Hagen. Der bekannte Physiotherapeut Steffen Barth gilt als Visionär. Der Müll in Hagen ärgert ihn dermaßen, dass er daraus Konsequenzen zieht.
Physiotherapeut Steffen Barth ist Visionär und Erfinder. In den sozialen Netzwerken klicken tausende Menschen auf seine Videos. Als umtriebiger Unternehmer erwägt der Mann, der in Eilpe sein Therapiezentrum betreibt, in seiner Heimat zu investieren. Aber der 72-Jährige macht sich zunehmend Sorgen um Hagen. Ein Gespräch über Müll, über heruntergekommene Quartiere und darüber, wer seiner Meinung nach die Verantwortung trägt.
Herr Barth - Sie arbeiten in Eilpe, Sie leben in der Innenstadt. Was bewegt Sie derzeit, wenn Sie auf Hagen blicken?
Ich bin seit 40 Jahren in Eilpe selbstständig, ich gebe 60 Menschen in Hagen einen Arbeitsplatz. Aber besonders die Entwicklung in den letzten Jahren erfüllt mich mit großer Sorge. Das Thema Sauberkeit beschäftigt mich schon lange. Aber jetzt frage ich mich zum ersten Mal, ob das noch der geeignete Standort ist, in den ich als Unternehmer investieren sollte.
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Aber warum?
Es geht mir um das Stadtbild. Hagen wirkt immer dreckiger, immer heruntergekommener, immer ungepflegter. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Eigentlich war es mein Plan, einen Gesundheitscampus hier am Standort zu gründen. Aber ergibt das angesichts dieser Entwicklung wirklich Sinn? Auch hatten wir erwogen, für unser zertifiziertes Medizinprodukt, eine weltweit anerkannte Hagener Erfindung, zusätzlich 30 neue Mitarbeiter einzustellen und auch unsere Logistik von Frechen nach Hagen zu verlagern, aber wenn ich sehe, wie das Stadtbild immer weiter verkommt, dann schrecke ich letztendlich doch zurück.
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Wie gewinnen Sie diese Eindrücke von Ihrer Heimatstadt?
Ich lebe und arbeite ja hier, gehe mit offenen Augen durch die Straßen. Aber wir behandeln hier in Eilpe auch Spitzensportler und Patienten, die aus anderen Städten und aus anderen Ländern eigens zu uns nach Hagen kommen, weil sie von unseren Methoden und Ansätzen überzeugt sind. Aber lassen Sie doch mal jemanden am Bahnhof Oberhagen oder am Bahnhof Wehringhausen aus dem Zug aussteigen. Der muss keine zehn Schritte machen und hat schon genug gesehen. Ich bin ja selbst geschäftlich viel unterwegs, habe Niederlassungen in Essen und in Zürich. Mir ist schon klar, dass der Vergleich hinkt, aber zwischen Hagen und der größten Stadt der Schweiz - da liegen Welten.
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Wie reagieren denn Ihre Besucher?
Nur ein Beispiel, das eigentlich alles sagt: Ich habe einen Geschäftspartner, der in einem Hotel in der Bahnhofstraße abgestiegen ist. Abends hatten wir uns zum Essen in einem Restaurant auf dem Elbersgelände verabredet. Er hat mich vorher angerufen und mir gesagt, dass er sich im Dunkeln allein nicht aus dem Haus traut. Ich bin dann hin und musste ihn vor dem Eingang abholen.
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Wo sehen Sie die Ursachen für die Entwicklung?
Eine ist mit Sicherheit, dass Hagen in meinen Augen völlig lieblos geführt wird. Niemand würde doch von einer Stadt, die einen solchen Schuldenberg hat, erwarten, dass alles immer top-saniert ist. Aber es muss doch zumindest sauber sein. Ich habe mich angesichts der Vermüllung in der Innenstadt vor einigen Wochen an den Bezirksbürgermeister gewandt. Bis heute habe ich nicht einmal eine Antwort erhalten. In der Bergstraße, in der ich selbst wohne, ist alles völlig versifft. Da liegt noch heute das Laub, das im letzten Herbst von den Bäumen gefallen ist.
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Auch den viel gelobten Mängelmelder habe ich bemüht, aber der funktioniert einfach nicht. Personen, die Meldungen weitergeben wollen, schaffen es einfach nicht, diese Plattform zu bedienen, oder Bilder und Videos lassen sich nicht hochladen. Es würde viel helfen, wenn eine Telefonliste veröffentlicht würde, welches Amt für welchen Bereich zuständig ist.
Wie kann man das Sauberkeits-Problem denn lösen?
Ich würde zumindest erwarten, dass die Stadt dort ordentlich säubert, wo sie selbst zuständig ist. Und dass sie Hausbesitzer in die Pflicht nimmt, die sich nicht um die Bereiche kümmern, für die sie Verantwortung tragen. Sprich, die Verantwortlichen der Stadt sollten dem Ordnungsamt den Auftrag erteilen, die Eigentümer bzw. Besitzer der Wohnhäuser mit Fristsetzung aufzufordern, die Vermüllung und den Wildwuchs zu beseitigen und ihre Bereiche sauber zu halten. Die Kosten für diesen zusätzlichen Aufwand müssen in Rechnung gestellt werden. Und letztlich muss das dann auch nachgehalten werden. Das wäre zumindest mal ein Anfang. Wir als Unternehmen sind einer der großen Steuerzahler in der Stadt. Aber als Gegenleistung kommt einfach nichts zurück.
Warum wenden Sie sich jetzt an die Öffentlichkeit?
Ganz einfach: Weil mir noch etwas an meiner Heimat liegt. Und weil ich nicht länger bereit bin, die Zustände einfach als gegeben hinzunehmen. Ich habe die Hoffnung, dass es in dieser Stadt noch andere Menschen - Bürger und auch Unternehmer - gibt, die genauso denken wie ich. Die möchte ich wachrütteln und dazu animieren, gemeinsam etwas zu unternehmen.