Hagen. Der Hass, die Proteste, die Unversöhnlichkeit: Gegen den Ungeist unserer Zeit setzen Schüler aus Hagen ein Zeichen: Sie feiern. Aus gutem Grund.

Radikale Positionen, unversöhnliche Standpunkte, Hass und Beleidigungen: Unsere Gesellschaft scheint immer mehr auseinanderzudriften. Vorbei die Zeiten, in den zwar auch heftig gestritten, aber die gemeinsamen Werte nicht in Frage gestellt wurden.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und der Überfall der Hamas auf Israel haben den öffentlichen Diskurs noch einmal zugespitzt. „Ständig wird auch bei uns in Deutschland demonstriert und gefordert, politische Inhalte werden pauschalisiert oder über social media zugunsten extremer Meinungsführer instrumentalisiert, Politiker werden angegriffen, und – wie in Hamburg vor kurzem – sogar ein Kalifat ausgerufen“, sagt Asgard Franz, Leiterin der Gesamtschule Haspe in Hagen: „Dies ist aus freiheitlich-demokratischer Sicht alles grenzwertig und vor allem negativ für Heranwachsende und Jugendliche.“

Luftballons, Fähnchen und Ausstellungen

Dieser Entwicklung wollte die große Schule im Westen von Hagen nun entgegentreten. Schüler und Kollegium feierten das Grundgesetz, das seit 75 Jahren besteht und die Grundlage für das Leben, wie wir es in Deutschland führen, bildet. „Ohne unser Grundgesetz würden wir im Chaos versinken“, sagt Amadeus Nsukami (17), Schüler aus dem elften Jahrgang: „Ohne Grundgesetz würde unsere Gesellschaft nicht mehr funktionieren.“

Die Schüler in Hagen ließen schwarze, rote und goldene Luftballons in die Luft steigen.
Die Schüler in Hagen ließen schwarze, rote und goldene Luftballons in die Luft steigen. © Alex Talash | Alex Talash

Die Schüler ließen schwarze, rote und goldfarbene Luftballons aufsteigen, servierten mit Deutschland-Fähnchen bespicktes Gebäck und erinnerten im Rahmen von Mitmachaktionen, Ausstellungen und Informationsständen daran, dass das Grundgesetz 1949 vom Parlamentarischen Rat verabschiedet wurde, um nach den Jahren der Nazi-Diktatur eine auf Demokratie, Sozialstaat und Rechtsstaatsprinzipien basierende Republik ins Leben zu rufen.

Zustimmung zu demokratischen Werten bröckelt

Doch die Zustimmung zu diesen Grundlagen scheint heutzutage mehr und mehr zu bröckeln. „Wer weiß noch, warum unsere Demokratie sich so bewährt hat? Was sind die Grundlagen, wo liegen die Grenzen des Tolerierbaren“, sagt Schulleiterin Franz: „So viele Migranten wollen und kommen jahrelang schon nach Deutschland, aber was sind die Werte, die unseren Staat und unser politisches System so ausmachen?“ Eine Einwanderungspolitik müsse diese Werte vermehrt in den Vordergrund stellen. Für alle aber gelte: „Sich zu informieren, sich partizipativ einzubringen, wahrlich in einen kulturellen Diskurs zu kommen über Werte und Grundfesten.“

Mit der Grundgesetz-Jubiläumsfeier möchte die Gesamtschule Haspe in Hagen ein Zeichen für die Demokratie setzen.
Mit der Grundgesetz-Jubiläumsfeier möchte die Gesamtschule Haspe in Hagen ein Zeichen für die Demokratie setzen. © Alex Talash | Alex Talash

Die dreitägige Jubiläumsfeier zum Grundgesetz, in die auch eine Podiumsdiskussion mit Hagener Politikern eingebettet war, sollte genau diesen Anspruch erfüllen und den Kindern und Jugendlichen der Gesamtschule das Grundgesetz präsent machen. „Mit unserer Happy-birthday-Feier möchten wir einen positiven Beitrag zu all diesen negativen Entwicklungen in der Öffentlichkeit beisteuern“, so Asgard Franz: „Das Grundgesetz bildet die Grundlage, dass alle bei uns leben, arbeiten und sich einbringen können.“

Um die Schüler mit dem mitunter zähen Thema vertraut zu machen, wurde u.a. ein Rapsong aufgeführt und ein Reel für Instagram gedreht. „Das hat es ielen von uns leichter gemacht, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, berichtete Janina Gjulijaj (17) aus dem elften Jahrgang: „Wir haben aber auch in verschiedenen Unterrichtsfächern darüber gesprochen, was Freiheiten und Rechte so mit sich bringen.“