Arnsberg. Einblicke in die Vereinsarbeit der Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn. Hier erfahren Sie, wie man Teil der Gruppe werden kann
„Achtung, Achtung! Bitte einsteigen! Die Türen schließen. Von Gleis 3 fährt ab die Obere Ruhrtalbahn von Arnsberg über Oeventrop, Freienohl, Meschede bis Bestwig.“ Wer die Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn im Arnsberger Bahnhof besucht, taucht binnen weniger Minuten tief ein in die Welt von Schienen, Lokomotiven, Waggons und Stellwerken.
Genau 40 Jahre ist es her, da fanden sich ein paar Eisenbahner in Arnsberg zusammen und gründeten eine Ortsgruppe des Bahnsozialwerks. „Damals gab es einige alte Dokumente, Schilder und sonstige Überbleibsel aus der Zeit der Bundesbahn, die einfach nicht verloren gehen sollten“, erklärt Reinold König die Anfänge des Vereins.
„Einige der Antiquitäten, die wir heute hier verwahren, sind rund 150 Jahre alt. Denn im 19. Jahrhundert wurde die Strecke von Arnsberg bis nach Bestwig gebaut.“
Kontakt
Eisenbahnfreunde Obere Ruhrtalbahn, Leiter Reinold König, Tel. 02937/3079, www.ef-obere-ruhrtalbahn.de
Damit sind wir direkt bei einem der beiden Standbeine der Eisenbahnfreunde. Denn neben dem klassischen Modellbau ist auch das Archiv eine tragende Säule im Vereinsleben. „Wir haben um die Jahrtausendwende einen gewaltigen Nachlass von einem ehemaligen Eisenbahner erhalten. Dazu zählte eine Modelleisenbahn, bei der wir den Auftrag erhalten haben, sie für die Öffentlichkeit in Szene zu setzen, und ein großer Bestand an Archivalien wie Fotos, Pläne und Akten“, erklärt König.
Scannen und digitalisieren
Zwei Vereinsmitglieder befassen sich nahezu ausschließlich mit der Pflege des Archivs: Heinrich Rosenbaum und Wolfgang Kasten. „Die Strecken- und Gebäudepläne aus dem 19. Jahrhundert sind in unterschiedlichem Zustand. Manche Pläne sind gut erhalten, andere wiederum haben schon deutliche Nutzungsspuren. Unser großer Wunsch ist, alle Pläne zu digitalisieren“, sagt Heinrich Rosenbaum. Doch bei tausenden Plänen sei dieses Vorhaben eine Herkulesaufgabe. „Wir haben mit der Unterstützung des Stadtarchivs schon ein paar Pläne einscannen und digitalisieren können, aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Teilweise hat Heinrich Rosenbaum auch die Pläne zu Hause von Hand abfotografiert. Aber diese Variante koste zu viel Zeit, erklärt der Arnsberger.
Bei den Gesprächen mit den Eisenbahn-Fans wird schnell eines deutlich. Für dieses Hobby braucht man viel Geduld, das nötige Kleingeld und auch ein wenig handwerkliches sowie technisches Verständnis. Erst recht, wenn man sich dem Modellbahn-Bau widmet. Hans-Joachim Krings-Grimm ist seit vier Jahren Mitglied des Vereins und kümmert sich um richtige Planung der Zugtechnik und digitale Steuerung der Bahn. „Hier wird jede helfende Hand benötigt: Vom Schreiner über den Computerfachmann bis hin zum Elektriker. Jeder von uns hat auch so sein Spezialgebiet. So lässt sich das prima ergänzen. und man arbeitet zusammen an der Bahn“, erklärt Krings-Grimm.
