Hagen. An 21 der 28 städtischen Grundschulen in Hagen gibt es bereits den Rhythmisierten Offenen Ganztag. Wir erklären das Modell und die Umsetzung.

Aus der Not haben die Grundschulen in Hagen eine Tugend gemacht: Um den Ausbau an Plätzen im Offenen Ganztag voranzutreiben, verfolgen 21 der 28 städtischen Lehranstalten inzwischen das Modell des rhythmisierten offenen Ganztags (ROG), bei dem Unterricht und Betreuung eng miteinander verzahnt sind. Die Klassenräume werden nicht nur für den Unterricht, sondern zugleich für die Betreuung genutzt.

Und weil die Erfahrungen mit dem rhythmisierten offenen Ganztag aus pädagogischer Sicht positiv bewertet werden, steigt die Bereitschaft weiterer Grundschulen in Hagen, diese Art des Ausbaus weiterzubetreiben. Durch die umfassende Nutzung der Räume wird das vorherrschende Platzproblem erheblich gemildert.

Das ROG-Modell, das durch einen Wechsel von Unterricht und OGS-Angeboten gekennzeichnet ist, wurde 2019 an drei Grundschulen in Hagen erprobt. Eigentlich wollte die damalige Schuldezernentin Margarita Kaufmann fünf Grundschulen in der Stadt zu Ganztagsschulen umfunktionieren, scheiterte mit diesem Vorhaben aber an rechtlichen Gegebenheiten und dem Veto der Bezirksregierung. Mit dem Rhythmisierten Offenen Ganztag brachte sie dann so etwas wie die Ganztagsschule durch die Hintertür nach Hagen, denn der ROG-Schultag dauert von 8 bis 15 Uhr.

Lernen und spielen im Klassenzimmer

Zudem werden dadurch, ohne dass eine einzige Baumaßnahme durchgeführt werden muss, zahlreiche neue OGS-Plätze geschaffen, an denen es in Hagen seit Jahren mangelt. Denn die Kinder einer ROG-Gruppe bleiben in ihrem Klassenraum. Betreut werden sie von einem multiprofessionellen Team, zu dem neben der Klassenlehrerin eine Erzieherin, eine Schulsozialpädagogin und die Schulsozialarbeiterin gehören können. Das gemeinsame Lernen wechselt sich mit Entspannung sowie kreativen und sportlichen Angeboten ab.

Um die Klassen aufteilen und den Klassenraum sowohl für den Unterricht als auch für spielerische Angebote nutzen zu können, wurden multifunktionale Möbel angeschafft, zum Beispiel Schränke auf Rollen. Diese sind flexibel einsetzbar und können als Raumteiler dienen.

900 Kinder im Rhythmisierten Ganztag

Zudem geht die Stadt mit ihrer Umsetzung des ROG den „Hagener Weg“. Jede Schule überlegt individuell, wie sich das Konzept vor Ort am besten umsetzen lässt, bestimmte Qualitätsstandards sind nicht vorgeschrieben. „Das ist auch gut so, denn die Schulen sind unterschiedlich, wir sollten flexibel bleiben“, betont Barbara Brück, Rektorin der Grundschule Henry van de Velde und Beraterin für den Ganztag in Hagen.

Schulleiterin Barbara Brück von der Grundschule Henry van de Velde in Hagen betont die Vorteile des Rhythmisierten Offenen Ganztags.
Schulleiterin Barbara Brück von der Grundschule Henry van de Velde in Hagen betont die Vorteile des Rhythmisierten Offenen Ganztags. © WP | Michael Kleinrensing

Mittlerweile werden in Hagen 900 Kinder im ROG betreut. In der „normalen“ Grundschule liegt die Regelstundenzahl eines Erstklässlers bei 21 bis 22 Wochenstunden, bei einem ROG-Kind sind es 30 Stunden. Das ist möglich, weil beispielsweise in der dritten Stunde eine Erzieherin die Klasse übernimmt und für die Schüler Entspannung, Vorlesezeit oder Spielen auf dem Programm stehen.

Pflichtstunden ausschließlich vormittags

Viele andere Varianten werden praktiziert, etwa Stiefelstunden, die die Kinder draußen verbringen. Im rhythmisierten Ganztag würden Lehrplanvorgaben und Bildungsgrundsätze eng verknüpft, sagt Barbara Brück: „Wir berücksichtigen Bewegung, Gesundheit, Sprache, Musik, Religion, Mathematik, Naturwissenschaften, Ökologie, Medien und soziale Bildung.“ Arbeits- und Entspannungsphasen würden sich kindgerecht abwechseln.

Die Kinder machen ihre Hausaufgaben in der Schule und erweitern ihre sozialen Kompetenzen, etwa Ordnung zu halten. Besonders für sozial benachteiligte Jungen und Mädchen ist der Ganztag wertvoll, leistet er doch einen großen Beitrag zur Integration und zur individuellen Förderung. Pflichtstunden werden ausschließlich vormittags gegeben, denn nicht alle Schüler besuchen den Ganztag, sondern gehen mittags nach Hause.

Dass sieben der 28 städtischen Grundschulen bislang nicht auf den ROG-Zug aufgesprungen sind, hat weniger mit Skepsis gegenüber dem Modell zu tun als vielmehr mit fehlender Ausstattung. Eine Schule ohne entsprechende Küchen- und Mensakapazitäten ist kaum in der Lage, ihr Ganztagsangebot zu erweitern. Und so bleibt der Ausbau der OGS-Betreuung in Hagen letztlich auch im ROG-Modell begrenzt.