Hagen. Familie Thonfeld aus Hagen schafft mit ihrer Modelleisenbahn eigene Welten. Das Geheimnis eines Projektes, das Generationen verbindet.

Was sie verbindet: Beide beginnen mit einem „B“. Und beide liegen am Meer. Ansonsten trennt die Wand der Berliner Mauer gleich zwei Welten. Bornholm auf der einen Seite. Die Bretagne auf der anderen. Die Wand zeigt aber keine Graffiti. Sie bildet den Horizont einer Landschaft, die Peter und Luca Thonfeld gemeinsam geschaffen haben.

Das pralle Leben am Hafen der LGB-Anlage: Diese Welt ist im 3-D-Drucker der Thonfelds entstanden.  
Das pralle Leben am Hafen der LGB-Anlage: Diese Welt ist im 3-D-Drucker der Thonfelds entstanden.   © WP | Michael Kleinrensing

Bornholm und die Bretagne - das sind nur zwei von mehreren Welten, die die Familie Thonfeld hat entstehen lassen. Durch Bilder, die in Urlauben entstehen und im Kopf Gestalt annehmen, durch eigene Kreativität und durch einen 3-D-Drucker, der im Keller seine Arbeit millimeter- und maßstabsgetreu nach Fotos und technischen Zeichnungen verrichtet. Der Drucker druckt Menschen, die Bornholm und die Bretagne bevölkern, Autos, die auf den Straßen fahren, und Gebäudeteile, die auf den Anlagen zu einem großen Ganzen zusammenwachsen.

Pünktlich in der Bretagne

Das macht die Modelleisenbahn-Welten der Thonfelds so besonders: Manches von dem, was hier steht und rollt, kann man weder im Internet bestellen noch im letzten verbliebenen Fachgeschäft der Region (Modellbau Pelzer in der Potthofstraße in Hagen) kaufen.

Eisenbahn - dieses Hobby verbindet bei uns Generationen.
Peter Thonfeld - Modelleisenbahner

LGB im Keller: Züge, die auch im Garten fahren können, haben im Winter ihren Platz im Inneren des Hauses von Familie Thonfeld. 
LGB im Keller: Züge, die auch im Garten fahren können, haben im Winter ihren Platz im Inneren des Hauses von Familie Thonfeld.  © WP | Michael Kleinrensing

Luca, gerade acht Jahre alt, dreht langsam am Knopf der Steuerung. Am Bahnhof Bornholm stößt die kleine Dampflok (Spur N als Schmalspurbahn auf Schienen der Spur Z, vielleicht so groß wie eineinhalb Haselnüsse) schubartig Rauch aus, setzt sich in Bewegung, fährt vorbei an einer Fischräucherei und einer Windmühle, saust durch eine Öffnung im Horizont, um schon Sekunden später in der Bretagne anzukommen. Pünktlich - versteht sich.

Gartenbahn erwacht aus Winterschlaf

Luca, der Lokomotivführer, ist nur einer von vielen Thonfelds, die in selbst geschaffene Welten abtauchen. Lucas Schwester Sophia (7) zählt dazu. Papa Stephan und Opa Peter ebenso. Es sind Welten, die sich im Keller befinden und die bis tief in den Garten hinein reichen, wo dieser Tage ein Frühjahrsputz ansteht, damit die LGB (Lehmann-Garten-Bahn) dort nach der Winterpause wieder den Fahrbetrieb aufnehmen kann.

Aber das Im-Kreis-Fahren ist eigentlich das Langweiligste. Die Faszination liegt im Basteln. Darin, Neues entstehen zu lassen.
Stephan Thonfeld - Modelleisenbahner

Eine Dampflok im Rohbau: Thonfelds lassen Fahrzeuge, Menschen und Gebäude entstehen.
Eine Dampflok im Rohbau: Thonfelds lassen Fahrzeuge, Menschen und Gebäude entstehen. © WP | Michael Kleinrensing

„Eisenbahn - dieses Hobby verbindet bei uns Generationen“, sagt Peter Thonfeld (Spitzname „Die Kellerassel“) und widerspricht damit vehement jenen, die diese ebenso verzaubernde wie kostspielige Beschäftigung angesichts einer immer digitaler werdenden Konsolen- und Gaming-Welt, durch die Kinder und Jugendliche wandeln, längst totgesagt haben.

Unzählige Loks und Züge in der Vitrine

Mit viel Liebe zum Detail entstehen bei Familie Thonfeld in Hagen Modellbauwelten. 
Mit viel Liebe zum Detail entstehen bei Familie Thonfeld in Hagen Modellbauwelten.  © WP | Michael Kleinrensing

Zählen lassen sich all die Loks, Züge und Waggons in den unterschiedlichsten Spurweiten kaum. Sie stehen in Vitrinen, sie sind einfach da und gelegentlich werden sie aufs Gleis gestellt, um ein paar Runden zu drehen. „Aber das Im-Kreis-Fahren ist eigentlich das Langweiligste“, sagt Stephan Thonfeld, „die Faszination liegt im Basteln. Darin, Neues entstehen zu lassen.“

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Anregungen dafür liefern Bücher und vor allem Urlaube. „Da machen wir auch schon mal den ein oder anderen Abstecher, um uns eine Museumsbahn live und in Farbe anzuschauen“, sagt Peter Thonfeld, pensionierter Finanzbeamter. „Die Modelleisenbahn war für mich schon immer ein schöner Ausgleich. Hier hat man immer wieder kleine Erfolgserlebnisse. Das macht zufrieden.“

Nackte und Udo Lindenberg aus dem Drucker

Die Detailverliebtheit der Thonfelds hat sich in der Szene mittlerweile herumgesprochen. Produziert wird im Keller auch auf Bestellung. Kleine Figürchen im Adamskostüm, die sich auf Anlagen versteckt besonders gut machen. Prominente wie der Panikrocker Udo Lindenberg, der mittlerweile auf manchem Bahnsteig stehen dürfte. Oder aber der schnittige Aston Martin von James Bond.

Generationenprojekt Modelleisenbahn: Opa Peter und Enkel Luca Thonfeld basteln gemeinsam im Keller.
Generationenprojekt Modelleisenbahn: Opa Peter und Enkel Luca Thonfeld basteln gemeinsam im Keller. © WP | Michael Kleinrensing

Nur einer ist noch nicht aus dem 3-D-Drucker geplumpst. GDL-Chef Claus Weselsky, ein Bahn-Gewerkschafter, der auf zweifelhafte Art zu Prominenz gelangt ist. Ein Streik der Eisenbahner ist Thonfelds wunderbarer Modellbahn-Welt einfach nicht vorgesehen - weder auf Bornholm noch in der Bretagne.