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Ursprünglich war die Modellbahn-Anlage in Modulbauweise konzipiert. „So konnten wir die Anlage recht zügig auf- und abbauen und vor allem transportieren“, beschreibt Reinold König die Anfangszeit. Doch mit der Zeit traten immer mehr Fehler bei der damals noch analogen Anlage auf und 2019 kam es dann zu einer einschneidenden Entscheidung. „Wir haben ratlos zusammengesessen und überlegt, was wir nun tun sollen. Und dann kam uns hier in der kleinen Gruppe der Aktiven die Idee, den Arnsberger Bahnhof nachzuempfinden, so wie er in den 60er und 70er Jahren ausgesehen hat. Und die Anlage sollte gleichzeitig auf Digitalisierung umgestellt werden. Alle waren direkt Feuer und Flamme“, so König. Wie wir alle wissen, kam die Corona-Pandemie und das Virus legte auch den Bahnbetrieb bei den Eisenbahnfreunden Obere Ruhrtalbahn still. „Wir befinden uns hier in einem Gebäude der Stadt und deshalb war hier natürlich auch alles geschlossen. Natürlich konnte man sich zu Hause ein wenig in verschiedene Bereiche einlesen und auch manche Dinge vorbereiten. Aber an der Bahn konnte man nicht mehr arbeiten“, beschreibt Rosenbaum die Probleme.
Denn ein paar Schienen verlegen und dann die Lok fahren lassen, so läuft das bei richtigen Modellbahn-Freaks nicht ab. „Das Ganze fängt mit dem Tisch oder den Tischen an, auf denen die Bahn steht. Die kauft man nicht, sondern werkelt sie sich selbst nach den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen. Also benötigt man jemanden, der sich mit Schreinerarbeiten auskennt“, so Hans-Joachim Krings-Grimm. Im nächsten Schritt haben die Mitglieder sich überlegt, wie die Gleise verlegt werden sollen. Dann kommen Elektrotechnik und Computerprogrammierung dazu. „Steht das Gleisnetz, geht es an die Überlegungen, welche Gebäude und Landschaften man auf der Bahn aufbauen möchte.“ Hier gehe es um die Epoche, in der alles spiele. Möglichst authentisch solle alles sein.
Realistische Landschaft
„Deshalb ist das Archiv für uns hilfreich. Anhand der alten Pläne und Fotos kann man die Gebäude so nachempfinden, wie sie in den 60er und 70er Jahren hier ausgesehen haben. Da ist dann quasi der Historiker gefragt“, betont Reinold König. Auch bei der Farbauswahl und den Schattierungen auf den Gebäuden sei Detailarbeit gefragt. „Es gibt richtige Kurse, in denen man lernen kann, wie man Waggons oder Häuser so anmalen kann, dass sie so realistisch wie möglich wirken.“ Einfach nur ein Fertighaus von einem der Spielzeughersteller kaufen und aufstellen, das machen die Arnsberger Eisenbahnfreunde nicht.
Und so wird es auf der Anlage im Maßstab 1:87 – vielen besser bekannt als H 0 – den alten Arnsberger Bahnhof, das Viadukt mit dem Schlossberg und die Ruhrbrücke geben. Sogar eine Interpretation der damaligen Hüstener Kirmes gibt es schon zu bestaunen. Man hat einfach kurzerhand die Kirmes von der ehemaligen Anlage wiederverwendet. Und auch wenn die Gebäude und Züge auf alt getrimmt sind, die Technik wird topmodern sein. Mit Hilfe des Computers werden die Züge dann künftig automatisch über die Gleise donnern und sogar mit dem Smartphone könnte man dann den Lokführer spielen.
Nachwuchs gesucht
So viele andere Vereine kämpfen die Eisenbahnfreunde mit dem Nachwuchsmangel. „Wir würden uns freuen, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene sich vielleicht dazu motivieren könnten, uns zu unterstützen – ganz gleich ob bei der Archivarbeit, dem Digitalisieren oder auf der Modellbahn-Anlage. Man muss auch nicht unbedingt Expertenkenntnisse mitbringen. Da können wir gerne auch Ratschläge geben. Nur Begeisterung für das Vereinsleben und die Ausdauer, an solchen Projekten länger mitzuarbeiten, sollte man haben“, erklärt Reinold König.