Hagen. .

Brigitta Janßen ist einfach da. Sie liest vor, sie schweigt, sie hört zu. Die 70-Jährige begleitet schwerstkranke Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Und hat ein offenes Ohr für die Angehörigen. Zu Hause, im Krankenhaus, Heim oder Hospiz.

„Man bekommt unheimlich viel zurück“, sagt Brigitta Janßen. Die pensionierte Realschul-Konrektorin ist eine von 30 Ehrenamtlichen des ambulanten Hospizdienstes „Da-Sein“ der Diakonie Mark-Ruhr. Ohne Menschen wie sie müssten noch mehr Sterbende als ohnehin die letzten Schritte ihres Lebensweges allein gehen.

Immer mehr Hagener haben die Sorge, die letzten Wochen oder Monate allein zu sein. Ohne jemanden, der die Hand hält, der Trost spendet, zuhört oder Zeit für eine Aussprache hat. Statistiken zufolge geht für etwa 80 Prozent aller Menschen das Leben nicht im Familienkreis zu Hause zu Ende, sondern in den unterschiedlichsten Einrichtungen.

Viele Menschen sterben allein

Deshalb möchte der ambulante Hospizdienst der Diakonie, der seit sieben Jahren Schwerstkranke und Sterbende begleitet, sein Angebot erweitern und verstärkt Alten- und Pflegeheime einbeziehen.

Wie wichtig das ist, weiß Ellen Steinbach, als Koordinatorin neu dabei. Sie hat gut 30 Jahre als Altenpflegerin gearbeitet. „Ganz viele Menschen sterben heute allein“, sagt sie. „Bei den Rahmenbedingungen in den Altenheimen muss man sich Zeit für eine Sterbebegleitung herbeilügen.“ Zeit, die sie nun für die Sterbenden und ihre Familien hat: „Jede Biografie ist anders. Was man auf dem letzten Lebensabschnitt erfährt, das ist Zeitgeschichte und Gänsehaut pur“, sagt Steinbach.

Entlastung für Angehörige

Da sein möchten Mitarbeiter und Ehrenamtliche künftig auch mehr für ausländische Mitbürger. „Sie fallen in der letzten Lebensphase gerne in ihre Ursprungssprache zurück“, weiß Pfarrerin und Koordinatorin Antje Lauxmann. „Gerade für diese Menschen wäre es wunderbar, wenn sie sich mit ihrer Begleitperson in ihrer Muttersprache verständigen können, sei es auf Russisch oder Türkisch.“ Daher werden Ehrenamtler aus den unterschiedlichsten Nationen gesucht. Denn auch hier gilt: „Wir gucken individuell hin, was genau dieser Mensch braucht“, so Lauxmann.

Das kann Entlastung für die Angehörigen sein, damit diese mal durchschnaufen können. Oder es kann ein Gebet sein. „Unsere Arbeit ist zwar von christlichen Werten geleitet“, betont Lauxmann. „Aber niemanden wird unsere Einstellung übergestülpt. Wir arbeiten für alle Menschen, unabhängig von ihrer Konfession und Staatszugehörigkeit.“

Austausch unter Ehrenamtlern

Die Ehrenamtliche Brigitta Janßen ist seit sechs Jahren dabei. Sie war damals auf der Suche nach einer neuen Aufgabe. „Man bekommt mit auf den Weg, wie man mit Sterbenden und dem Tod umgeht“, blickt sie auf ihre Ausbildung zurück, in der sie intensiv vorbereitet wurde. Ein neuer Kursus für Ehrenamtliche beginnt kommende Woche.

Auch heute noch wird Brigitta Janßen begleitet und tauscht sich mit den anderen Ehrenamtlichen aus. Auch wenn ein Leben zu Ende gegangen ist. „Wenn eine Begleitung gut verlaufen ist und man demjenigen und der Familie etwas geben konnte, kann man das gut abschließen“, sagt die Rentnerin. Für das Verabschiedungsbuch der Ehrenamtlichen verfasst sie dann eine ganz persönliche Seite über ihre Begegnungen mit dem Verstorbenen. Bilder, Todesanzeigen, Texte erinnern an die Toten.