Hagen. Nach den erheblichen Flutschäden ist der schwarze Hochhaus-Turm der Arbeitsagentur nicht nutzbar. Ob die Behörde dorthin zurückkehrt, ist offen.
Noch geht auf sämtlichen Etagen des schwarzen Turms der Hagener Arbeitsagentur noch nicht einmal das Licht an. Seit die Starkregenfluten im Juli die Tiefgarage und das Entree der höchsten Immobilie der Stadt geflutet haben, liegt dort die gesamte Technik brach. Während die einzelnen Abteilungen des Hauses – durch Corona längst eingeübt – weiterhin im Homeoffice oder in verschiedenen provisorischen Außenstellen ihre Aufgaben erledigen, prüft derweil die Zentrale in Nürnberg, ob es wirtschaftlich überhaupt noch Sinn macht, in die angestammte Immobilie in Hagen wieder zurückzukehren. Eine endgültige strategische Entscheidung über den weiteren Weg wird in der ersten Jahreshälfte 2022 erwartet.
Natürlich war es Anfang September kein Zufall, dass der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele, nach den Katastrophentagen in Hagen persönlich vorbeischaute, um durchaus schockiert das bundesweit höchste, aber leider auch am stärksten vom Hochwasser betroffene Agenturgebäude in Augenschein zu nehmen. Zusammen mit der für Personal und Finanzen verantwortlichen Nürnberger Vorständin Christiane Schönefeld werden er und weitere für die Verwendung und Beitrags- und Steuergelder Verantwortliche abwägen müssen, ob die künftige Repräsentanz der Arbeitsagentur an der Körnerstraße selbst nach einer millionenschweren Sanierung noch eine Zukunft hat oder im Rahmen eines Investoren-Modells ein komplett neuer Standort – beispielsweise auf dem Westside-Areal – bessere Service-Perspektiven für Kunden bietet.
Denn das 17-stöckige Gebäude mit einer Fläche von gut 19.000 Quadratmetern, dessen Grundstein am 14. Februar 1980 gelegt wurde, musste immer wieder aufwendig dem Standard der Zeit angepasst werden. Schon vor den Fluten gab es Wasser- und Frostschäden, die Unzuverlässigkeit der Aufzüge war – ähnlich wie die Kapriolen der Klimatechnik – immer wieder Stadtgespräch.
Nicht von ungefähr ist bis heute die Dachkuppel eingerüstet: Dort wurde zuletzt eine Fachfirma bei den Arbeiten, Undichtigkeiten am Dach zu beheben und dabei eine neue Fassade des technischen Aufbaus zu installieren, jäh von den Flutfolgen – und zuweilen schon durch Corona - ausgebremst.
Kundengeschäft in Onkologie
„Unsere jetzigen Anmietungen sind alles nur Zwischenlösungen“, wartet Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Hagener Arbeitsagentur, zurzeit das Richtungssignal aus Nürnberg ab. Wohl wissend, das sowohl für eine Sanierung des Turmes als auch die mögliche Investition in eine komplett neue Dependance an einem anderen Standort vier bis fünf Jahre ins Land ziehen werden. Bis dahin wird das gesamte unterminierte Kundengeschäft im einstigen St.-Marien-Hospital erledigt.
Hier wurde die einstige onkologische Praxis mitsamt OP- und Röntgen-Räumen vom Besitzer, Immobilienkaufmann Udo Krollmann, in einen schmucken, provisorischen Service-Bereich verwandelt. Mit den übrigen operativen Bereichen (z.B. Arbeitsvermittler, Rehaberatung oder auch Arbeitgeber- und Leistungsservice), zieht die Arbeitsagentur hingegen nach Haspe: Ab 1. Februar 2022 möchte Katja Heck mit ihren gut 300 Kollegen in das seit sechs Jahren leerstehende Nordwest-Verwaltungsgebäude an der Berliner Straße ziehen.
Die 110 Mitarbeiter des Jobcenters, die zuletzt ebenfalls im schwarzen Turm sich um ihr Klientel kümmerten, werden im Verlauf des ersten Halbjahres 2022 neue Büros in den bisherigen bzw. neuen Gebäuden des Jobcenters beziehen.
Neben den von den Fluten ebenfalls betroffenen Jobcenter-Immobilien am Ring sowie am Berliner Platz werden die Mitarbeiter von Geschäftsführer Holger Schmitz in die Krollmann-Immobilien an der Ecke Galen-Ring/Hugo-Preuß-Straße (ehemals Belindas Pub) ziehen. In der angrenzenden Diskothek sollen zudem die Berater der gemeinsamen Jugendberufsagentur eine neue Heimat finden.
Jobcenter bündelt seine Kräfte
In der Jobcenter-Zentrale am Hauptbahnhof, wo in den Kellerräumen ebenfalls das Volme-Wasser stand, laufen derweil die Sanierungsarbeiten auf Hochtouren. „Der Teppich und Estrich sind raus, der Strom kommt in dieser Woche“, skizziert Schmitz die Situation. Der neue Heizkessel wird Anfang November erwartet, die Installation dauert zwei weitere Wochen, die IT folgt Ende November. „Ich hoffe, dass wir Anfang Dezember dort wieder persönliche Gespräche führen können“, verweist der Geschäftsführer darauf, dass Notstromaggregate schon jetzt drei Besprechungsräume für den direkten Dialog am Graf-von-Galen-Ring möglich machen. „Unser Hauptgeschäft bleibt die persönliche Beratung“, betonen Heck und Schmitz unisono – an welchem Standort auch immer.
Und was wird aus dem Turm, wenn er von der Arbeitsagentur nicht mehr benötigt wird? Zurzeit steht erst einmal die Sicherung des Gebäudes im Vordergrund, um Schimmelbildung zu vermeiden und vor dem Winter wieder Strom und Heizung in Gang zu setzen.
Also keine Sprengung? „Es gibt schon Interessenten“, bleibt Katja Heck mit einem charmanten Schmunzeln bewusst geheimnisvoll.