Hagen. Die Polizei informiert in sozialen Netzwerken über ihre Arbeit in Hagen. Warum es wichtig ist, bei großen Lagen rechtzeitig nach draußen zu gehen.

Es gibt dieses Halloween-Beispiel. Ein Fall, über den auch diese Zeitung berichtet hat. Es ist die Macht der Bilder, die manchmal eine Rolle spielt. Hinzu kommen der Faktor Zeit und die Geschwindigkeit, mit der sich Nachrichten über soziale Netzwerke verbreiten. An Halloween 2022 haben sich in den sozialen Netzwerken Videos von brennenden Kartons in der Hagener Innenstadt verbreitet. Und so war der Eindruck entstanden, die Polizei sei mit der Lage überfordert. „Das Gegenteil war der Fall“, sagt Tino Schäfer, Leiter der Pressestelle der Polizei Hagen. Das Beispiel aber zeigt, wie komplex die Aufgaben für Schäfer und die drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Dienststelle in den letzten Jahren zunehmend geworden sind. Ein Interview über die Bedeutung der Arbeit der Pressestelle der Polizei.

Bleiben wir beim Beispiel Halloween - warum haben die Videos mit den brennenden Kartons vieles überlagert?

Unser Ziel ist es eigentlich immer, vor der Lage zu sein, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, um dann darauf reagieren zu können. Wir verschweigen grundsätzlich Dinge nicht und sind als Polizeibehörde zu wahrheitsgemäßen Auskünften gegenüber den Medien verpflichtet. An Halloween aber waren wir im Hinblick auf die medialen Entwicklungen, insbesondere in den sozialen Netzwerken, hinter der Lage. Es haben sich Aussagen verbreitet, die nicht der Wahrheit entsprochen haben. Wir hatten nicht mehr die Deutungshoheit und waren im Nachhinein dem Vorwurf ausgesetzt, wir würden die Ereignisse kleinreden. Wir hatten das Gefühl, viele wollten die Wahrheit gar nicht mehr hören, da sie sich nicht als dramatisch dargestellt und somit nicht der Meinung in den sozialen Netzwerken entsprochen hat.

Aber es ist doch ein Einkaufswagen vor einen Bus geworfen worden...

Ja, es gab wie gesagt einige wenige brennende Kartons und auch einen Einkaufswagen, der vor einen Linienbus geworfen wurde. Das ist in keiner Weise zu tolerieren. Wir waren allerdings als Polizei gut auf die Halloweennacht vorbereitet und schnell vor Ort. So hatten wir die Lage nach sehr kurzer Zeit im Griff. Der Eindruck, der entstanden ist, war aber durch die kurzen Videosequenzen ein anderer. Fakt aber ist: Es ist kein marodierender Mob durch die Straßen gezogen. Bei dem, was passiert ist, waren nur wenige Einzeltäter beteiligt und sehr viele haben zugesehen. Wenn sich Dinge falsch verbreiten, dann wird das auch absolut nicht unseren Kolleginnen und Kollegen gerecht, die eine hervorragende Arbeit leisten.

Halloween 2022: Ein Einkaufswagen liegt quer, Feuerwerkskörper sind gezündet. Solche Bilder machten in sozialen Netzwerken die Runde.
Halloween 2022: Ein Einkaufswagen liegt quer, Feuerwerkskörper sind gezündet. Solche Bilder machten in sozialen Netzwerken die Runde. © Privat | Privat

Gegenbeispiel: In welchem Fall ist es denn gelungen, deutlich zu machen, welch positive Effekte Polizeiarbeit hat?

Blicken wir auf unsere Schwerpunkteinsätze rund um den Bahnhof, in Altenhagen oder in Wehringhausen. Immer wieder berichten wir proaktiv über erfolgreiche Kontrollen, die wir als Polizei gemeinsam mit unseren Sicherheitspartnern durchführen, um auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen zu steigern. Das Feedback, das wir darauf erhalten, ist extrem positiv. Und ich kann sicher sagen: Wir werden da nicht nachlassen. Diese Bereiche bleiben ein klarer Fokus unserer Arbeit.

Schwerpunkt Hauptbahnhof Hagen: Die Polizeikontrollen und die verstärkte Präsenz sollen das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen erhöhen.
Schwerpunkt Hauptbahnhof Hagen: Die Polizeikontrollen und die verstärkte Präsenz sollen das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen erhöhen. © Hagen | Michael Kleinrensing

Sie sind als Polizei der wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet. Birgt das nicht Konfliktpotenzial?

