Hagen.

Moderne Solar- und Geothermie-Technologie sollten dazu beitragen, dass das Schumacher-Museum in Hagen eine jährliche Stromrechnung von maximal 45.000 Euro hat. Nun sind die Kosten expolidiert - auf 190.000 Euro.

„Umwelttechnologisch ist das Emil-Schumacher-Museum an der Spitze internationaler Museumsbauten.“ Mit dieser unbescheidenen Selbsteinschätzung wirbt das Kunstquartier für seine aus einem Mix aus Solar- und Geothermieanlage konzipierte Energietechnologie. Auf dem Reißbrett technisch toll, in der Realität bislang finanziell verheerend. Angesichts der davon galoppierenden Kosten soll jetzt mit Hilfe von nachträglich zu installierenden Stromzählern versucht werden, die größten Verbraucher herauszufiltern. Investitionsvolumen: weitere 60.000 Euro.

Lieber mehr Geld in die Technik stecken, dafür aber bei den laufenden Kosten sparen – so lautete das Credo, als der Rat sich einst für die hochkomplexe Anlage entschied. „Es ist ein Gebäude in Auftrag gegeben worden, welches durch Photovoltaik und Geothermie ein Nullenergiehaus sein soll“, erinnerte Baudezernent Thomas Grothe den Rat an seine einst gefassten Beschlüsse. Diese rosigen Zukunftsaussichten waren durch Gutachten und ein entsprechendes Vertragswerk der Stadt schriftlich zugesichert worden. Denn das federführende Ingenieurbüro hatte vorgerechnet, „dass der ausgeglichene Heiz- und Kühlenergiebedarf des Gebäudes durch die Geothermie abgedeckt ist. Der museumstypische hohe Strombedarf für die hochwertige Beleuchtung und elektrische Ausstattung wird in der Bilanz fast vollständig durch den Photovoltaik-Ertrag gedeckt.“

Theoretische Versprechungen werden in der Realität nicht erfüllt

Theoretische Versprechungen, die durch die Realität längst überholt wurden. Durch den Einsatz der 81 Erdsonden, die sich 99 Meter tief in Richtung Erdkern recken, sowie zwei Wärmepumpen sollte sich der Reststrombedarf auf maximal 45.000 Euro pro Jahr aufaddieren. Der Echtbetrieb hat jetzt jedoch gezeigt, dass die Stromrechnung sich auf erschreckende 190.000 Euro summiert – eine Kostenexplosion von ge­schmeidigen 422 (!) Prozent.

Worin die Ursachen für diese vernichtend peinliche Fehlkalkulation liegen und wer den tagtäglich wuchernden finanziellen Schaden zu verantworten hat, soll jetzt im Rahmen eines gerichtlich eingefädelten Beweissicherungsverfahrens geklärt werden. Dafür muss das Schumacher-Museum jedoch zunächst einmal technisch in einen Zustand versetzt werden, der differenziertere Strommessungen überhaupt zulässt. Bislang gibt es für das gesamte Objekt nur einen einzigen Stromzähler, der den Gesamtverbrauch festhält. Jetzt schlägt die Hagener Gebäudewirtschaft vor, zehn weitere Zähler (vier hy­draulische und sechs elektrische) nachzuinstallieren, um in eine qualifizierte Ursachenforschung einsteigen zu können.

Investition könnte sich schnell amortisieren

Zwar sind weitere 60.000 Euro für moderne Technologie zum Ermitteln belastbarer Verbrauchswerte wieder mal kein Pappenstil. Doch angesichts der horrenden Jahresstromkosten, die sich dann durch gezielte Maßnahmen vielleicht zumindest zu einem Bruchteil reduzieren ließen, geht die Stadt Hagen davon aus, dass sich diese nachträgliche Investition schnell amortisiert. Offen bleibt freilich, ob diese Nachrüstung während eines Beweissicherungsverfahrens nicht womöglich die Gewährleistungspflichten des Herstellers berührt und somit einen möglichen Schadensersatzanspruch ad absurdum führt. Eine Frage, die zunächst einmal die Juristen prüfen müssen. Bis dahin rauscht noch reichlich Strom durch den einzigen Zähler des Museums.