Breckerfeld. Sie fühlen sich von der Regierung für dumm verkauft. Ein Gespräch mit vier Landwirten aus Breckerfeld über den Bauern-Soli und ihre Probleme.
Sie protestieren weiter. Zum Beispiel am Freitag auf dem Marktplatz in Breckerfeld, wo sie erneut mit den Bürgern ins Gespräch kommen wollen und ein Mahnfeuer entzünden. Denn alles, was die Bundesregierung bis jetzt vorgeschlagen hat, sind für Christian Abel, Oliver Berker sowie die Brüder Lukas und Heiner Born höchstens faule Kompromisse. Auch mit dem Bauern-Soli, der auf Fleischprodukte aufgeschlagen werden soll, um Landwirte, die das Tierwohl fördern, zu unterstützen, wolle man nur einen Keil zwischen Verbraucher und Landwirte treiben. Ein intensives Gespräch mit vier Landwirten.
Keine Subvention von Agrar-Diesel mehr, dafür ein Soli für die Bauern. Das klingt doch nach einer vernünftigen Idee...
Heiner Born: Nein. Das ist es nicht. So langsam platzt uns der Kragen. Wir fühlen uns missachtet. Hinter dem Bauern-Soli steckt eine ganz perfide Taktik. Die Bundesregierung will auf diese Weise einen Keil zwischen Landwirte und Verbraucher treiben. Und auch einen Keil in die Bewegung der Landwirte.
Woran machen Sie das denn fest?
Oliver Berker:Niemand von uns ist doch auf die Straße gegangen, um eine weitere Steuer einzufordern. Und warum bitte schön geht es beim Bauern-Soli nur um Tierhaltung? Ackerbauern, Gemüsebauern, Obstbauern - sie alle stehen doch vor denselben Problemen. Das unterstreicht nur einmal mehr, dass uns die Regierung für blöd verkaufen will.
Christian Abel: Und dann ist da doch immer die Rede vom Bürokratie-Abbau. Mit dem Bauern-Soli kommt auf uns aber das Gegenteil zu. Da wird ein weiteres Bürokratie-Monstrum geschaffen.
Lukas Born: Letztlich geht es um 3,6 Milliarden Euro, die dem Verbraucher aus der Tasche gezogen werden, um ihn gegen die Landwirte aufzubringen. Das ist nichts anderes als die Fleischsteuer, die die Grünen aus ideologischen Gründen schon lange einführen wollen, sich damit aber nicht durchsetzen konnten.
Was wäre denn eine Lösung, mit der Sie leben könnten?
Oliver Berker: Ganz ehrlich - das ist schwierig zu formulieren. Die jüngsten Pläne zum Thema Agrardiesel und Kfz-Steuer für Landmaschinen haben das Fass ja nur zum Überlaufen gebracht. Wir fühlen uns schon seit Jahren gegängelt. Dabei sind wir Menschen, deren Familien seit Generationen Landwirtschaft betreiben und die ihren Beruf lieben. Aber das Maß ist voll, die Ausrichtung muss sich grundsätzlich ändern. Die Regierung hat sich völlig verrannt.
Christian Abel: Wenn man nur mal auf all die Vorgaben in Sachen Umweltschutz und Tierwohl schaut: Wir stecken seit 20 bis 30 Jahren in einem Optimierungsprozess, müssen immer wirtschaftlicher werden. Das führt automatisch dazu, dass man auf die Ressourcen blickt. Es ergibt wirtschaftlich gar keinen Sinn, übermäßig Pflanzenschutzmittel einzusetzen oder Gülle auszufahren. Ähnliches gilt für Tiere. Sie sind wichtiger Bestandteil unserer Produktion. Und mit einem schlecht gehaltenen Tier, das sich nicht wohlfühlt, lassen sich keine Umsätze erzielen. Vieles aber, was uns vorgegeben wird, geht völlig an der Realität vorbei.
Lukas Born: Diejenigen, die die Haltung permanent reformieren wollen, kennen nicht einmal den derzeitigen Stand auf den Höfen. Das ist traurig.
Also eine deutliche Kritik an Landwirtschaftsminister Özdemir, oder?
Oliver Berker: Ja. Wir sehen ihn sehr kritisch. Er ist nicht vom Fach, verlässt sich darauf, wie ihn die Experten aus seinem Ministerium beraten. Aber man muss auch so fair sein: Nicht alles, was uns zu schaffen macht, hat uns dieser Minister eingebrockt. Seine Vorgängerin, Julia Klöckner, will auch keiner von uns zurück. Die war ein Totalausfall. Das Schlimme: Sie wusste genau, was sie tat, war aber immer nur auf ihr Image und ihre Karriere bedacht.
Heiner Born: Gerade jetzt bräuchten wir mal einen Minister, der an der Seite der Landwirte steht und keine ideologischen Ziele verfolgt. Den haben wir aber nicht.
Christian Abel: Und von der NRW-Ministerin Silke Gorißen hört man in diesen Tagen rein gar nichts.
Dafür scheinen ja die Verbraucher hinter den Landwirten zu stehen...
Heiner Born: Ja, das ist auch unser Gefühl. Und dabei hat es ja nicht an Versuchen gemangelt, uns immer wieder in die rechte Ecke zu drängen.
Oliver Berker: Da fühlen wir uns auch nicht gerecht behandelt. Da reden viele immer nur über ein paar Galgen. Das ist geschmacklos. Aber dass Zigtausende friedlich und ohne Zwischenfälle demonstrieren, wird nicht wahrgenommen. Auch unsere Botschaften kommen in der Politik nicht an.
Christian Abel: Und das hat auch mit einer Berichterstattung zu tun, die wir als nicht fair und ausgewogen empfinden. Auf einem Jugendsender im Radio habe beispielsweise ich einen Beitrag gehört, in dem es nur um eine vermeintliche Unterwanderung unserer Proteste ging. Warum aber auch junge Landwirte auf die Straße gehen - dazu gab es kein Wort.
Wer auf die Straße geht, fehlt auf dem Hof: Wie lange können Sie Ihre Proteste denn noch aufrechterhalten?
Heiner Born: Die Frage ist doch, wie lange wir das noch müssen. Wir werden bestimmt nicht nach Hause gehen und sagen: Da haben wir jetzt eine schöne Zeit gemeinsam auf der Straße verbracht. Und das war es dann. Es braucht einen Kurswechsel, eine grundsätzliche Lösung.
Oliver Berker: Wenn wir jetzt aufgeben würden, wäre das auch ein schlechtes Zeichen für all jene Branchen, die sich uns angeschlossen haben. Wir haben eine Welle ins Rollen gebracht, viele mitgenommen. Wir lassen uns bestimmt nicht mit Absichtserklärungen abspeisen, dass sich in den nächsten Jahren vieles ändern werde.