Hagen. Seit der Jahrhundertflut im Juli 2021 steht der 17-stöckige Hochhaus-Turm der Arbeitsagentur Hagen leer. Jetzt gibt es einen Kaufinteressenten.
Ein Käufer für den leerstehenden, 75 Meter hohen Turm der Arbeitsagentur Hagen scheint gefunden: Im Grundbuch hat sich für die prominente, stadtbildprägende Immobilie jetzt die City Best Hotel Hagen Vermögensverwaltungs-Gesellschaft aus Ludwigsfelde nahe Berlin für eine Eigentumsübertragung notariell vormerken lassen. Der Kaufpreis für das 17-stöckige Objekt mit einer Grundfläche von etwa 19.000 Quadratmetern soll nach Informationen der Stadtredaktion bei nicht einmal einer halben Million Euro liegen.
Zurzeit ist noch offen, ob die Stadt Hagen bei dem Deal rund um das höchste Innenstadt-Gebäude auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Das dazugehörige standardisierte Verwaltungsverfahren nimmt in der Regel mehrere Wochen in Anspruch. Doch jüngste Signale aus dem Rathaus lassen kaum vermuten, dass die klamme Stadt sich das für die künftige Stadtentwicklung sicherlich äußerst relevante Grundstück mit dem allerdings umso sanierungsbedürftigeren Hochhaus darauf ans Bein binden möchte.
Bleibe für Monteure
Die „City Best Hotel Group” gehört keineswegs zu den Premium-Anbietern der Übernachtungsbranche. Will sie auch gar nicht sein, wie sie im Internet betont: „Die Nr. 1 der Monteurhotels in Berlin und Umgebung“, rühmt sich Geschäftsführer Markus Kühne der Herr über neun Häuser, 300 Zimmer und 1000 Betten zu sein – alles ab 16 Euro pro Nacht.
Dabei sind die dort präsentierten Einzel- und Gruppenunterkünfte mit Gemeinschaftsküchen und Sanitärangeboten auf dem Flur angesichts ihres spartanisch-zeitlosen Interieurs mit Stahlrohr-Betten und Spind-Möblierung nichts für Genusssüchtige. Die Verpflegungen sichern häufig Kantinen und Einkaufsmöglichkeiten im Umfeld ab.
Auch interessant
Bislang beschränkt sich der Aktionsradius der Gesellschaft im Wesentlichen auf die Hauptstadt sowie den Brandenburger Speckgürtel, wo der Hotelier bevorzugt die Nähe zum Berliner Flughafen sowie Logistik-Hotspots wie DHL-Verteil- und Güterverkehrszentren sowie Amazon oder Tesla sucht.
Zu seinen Hagener Ambitionen möchte sich Kühne, der die Recherchen der Stadtredaktion grundsätzlich bestätigt, derweil noch nicht äußeren: „Da es sich aktuell noch um ein schwebendes Verfahren handelt, wurde mit sämtlichen Beteiligten Stillschweigen vereinbart“, beantwortet er eine erste Anfrage zu seinen Investitionsabsichten und den konzeptionellen Ideen.
Immenser Sanierungsstau
Seit dem Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021, bei dem die Volme nicht bloß durch die Tiefgarage sowie das Erdgeschoss des Baus spülte und damit die gesamte im Keller untergebrachte Technik zerstörte, steht der Bau für Arbeitsagentur und Jobcenter nicht mehr zur Verfügung.
Ursprünglich hatte die federführende Nürnberger Bundesagentur den bei der Jahrhundertflut entstanden Schaden an dem anthrazitfarbenen Verwaltungsturm, der die Hagener Silhouette dominiert, noch auf 12,5 Millionen Euro geschätzt. Doch schnell stellte sich heraus, dass neben einer Sanierung auch eine Verlagerung der Technik auf das Dach des Berufsinformationszentrums geboten sei, so dass die absehbaren Baukosten schnell über die 15-Millionen-Euro-Schwelle schnellten.
Angesichts der jüngsten Lieferkettenprobleme und Baukostenexplosionen war zuletzt sogar von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag die Rede, um den Turm, dessen Grundstein am Valentinstag 1980 gelegt wurde, zeitgemäß zu ertüchtigen. Damit erreichte das Projekt Dimensionen, die der Hagener Immobilienkaufmann Udo Krollmann bereits frühzeitig hochgerechnet hatte. Er bezifferte den Sanierungsbedarf des Objektes sogar auf 2000 Euro/qm, so dass unter dem Strich eine Summe von 40 Millionen Euro gestanden hätte. „Das ist einfach unwirtschaftlich“, winkte Krollmann dankend ab.
Bereits vor der verheerenden Flut gab es in dem Bau diverse Wasser- und Frostschäden, und auch die Unzuverlässigkeit der Aufzüge sowie die Kapriolen der im Turm verbauten Klimatechnik waren immer wieder Stadtgespräch. Zuletzt wurde noch an der Kuppel in luftiger Höhe herumgedoktert, weil Feuchtigkeit über das Dach in das Gebäude eindrang.
Vor diesem Hintergrund entschied die Bundesagentur, ihre Hagener Dependance zum Verkauf anzubieten. Ein zäher Prozess, der sich jetzt schon mehr als zweieinhalb Jahre hinzog und nach Recherchen der Stadtredaktion auch nur zu einem einzigen verbliebenen seriösen Interessenten führte.
Agentur sucht neue Bleibe
Die Hagener Arbeitsagentur ist derweil an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet vorzugsweise in Provisorien untergeschlüpft. Während das Jobcenter am Graf-von-Galen-Ring ein neues, modern gestaltetes Zuhause fand, siedelte das Gros der Arbeitsagentur-Belegschaft in die ehemalige Nordwest-Immobilie an der Berliner Straße um. Darüber hinaus findet sich in der Mariengasse noch eine Anlaufstelle für den persönlichen Erstkontakt, während das Service-Center (Telefonie) im ehemaligen Douglas-Verwaltungssitz in Bathey ein neues Domizil fand. Die Jugendberufsagentur wird in Kürze ebenfalls am Bahnhof ihr Zuhause finden.
Agentur-Chef Katja Heck, die mit ihrem Team in ihrer Interimsbleibe in Kückelhausen viele Kompromisse eingeht, hofft derweil weiterhin, in Hagen in einer Bestandsimmobilie eine langfristige Perspektive zu finden: „Wir suchen Büroflächen von 7000 Quadratmetern plus X“, möchte sich Heck in Zeiten von New-Work-Welten, Homeoffice und Desk-Sharing durchaus deutlich kleiner setzen. Dennoch sind solche Objekte in Hagen in verkehrsgünstiger Lage (Parken und ÖPNV) nur schwer zu finden. „Die Bundesagentur wir im nächsten halben Jahr ein Markterkundungsverfahren durchführen“, beschreibt sie den weiteren Prozess. Wenn dies scheitert, bestehe noch immer die Chance, über ein Investorenmodell einen Neubau zu beziehen, in den die Arbeitsagentur sich langfristig einmietet. Dieser muss jedoch nicht zwingend in Hagen stehen, denn zum Zuständigkeitsbereich der Behörde gehört bekanntlich ebenso der Ennepe-Ruhr-Kreis.