Hagen. Sie flohen vor dem Krieg und möchten sich ein Leben in Deutschland aufbauen: Im Westfalenbad Hagen finden die Ukrainerinnen einen neuen Job.

Tatiana Zawzna und Tetiana Berestovska lächeln zufrieden. Gerade ist noch nicht so viel zu tun. Aber das kann sich hier, an der Bar des Restaurants im Saunabereich des Westfalenbades, jede Sekunde ändern.

Sie sind dafür zuständig, dass der Betrieb reibungslos läuft. Die aufgenommenen Getränke-Bestellungen landen bei ihnen hinter der Theke und werden dann schnellstmöglich vorbereitet. „Wir sind super zufrieden und freuen uns, ihnen hier eine Chance geben zu können. Beide sind sehr zuverlässig“, sagt Andreas Dickhut, der mit seiner Familie nicht nur die Gastrobereiche im Westfalenbad, sondern auch das Café an der Fernuni sowie die Polizei-Kantine managt, zufrieden und lächelt.

Beide Frauen arbeiten hier schon seit mehreren Wochen - und das, obwohl sie nur gebrochen Deutsch sprechen. Sie sind mit ihren Kindern vor dem Krieg in der Ukraine geflohen.

Tetiana Berestovska und Tatiana Zawzna übergeben eine Bestellung an Servicekraft Aymenn Gharrad.
Tetiana Berestovska und Tatiana Zawzna übergeben eine Bestellung an Servicekraft Aymenn Gharrad. © WP | Laura Handke

Neuanfang in völlig fremder Stadt

„Mein 16-jähriger Sohn ist mit in Hagen, meine anderen Kinder sind noch in der Ukraine. Wir telefonieren regelmäßig“, erzählt Tetiana Berestovska (46). Sie ist vor gut zwei Jahren nach Deutschland geflohen, musste sich hier ein neues Leben aufbauen. Ein Neuanfang in einer völlig fremden Stadt.

Tetiana Berestovska arbeitet mittlerweile seit einigen Wochen im Restaurant im Saunabereich des Westfalenbades.
Tetiana Berestovska arbeitet mittlerweile seit einigen Wochen im Restaurant im Saunabereich des Westfalenbades. © WP | Laura Handke

Auch Tatiana Zawzna ist mit ihren beiden Töchtern aus ihrer Heimatstadt geflohen, hat sie vor dem tobenden Krieg in Sicherheit gebracht. „Wir kommen beide aus Sumy (eine 260.000-Einwohner-große Stadt im Nordosten der Ukraine), kannten uns aber vorher nicht“, erzählen die beiden Ukrainerinnen, die froh sind, nun einen festen Job in Hagen zu haben und langsam Anschluss zu finden. Auch untereinander verstehen sie sich gut.

Tatiana Zawzna freut sich, einen festen Job in Hagen gefunden zu haben. Sie wohnt hier mit ihren beiden Töchtern.
Tatiana Zawzna freut sich, einen festen Job in Hagen gefunden zu haben. Sie wohnt hier mit ihren beiden Töchtern. © WP | Laura Handke

Ein Fall, der beispielhaft zeigen soll, wie frühe Integration auf dem Arbeitsmarkt gelingen kann - trotz Sprachbarrieren -, ist Sascha Goldbach vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit überzeugt. Die Idee dahinter: nicht mehr jahrelang warten, bis Sprachkurse absolviert sind, sondern quasi ein „Training on the Job“, wie Agentur-Sprecher Ulrich Brauer erklärt: „Die Erfahrung zeigt, dass es klappt - im Arbeitsalltag lernt man die Sprache und die Menschen können viel früher zurück in eine Beschäftigung.“

Die Erfahrung zeigt, dass es klappt - im Arbeitsalltag lernt man die Sprache und die Menschen können viel früher zurück in eine Beschäftigung.
Ulrich Brauer - Sprecher der Arbeitsagentur in Hagen

Jobturbo der Arbeitsangentur

Bundesweit sind von rund 30.000 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit, die bisher in Arbeit gekommen sind, allein 14,3 Prozent in der Zeitarbeit beschäftigt. Mit einer Aktion („Jobturbo“) wollte die Arbeitsagentur diese Woche auf die regionalen Integrationschancen aufmerksam machen. Interessierten Bewerberinnen und Bewerbern wird damit ein niederschwelliges Angebot gemacht. Den Arbeitgeber-Service erreichen interessierte Unternehmen unter anderem unter 0800/4555520 (gebührenfrei).

Beide Seiten können profitieren

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und der Personalprobleme in vielen Branchen könne das für viele Betriebe eine Hilfe sein. „Wir hatten in den letzten drei Jahren mit Personalproblemen zu kämpfen. In diesem Jahr ist das zum ersten Mal kein Thema mehr“, blickt Andreas Dickhut auf die aktuelle Lage: „Unser Team ist schon seit Jahren bunt aufgestellt - wir haben viele Mitarbeiter mit verschiedensten kulturellen Hintergründen.“

Freuen sich über den Zuwachs im Gastro-Team (von links): Aymen Gharrad, Sven Schüler, Laura Dickhut, Andreas Dickhut und  Sascha Goldbach (Arbeitgeberservice) mit  Tetiana Berestovska und Tatiana Zawzna (vorne).
Freuen sich über den Zuwachs im Gastro-Team (von links): Aymen Gharrad, Sven Schüler, Laura Dickhut, Andreas Dickhut und Sascha Goldbach (Arbeitgeberservice) mit Tetiana Berestovska und Tatiana Zawzna (vorne). © WP | Laura Handke

Bei vielen Unternehmen seien Sprachbarrieren hingegen noch ein Ausschlusskriterium, „obwohl es aus unserer Sicht persönlich und fachlich passen könnte“, schildert Sascha Goldbach seine Erfahrungen.

In diesem Fall aber passte es. Ganz unkompliziert: Nach einem zweiwöchigen Praktikum konnten beide Frauen kurz hintereinander ihre neuen Vollzeit-Stellen im Restaurant im Saunabereich antreten. Für beide Seiten ein Gewinn.