Elsey. Gegen fragwürdige Nebenkostenabrechnungen wollen sich Mieter von Velero in Elsey wehren. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück:
Als jüngst ein Mahnbescheid seines Vermieters Velero im Postfach lag, ist Thilo Krüger sprichwörtlich fast vom Stuhl gefallen: Rund 5.000 Euro solle er nachzahlen, ein Inkasso-Unternehmen sei eingeschaltet. „Sie beziehen sich dabei auf nicht bezahlte Betriebskosten-Abrechnungen“, berichtet Krüger. Doch gegen diese Abrechnungen hatte Krüger längst Widerspruch eingelegt.
Hohe Zahlungsforderungen
Er und seine Lebensgefährtin wohnen in einem Mehrparteienhaus am Elsternweg in Elsey, dort verwaltet Velero mehrere Häuser. Im Jahr 2019 sollte Krüger rund 990 Euro Betriebskosten nachzahlen, im Jahr 2020 rund 1355 Euro und im Jahr darauf 804 Euro. Jedes Mal habe er Widerspruch eingelegt. Weder auf den Widerspruch noch auf Anfragen, um über Berechnung und Belege zu sprechen, habe Velero reagiert. „Die sprechen nicht mit uns und auf einmal machen sie Druck mit Inkasso. Das ist Psychoterror.“
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Keine Reaktion
Andere Mieter aus den Velero-Häusern berichten von ähnlichen Erfahrungen wie Wolfgang Dressler. Auch er wohnt im Elsternweg und auch er bekam zum Jahresanfang eine Zahlungsaufforderung. Rund 3.500 Euro soll er nachzahlen, ein Inkasso-Unternehmen sei eingeschaltet. „Wenn ich eine nachvollziehbare Abrechnung bekomme, dann bezahle ich solche Forderungen“, sagt Dressler, „aber es kann mir keiner ordentlich nahelegen, was ich zahlen muss.“ Überrascht von einer Nachzahlungsforderung wurde auch Nachbar Holger Piotrowski. Der sollte zum Jahresende 2023 gut 800 Euro nachzahlen. Anrufe bei Velero blieben ohne Reaktion, sagt er. „Ob Einschreiben oder Telefonat - sie melden sich nicht zurück.“
„Mahnungen aushalten“
Betroffene Mieter aus Elsey wollen diesen Umgang nicht hinnehmen und sich organisieren. Sie suchen weitere Betroffene und haben sich an den Mieterverein Hagen gewandt. Rund 50 Velero-Mieter betreut der Mieterverein Hagen. Solange zu vorliegenden Nebenkostenabrechnungen konkrete Einwände erhoben wurden, bzw. die rechnungsmäßigen Belege zu den einzelnen abgerechneten Positionen angefordert worden sind und keine Reaktion erfolgte, verweigern die Mieter zu Recht die Zahlung, betont Rechtsanwalt Stefan Wintersohle vom Mieterverein Hagen auf Anfrage.
„Uns ist bekannt, dass Velero mindestens in monatlichen Abständen Mahnungen versendet und irgendwann auch darauf hinweist, dass das Mietverhältnis gekündigt werden kann. Wir versichern unseren Mitgliedern immer wieder, dass sie aus diesen Mitteilungen keine Nachteile zu befürchten haben und diese Mahnungen und Androhungen ‚aushalten‘ müssen.“ Mit dauernden Mahnungen erreiche Velero, dass der eine oder andere Mieter dann doch zahlt, weil er Angst um den Verlust seiner Wohnung hat. „Im Ergebnis ist das dann immer noch ein erfolgreiches Geschäftsmodell.“
Verjährung verhindern
Zum Jahreswechsel sei eine nicht unerhebliche Anzahl von Gerichtsverfahren von Velero angestrengt worden, um der drohenden Verjährung der Abrechnungen für das Jahr 2019 zu entgehen, so Wintersohle weiter. Denn: Nebenkostenabrechnungen verjähren nach drei Jahren. Wenn Mieter nicht zahlen, muss das Unternehmen reagieren. Mahnbescheide verlängern die Verjährungsfrist um ein halbes Jahr. Nachdem gegen die Mahnbescheide Widerspruch eingelegt wurde, seien bis heute noch in keinem einzigen Verfahren die Ansprüche von der Gegenseite begründet worden.
„Tatsache ist jedoch, dass zunächst sämtliche Nebenkostenansprüche belegt werden müssen“, so Wintersohle. „Wir gehen davon aus, dass die Firma Velero ihre Ansprüche jedenfalls nicht in der von ihr verlangten Höhe durchsetzen kann und nicht unerhebliche Einsparungen den Mietern zugutekommen.“
Velero weist Vorwurf zurück
Velero weist den Vorwurf überzogener Betriebskosten und Heizkosten zurück. „Zu allen angefallenen Kosten gibt es selbstverständlich Belege“, so Sprecherin Anke Sostmann auf Anfrage. In den zurückliegenden Jahren seien die Gesamtbetriebs- und Heizkosten im Elsternweg auch nicht gestiegen, sondern im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 sogar gesunken. „Das kann natürlich bei einzelnen Mietern je nach Verbrauch anders aussehen, aber um das prüfen zu können, benötigen wir leider konkrete Angaben zum Mieter. Jeder Mieter kann selbstverständlich auf Anfrage seine Belege einsehen.“
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Reaktion auf Widerspruch
Velero liegen von dort drei Widersprüche zu den Abrechnungen für das Jahr 2020 vor, so Sostmann. „Diese befinden sich in der Bearbeitung und werden in den kommenden Wochen zugestellt.“ Die Rückmeldefrist laufe Ende 2024 aus. „Aber hier müssen wir den Mieterinnen und Mietern recht geben: Aus Mietersicht ist es wünschenswert, auf Widersprüche schneller eine Antwort zu erhalten, auch wenn die gesetzlichen Fristen erst Ende des Jahres enden. Velero arbeitet an den internen Strukturen, um hier schneller Rückmeldung geben zu können und in den schnelleren Austausch mit den Mietern zu gelangen.“
Gerichtsverfahren letzter Weg
Das Inkassounternehmen komme ins Spiel, wenn mehrere Mahnungen keine Reaktion hervorgerufen haben und werde insbesondere bei ehemaligen Mietern eingeschaltet. Ein Gerichtsverfahren sei immer der letzte Weg, eine außergerichtliche Einigung gehe immer vor.