Hagen.
Es ist der schiere Horror, den sich nicht nur alle Eltern vorstellen können: Ein Kleinkind stürzt auf der Rolltreppe und gerät mit seinen Fingerchen zwischen die Stufen. Jetzt verpflichtete sich der Kaufhof vor dem Landgericht, 10.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen.
Dem vierjährigen Hamza war genau das am 13. November 2010 gegen 15.45 Uhr bei „Kidz Only“ in der Volme-Galerie passiert. Der kleine Junge fiel hin, glitt mit seiner rechten Hand in die Treppe. Zwei Finger wurden ihm dabei eingequetscht – Risswunden, offener Trümmerbruch, ein dritter Finger wurde abgerissen. Kurz darauf brachen Feuerwehrleute die Rolltreppe auseinander, ein Rettungshubschrauber landete direkt vor der Galerie.
Ringfinger musste amputiert werden
Doch der Ringfinger des Vierjährigen musste amputiert werden. Jetzt verpflichtete sich der Kaufhof vor dem Landgericht, 10.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. „Ein gerechter Interessenausgleich“, befand Jürgen Wrenger. Der Vorsitzende Richter der 8. Zivilkammer zeigte sich nach der Einigung voll des Lobes: „Beide Parteien haben sich hier sehr anständig verhalten.“
Dabei war es eigentlich die so beliebte Röhrenrutsche, die das Kind in die Unfallgefahr gelockt hatte: Sie schlängelt sich vom Erd- ins Untergeschoss und endet genau in der Spielwarenabteilung. Direkt nebenan befindet sich zwar eine Rolltreppe, doch die läuft in entgegengesetzter Richtung, so dass die Eltern ihren davonrutschenden Kindern nicht mehr folgen können.
Der kleine Hamza war in die Rutsche klettert, hinunter geglitten, wollte schnell wieder nach oben zu seiner Mutter. Dabei lief er spontan auf die Rolltreppe, die ihm entgegenkam und das verhängnisvolle Schicksal nahm seinen Lauf.
Verkehrssicherungspflicht verletzt
Rechtsanwalt Ingo Theissen-Graf Schweinitz (Eilpe), der jetzt das beachtliche Schmerzensgeld erstritt, erkennt darin ein System: „Durch die Rutschmöglichkeit wird vom Kaufhaus die überschießende Spielfreude von Kleinkindern geschickt ausgenutzt. Die Kleinen rutschen voller Übermut nach unten – direkt in die Spielwarenabteilung. Weil die Eltern ihnen über die entgegenkommende Rolltreppe aber nicht nachfolgen können, sind sie als Aufsichtspersonen von ihren Kindern erst mal getrennt.“
Und: „Durch die unbeaufsichtigte Phase entsteht dann die naheliegende Gefahr.“
So sahen es auch die Richter. Hier sei die Verkehrssicherungspflicht verletzt worden. Kaufhof-Geschäftsführer Domenico Scarfone: „Dass sich Kinder verletzen, liegt nicht in unserem Interesse. Deshalb haben wir die Rutsche nach dem Unfall sofort stillgelegt.“