Hagen. .

Am 21. Juli erwürgte Kurt D., ein 38-jähriger Mann aus Hagen, seine Freundin mit bloßen Händen. Seit gestern steht er vor dem Schwurgericht. Kurt D. wird Tötung auf Verlangen zur Last gelegt. Er behauptet, die Tote habe ihn um Hilfe gebeten: „Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Bitte töte mich.“

Kurt D. ist ein hagerer Typ. Er trägt seine langen dunklen Haare zum Zopf zusammengebunden. Ein Kinnbärtchen prägt sein Gesicht. Die Anstaltskleidung der JVA will so gar nicht zum Gesamteindruck passen, sie schlottert an dem mageren Körper. Seine Stimme klingt beizeiten weinerlich. Kurt D. scheint nicht nur Mitleid mit seiner toten Freundin zu haben, sondern auch mit sich selbst.

Als er am 23. Juli den Notruf wählte, war seine Freundin schon lange tot. „Sie wollte da zwei Tage liegen, damit sich ihre Seele vom Körper lösen kann.“ Er forderte die Polizei auf, einen Wagen zur Sunderlohstraße zu schicken, erklärte: „Meine Frau liegt tot im Bett.“ Als die Beamten eintrafen, fanden sie die Tote in einer vermüllten Wohnung. Die auf 35 Kilo abgemagerte Frau lag auf dem Bett, über ihr eine Decke. Eine psychisch Kranke, offenbar belastet durch ihre Vergangenheit. Bevor sie den Angeklagten kennen lernte, soll sie vergewaltigt, misshandelt und zur Prostitution gezwungen worden sein.

Noch am Tatort offenbarte Kurt D.: „Die Tatwaffe sind meine Hände.“ Er wurde festgenommen, sitzt seitdem in U-Haft. Auf seinem Computer wurden kinderpornographische Bilder -- und Fotos der Toten beim Sex mit ihm gefunden. Offensichtlich stand die Frau, die sich nach ihren Erfahrungen vor Sex eigentlich geekelt haben soll, unter Drogen, war nicht Herr ihrer Sinne, als der Angeklagte auf den Auslöser drückte.

Gestern beteuert Kurt D., sie habe ihn immer wieder gebeten, sie zu töten – nach gescheiterten Suizidversuchen. „Irgendwann habe ich gesagt, ich mache das für dich.“ Zunächst habe er ihr eine Überdosis Heroin verschafft. Sie habe überlebt. Beim nächsten Anlauf habe sie Heroin und Tabletten genommen – und sei wieder aufgewacht.

Am Tag ihres Todes habe sie eine Schale voll Tabletten wie Smarties eingeworfen und zu ihm gesagt: „Komm in einer Stunde noch einmal gucken. Lebe ich dann noch, dann drück zu. Danke.“ – „Ich habe ihrem Wunsch entsprochen“, betont er. Und: „Ich ertrug es nicht mehr, sie wach werden zu sehen – diese Panik in ihren Augen. Da habe ich gedacht, jetzt erlöse ich sie von ihrem Leiden.“ Er habe bei ihr gesessen, sie gestreichelt, dann habe er zugedrückt, mit den Händen und, als ihn die Kraft verlassen habe, mit einem Kissen. „Etwa zehn Minuten.“

Das Gericht muss nun klären, ob die Frau dazu in der Lage war, einen Willen zu bilden und zu formulieren. Das Verfahren wird am 1. Dezember fortgesetzt.