Hagen. Weil ein Rohrreinigungsbetrieb für seine Arbeiten Strom bei Mietern abzapfte, klagte jetzt eine Frau vor dem Hagener Amtsgericht. Die Arbeiter hatten ihre Kühltruhe ausgestöpselt, die Lebensmittel verdarben. Am Ende überstiegen Anwalts- und Gerichtskosten die Entschädigung.
Munirah A. kennt ihre Rechte. Und sie lässt sich nicht alles gefallen. Als Hartz-IV-Empfängerin kommt es ihr auf jeden Cent an.
Aktenzeichen 11 C 329/09. Die Frau aus Wehringhausen verklagt vor dem Amtsgericht die Firma „Mission Rohrfrei”. Es geht um ein - wie sie behauptet - viel zu lange herausgezogenes Stromkabel und um 187 Euro Schadensersatz dafür.
Kanalsanierung mit Strom der Mieter
Im August vergangenen Jahres war der Rohrreinigungsbetrieb aus Herdecke mit Kanalsanierungsarbeiten in der Augustastraße beschäftigt. Erst wurde gespült und gefräst, dann eine Kamera durch die Abwasserrohre geschickt. Dazu benötigten die Firmenmitarbeiter Strom. Sie entnahmen ihn aus Steckdosen der Eigentümer und Mieter im Keller.
„Eine ganze Woche lang”, so beklagt Munirah A., „haben die meinen Strom abgezapft.” Firmenchef Andreas Nitzinger bestreitet eine länger dauernde Energieentnahme: „Allerhöchstens eine Viertelstunde, länger nicht.” Doch es geht der resoluten Frau nicht allein um die paar Euro für den Strom.
Schadensersatz für verdorbene Lebensmittel
An ihrer Seite sitzt Rechtsanwalt Ingo Buschmann (Herdecke) und verlangt Schadensersatz für verdorbene Lebensmittel. Durch den von den Rohr-Handwerkern unerlaubt und eigenmächtig gezogenen Stecker sei seiner Mandantin die Tiefkühltruhe abgetaut. Sie hätte aus Verzweifelung sogar die Polizei gerufen, doch die Ordnungshüter hätten sich für unzuständig erklärt und seien abgezogen.
Gerichtssprecher Till Deipenwisch kennt die lange Liste der aufgetauten Waren: „Fünf Kilo Lammfleisch, vier Kilo Rindfleisch, zehn Kilo Hähnchenschenkel und fünf Kilo Hähnchenflügel.” Er schluckt. „80 Frikadellen, zwei Packungen Wurst, zwei Pakete Fischstäbchen, eine Tüte Brechbohnen für 1,99 Euro.” Außerdem wurden noch 3,20 Euro verlangt - für Beweisfotos, die Frau A. von dem Malheur geschossen hat.
Kosten für Anwalt und Gerichtsgebühren
Richterin Susanne Wegner schlägt eine Einigung vor: „Die Firma zahlt die Hälfte, 90 Euro glatt. Damit ist dann alles erledigt.” Die Klägerin stimmt sofort zu: „Machen wir.”
Die Kosten für ihren Anwalt (124,95 Euro) und die Hälfte der Gerichtsgebühren (12,50 Euro) trägt übrigens die Allgemeinheit. Denn Munirah A. hatte Prozesskostenhilfe beantragt und auch bewilligt bekommen.