Hagen.

Die Skulptur „Rondell“, die bald über dem Platz vor dem Hagener Kunstquartier hängen soll, sorgt für rege Diskussionen. Zwar ist der Kronleuchter eine Schenkung an die Stadt, für diese also kostenlos, aber sollte man dieses Geschenk wirklich annehmen?

Die einen sprechen - natürlich hinter vorgehaltener Hand - von Tortenspitze, andere von hängengebliebener Weihnachtsbeleuchtung, der Künstler selbst tituliert das Objekt als Kronleuchter. Doch das Rondell wird - schließlich handelt es sich ja um eine Schenkung, sprich, die Stadt kostet der Spaß zur Abwechslung (vorerst) mal keinen Cent - von kunstbeflissenen Bürgern begrüßt. Und die Frage, ob eine Schenkung „aus Anstand“ angenommen werden muss oder nicht, wird in der Öffentlichkeit nicht laut diskutiert.

Es geht um den Sparda-Kunstpreis 2011, den die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda Bank West der Stadt Hagen zukommen lassen will. Im letzten Frühjahr war bei einer Ortsbesichtigung der Vorplatz des Kunstquartiers als Standort für die entstehende Skulptur ausgewählt worden. Im Vorfeld wurden sieben Künstler, die am Wettbewerb teilnehmen durften, von einer Jury bestimmt.

Sechs von neun Jury-Stimmen

Bis auf Künstler Andreu Alfaro, der aus Altersgründen absagte, erklärten alle ihre Bereitschaft zur Teilnahme. Für Alfaro rückte Raimund Kummer von der Reserveliste nach und erhielt für seinen Wettbewerbsbeitrag ­„Rondell“ sechs von neun Jury-Stimmen. Die Jury bestand aus vier Vertretern der Sparda-Bank bzw. der Stiftung, ferner einer Autorin, einer ehemaligen Mitarbeiterin der NRW-Staatskanzlei sowie drei Vertretern aus Hagen. Lokale Kompetenz sollten ins Spiel bringen Tayfun Belgin, Direktor des Karl-Ernst-Osthaus-Museums, Ulrich Schumacher, Vorsitzender der Schumacher-Stiftung, und Jürgen Glaeser, Bezirksbürgermeister Mitte. Da sich Ulrich Schumacher zum Zeitpunkt der Abstimmung auf Reisen befand, ließ er sich durch den damals noch amtierenden wissenschaftlichen Leiter des Schumacher-Museums, Alexander Klar, vertreten.

„Jeder Jury-Vertreter sollte seinen Favoriten bestimmen. Ich habe für die Licht­installation von Mischa Kuball gestimmt“, so Klar. Eine Skulptur fürs Kunstquartier bewerte er, Klar, als grundsätzlich nicht ganz unproblematisch, „schließlich wird der öffentliche Raum berührt“.

Aus Überzeugung

Für Jürgen Glaeser hingegen, der „aus Überzeugung“ für den Kronleuchter stimmte, wäre es eine Blamage für die Stadt Hagen und ein Affront gegen die Sparda Bank, die Schenkung nicht anzunehmen. „Als Laie kann ich über den Wert des Kunstwerks nichts sagen. Und ich streite auch nicht über Kunst.“

Maximal 100 Kilo schwer, im Durchmesser 3,40 Meter groß, licht- und wetterbeständig - so präsentiert sich das Rondell, eine Kopie des Jugendstil-Geländers im Osthaus-Museum. Künstler Kummer interpretiert sein Objekt, das von heimlichen Kritikern längst scherzhaft als „Taubendonnerbalken“ bezeichnet wird, als „einen Ort, an dem man gelenkt in den Himmel schauen kann“, als „Zugang zu einem imaginären Ort“, als „Ort, der positive Energie ausstrahlt“ und „an dem sich Wünsche erfüllen können“. Doch trotz esoterischer Untermauerung und Feng-Shui-Elementen sehen jene, die sich das Recht einräumen, auch einem geschenkten Gaul ins Maul schauen zu dürfen, die Architektur und Ästhetik des Platzes in Gefahr. Und ob sich die Tauben durch akustische Warnsignalgeber abschrecken lassen (in der Bahnhofshalle funktioniert’s jedenfalls nicht), darf bezweifelt werden. Nicht, dass aufgrund der hohen Frequenzen eher die großen Glasscheiben im Kunstquartier zerspringen . . .

Am 24. Februar entscheidet der Rat der Stadt Hagen über die Annahme der Schenkung „Rondell“.