter Winfried Lange vom Ingenieurbüro für Grundbau, Bodenmechanik und Umwelttechnik in Sprockhövel kam im März nach Helfe, um angesichts des geplanten Anbaus routinemäßig den Boden zu untersuchen. Ihm fiel ein erhöhter Wert an chlorierten Kohlenwasserstoffen auf. Im Wesentlichen ist diese Konzentration auf den krebserregenden Gefahrstoff Per zurückzuführen, der in Konzentration bis zu 20,6mg/Kilogramm im Boden gefunden wurde. Per wird in Reinigungen und zum Entfetten von Metallen verwendet. Die farblose, chlorartig riechende Flüssigkeit setzt sich auch durch Bodenplatten hindurch in Gebäuden frei und wurde in den Kita-Räumen in zwar sehr niedrigen, aber deutlich messbaren Konzentrationen gefunden (bis zu 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft). Die nahe Schule ist nicht betroffen.

Das sagen Gutachter und Stadt

In einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Hygiene-Institut des Ruhrgebiets in Gelsenkirchen nahm Gutachter Winfried Lange die Auswertung vor. „Im Kindergarten selbst besteht keine akute Gefährdung. Als Maulwurf im Untergrund würde man allerdings auf eine deutlich erhöhte Konzentration treffen.“ Auch die Arbeitsgruppe Schadstoffe unter Leitung des Ersten Beigeordneten der Stadt, Dr. Christian Schmidt, stuft die Werte als nicht gesundheitsgefährdend ein.

Das sagt die Kita-Leitung

Derweil ist die Unsicherheit im Familienzentrum am Eschenweg groß. „Viele Eltern sorgen sich“, sagt Leiterin Christel Schmidt. „Die pädagogische Arbeit ist gewährleistet. Mit einem guten Team geht das. Wir geben unser Bestes.“

So geht es weiter

In vier Wochen soll feststehen, wie es weitergeht. Denkbar sind ein Neubau bis Ende 2013 durch den städtischen Eigenbetrieb für soziale Einrichtungen (BSH) an der Buschstraße in Helfe. Ausweichmöglichkeiten sind auch im benachbarten Jugendzentrum oder in der nahen Grundschule denkbar. Eine dauerhafte Lüftung oder Bodendrainage kann sich Christian Schmidt indes nur schwer vorstellen: „Welche Eltern melden ihr Kind in einer Einrichtung an, wo dauerhaft eine Maschine läuft, um die Schadstoffe zu unterdrücken?“ Um eine rasche Entscheidung zu fällen, sollen jetzt alle Eltern schriftlich informiert und befragt werden.