Es gibt für uns als Pressestelle diesen Leitsatz: Wir sagen nicht alles, was war. Aber alles, was wir sagen, ist wahr. Daran halten wir uns immer. Wir sind eine privilegierte Quelle. Wir wollen schnell und umfassend informieren, arbeiten aber immer faktenbasiert und beteiligen uns daher nicht an Spekulationen. Tatsache ist aber auch, dass wir Ermittlungsverfahren durch unsere Auskünfte nicht gefährden dürfen. Es kann ermittlungstaktische Gründe geben, die dagegen sprechen, bestimmte Angaben zu einem Sachverhalt der Öffentlichkeit preiszugeben oder auch generell hierüber zu berichten.

Welche Rolle spielt denn die Geschwindigkeit, mit der Nachrichten von der Polizei veröffentlicht werden?

Eine enorme. Und das hat sich in den letzten Jahren extrem gewandelt. Wenn beispielsweise an einem Freitagabend in der Stadt etwas Herausragendes passiert, dann können wir darauf nicht erst am Montag reagieren. Dann müssen wir als Pressestelle sofort tätig werden und oftmals auch direkt zu Ereignisorten fahren. Nicht selten mitten in der Nacht oder am Wochenende. Deswegen sind wir für unsere Leitstelle über eine Rufbereitschaft immer alarmierbar.

Welche Kanäle nutzen Sie denn dafür aktiv?

Wir sind in den sozialen Netzwerken auf Facebook, auf Instagram, auf X (ehemals Twitter) und neuerdings auch mit einem eigenen WhatsApp-Kanal unterwegs. Dazu kommen die Pressemitteilungen, die wir tagtäglich veröffentlichen. Wir blicken in unserer Auswertung jeden Tag auf sämtliche polizeilich relevanten Sachverhalte in Hagen, bewerten diese und entscheiden, ob und wie wir darüber berichten.

Nur Hagen?

Nein. Bei Kapitalverbrechen ist das Hagener Präsidium als Kriminalhauptstelle zuständig für den Märkischen Kreis, den Kreis Olpe, den Kreis Siegen-Wittgenstein und den Ennepe-Ruhr-Kreis. Das sind in der Summe 1,4 Millionen Menschen in unserem Zuständigkeitsbereich. Diese Zuständigkeit gilt auch für den Bereich der Kinderpornografie, für politisch motivierte Straftaten und die organisierte Kriminalität. In diesen Fällen übernimmt die Pressestelle Hagen die polizeiliche Pressearbeit. Ganz wesentlich für uns ist in diesem Zusammenhang die Pressehoheit der Staatsanwaltschaft, die insbesondere bei Verbrechenstatbeständen greift. Unsere Meldungen stimmen wir dann immer mit einer Staatsanwältin oder einem Staatsanwalt ab. Von einem Verbrechen sprechen wir dann, wenn das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorsieht.

Gerade in sozialen Netzwerken wird in Kommentaren immer wieder beklagt, dass die Lage in Hagen immer schlimmer werde. Wie blicken Sie darauf?

Natürlich kann eine so pauschale Aussagen niemals richtig sein und man muss sich immer sehr genau die verschiedenen Facetten der Kriminalitätsentwicklung ansehen. Richtig ist aber, dass den Menschen dieselben Kriminalitätssachverhalte auf unterschiedlichen Kanälen immer wieder begegnen. Viel häufiger, als das früher der Fall war. Dies kann letztlich zu diesem Eindruck führen. Deswegen ist es uns ein wichtiges Anliegen, auch positive polizeiliche Nachrichten, die es ja immer wieder gibt, zu veröffentlichen. Sei es die Festnahme von Tätern oder die Aufklärung einer Straftat, seien es Kontrollen, mit denen wir unsere Präsenz dokumentieren oder seien es Erfolge, wenn es uns zum Beispiel gelingt ein Menschenleben zu retten. Letztlich arbeiten alle Beschäftigten in unserer Behörde jeden Tag für eine gute Sicherheitslage in unserem Zuständigkeitsbereich, dass Straftaten verhindert oder aufgeklärt und Gefahren erfolgreich abgewehrt werden.