Hagen. Immer mehr Schüler, immer weniger Plätze: Der Ausbau des Offenen Ganztags in den Grundschulen der Stadt Hagen steht auf der Kippe.

441 Kinder stehen in Hagen auf der Warteliste für den Offenen Ganztag der Grundschulen. Die schiere Zahl beweist bereits, dass die Lage in der Stadt dramatisch ist. Die Grundschulen können den Bedarf an OGS-Plätzen bei weitem nicht decken. „Ein Problem, das viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben“, sagt Nicole Pfefferer, Vorsitzende des Schulausschusses.

Am längsten sind die Wartelisten in Wehringhausen, sowohl an der Grundschule Emil Schumacher (61) als auch an der Grundschule Janusz Korczak (53) haben zahlreiche Schüler keinen Platz im OGS ergattern können. Aber auch in anderen Stadtteilen ist der Druck groß und die Warteliste lang: Grundschule Karl Ernst Osthaus im Hochschulviertel (41), Grundschule Hestert in Haspe (38), Grundschule Hermann Löns in Boelerheide (33), Grundschule Meinolf am Ischeland (28), Grundschule Geweke in Haspe (21), Grundschule Boloh und Gebrüder-Grimm-Schule in Eckesey (je 16).

Insgesamt werden an den 28 städtischen Grundschulen in Hagen derzeit 7700 Jungen und Mädchen unterrichtet, für sie stehen 3550 OGS-Plätze zur Verfügung. Das entspricht einer Quote von 46,4 Prozent. Nach wie vor peilt die Stadtverwaltung jedoch eine Betreuungsquote von 80 Prozent an. Auf das aktuelle Schuljahr bezogen würde das bedeuten, dass in Hagen rund 2600 OGS-Plätze fehlen.

Ab 2026 besteht ein Rechtsanspruch auf den OGS

Das gesamte System des Offenen Ganztags steht gehörig unter Druck. Ab 2026 haben Eltern in Nordrhein-Westfalen einen Rechtsanspruch auf Unterbringung ihres Kindes im OGS. Dieser Rechtsanspruch gilt zunächst nur für die erste Klasse, weitet sich aber in den folgenden Jahren auf die nachrückenden Jahrgänge aus. Weil die Landesregierung bislang jedoch keine gesetzliche Planungsgrundlage geschaffen hat, sieht die Stadt Hagen den Ausbau des Offenen Ganztags und sogar die rechtzeitige Umsetzung des Rechtsanspruchs gefährdet. „Das Land schiebt die Verantwortung komplett auf die Kommunen ab“, so Nicole Pfefferer.

Nach der ursprünglichen Planung sollte der Offene Ganztag in Hagen jährlich um 300 bis 500 Plätze ausgebaut werden. Derzeit ist aber nicht einmal die Betreuung für das kommende Schuljahr unter Dach und Fach. Grund: Die Verhandlungen mit den OGS-Trägern - Caritas, evangelische Jugendhilfe Iserlohn-Hagen sowie evangelische Jugend im Kirchenkreis Hagen - sind ins Stocken geraten. Die Verbände fordern eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung, die aktuelle geltenden Verrechnungssätze betrachten sie als nicht existenzsichernd.

Personalkosten werden deutlich steigen

Die Gewinnung von neuem Personal bedeutet für die Verbände ebenfalls eine ständige Herausforderung, da sich der Fachkräftemangel immer stärker bemerkbar macht. Sowohl durch die Verknappung des Angebots als auch durch die steigende Anzahl an benötigten Fachkräften ist laut Stadtverwaltung in den nächsten Jahren von einer deutlichen Steigerung der Personalkosten auszugehen.

Die Stadt Hagen hat den Trägeranteil bereits für ein Jahr übernommen, ist aber mit ihrem finanziellen Latein ebenfalls am Ende. Je nachdem wie die Gespräche ausgehen, wird es in Hagen 2024/25 keinen nennenswerten OGS-Ausbau geben. Um unabhängiger von Land und Trägern agieren zu können, findet die OGS-Betreuung an der neu erbauten Grundschule in Wehringhausen erstmals in kommunaler Trägerschaft statt.

Trotz der Arbeitsbedingungen, die nicht zuletzt durch die weiterhin stark steigenden Schülerzahlen erschwert würden, seien Engagement und Motivation von Schulen und OGS-Trägern in Hagen enorm, hebt die Stadtverwaltung hervor. Eine nennenswerte Verbesserung der Rahmenbedignungen erwartet mittelfristig niemand im Rathaus.