Haßley. Nachdem die Öffentlichkeit Wind von Absprachen mit Rheinkalk bekommen hat, gibt die Stadt Hagen nun eine öffentliche Vorlage an die Politik.

Fünf Monate nachdem bekannt geworden ist, dass sich auf Haßley ein Flächendeal anbahnen könnte, bei dem der Dolomit-Steinbruch näher an die Dorflage Haßleys heranrücken könnte, bringt die Stadt das pikante Thema - nun wiederum öffentlich - in die Politik ein. Inwiefern das zur Beruhigung bei hunderten Haßleyern beitragen kann, die den Erholungswert ihres Dorfes und landwirtschaftliche Flächen in Gefahr sehen, ist abzuwarten. In einer vor Planungsrecht strotzenden Vorlage erklärt die das bisherige Vorgehen und wie es weitergehen soll.

Der Deal, der zur Debatte steht, soll so gehen: Die Kommune stellt - unter der Bedingung, dass ein adäquater Ersatzpfad geschaffen wird - ausdrücklich den beliebten Weg entlang der Haßleyer Felder zur Verfügung. Außerdem erhält Lhoist Rheinkalk, Betreiber des Steinbruchs, Ausgleichs- und Ersatzflächen unweit von Holthausen. Im Gegenzug erhält die Stadt Hagen den Zugriff jene 22 Hektar große Industrie-Potenzialfläche im Lennetal, die von Lhoist Rheinkalk an das Unternehmen Panattoni zur Vermarktung übergeben worden ist. Dieses Grundstück umfasst knapp 121.000 Quadratmeter, auf dem mehr als 100 Jahre lang Dolomitgestein für Verkleidungen für Koks- und Stahlhochöfen verarbeitet wurde. Bei dem Neubau werden 35.000 Quadratmeter Logistik- und Industriefläche, 1.800 Quadratmeter Büro- und Sozialfläche und 2.700 Quadratmeter Lagermezzanin geschaffen.

Blick von der Aussichtsplattform des Unternehmens Lhoist Rheinkalk in den Steinbruch Donnerkuhle.
Blick von der Aussichtsplattform des Unternehmens Lhoist Rheinkalk in den Steinbruch Donnerkuhle. © WP | Michael Kleinrensing

Detaillierte Genehmigungsverfahren

In einer langen Vorlage erklärt die Stadt nun, unter welchen Voraussetzungen eine Erweiterung des Steinbruchs überhaupt möglich ist und geht detailliert auf Genehmigungsverfahren rund um Trockenabgrabungen (Abbau oberhalb des Niveaus des Grundwasserkörpers ) und Nassabgrabungen (Abbau bis in den Grundwasserkörper, so dass nach Beendigung der Abgrabung ein See entsteht). Grundsätzlich heißt es: „Aufgrund landesplanerischer Vorgaben besteht die Verpflichtung, die Versorgung mit oberflächennahen Rohstoffen sicherzustellen. Diese Bereiche können in den Regionalplänen naturgemäß nur dort ausgewiesen werden, wo der entsprechende Rohstoff als Gestein ansteht und vorzugsweise bereits ein Betrieb zur Gewinnung des Rohstoffs besteht.“ Aus diesem Grund sehe der Regionalplanentwurf im Bereich des Haßleyer Feldes die Erweiterung des Steinnbruchs in südliche Richtung vor.

Auch interessant

Protestler auf Haßley: Zahlreiche Bürger hatten Ende August gegenüber der WP ihren Unmut über den sich anbahnenden Flächendeal kundgetan.
Protestler auf Haßley: Zahlreiche Bürger hatten Ende August gegenüber der WP ihren Unmut über den sich anbahnenden Flächendeal kundgetan. © WP | Michael Kleinrensing

Aufhorchen lassen aus Sicht der Anwohner diese beiden Sätze: „Die Nutzung des Haßleyer Feldes für die Landwirtschaft bzw. für die Naherholung steht dem geplanten Bereich zur Sicherung und Abbau oberflächennaher Bodenschätze bis zur Realisierung einer Steinbruchnutzung nicht entgegen. Die Überplanung des Bereiches als Gewerbe- oder Wohngebiet ist hingegen nicht möglich.“ Beiden Verfahren (Trocken- oder Nassabgrabung) sei gemein, dass Antragsteller Rheinklak zunächst nicht zwingend über die Erweiterungsflächen verfügen können müsse. „Da es sich bei der hier angenommenen Antragssituation um ein privatnütziges Vorhaben handelt, ist davon auszugehen, dass beide Genehmigungsentscheidungen keine eigentumsrechtliche Vorwirkung entfalten würden“, heißt es in der Vorlage.

Flächenbesitzer Dr. Klaus Partenheimer: Mit ihm hat niemand gesprochen.
Flächenbesitzer Dr. Klaus Partenheimer: Mit ihm hat niemand gesprochen. © WP | Michael Kleinrensing

Stadt zeigt auf die Wirtschaftsförderung

„Die Stadtverwaltung hat zudem keine Verhandlungen zum Verkauf der Wegeflächen geführt. Anbahnende Gespräche hat es lediglich seitens Hagen Wirtschafsentwicklung (Wirtschaftsförderung) mit Lhoist gegeben“, erklärt die Stadt in der Vorlage. Hagen Wirtschaftsentwicklung ist eine Stadttochter.

In einer nichtöffentlichen Beschlussvorlage, die der Redaktion vorliegt, hatte jene Stadttocher aber ziemlich präzise beschrieben, wie der Deal eingefädelt werden soll. Eine Bietergemeinschaft aus ihr selbst und einem Unternehmen aus der Privatwirtschaft habe ein „indikatives Angebot“ abgegeben. Eine erste schriftliche Offerte also. Obwohl das Angebot „signifikant“ unter denjenigen der beiden bis dato Höchstbietenden gelegen habe, soll Flächeneigentümer Lhoist aufgezeigt haben, unter welchen Voraussetzungen man sich doch durchsetzen könne.

Gewaltiger Widerstand auf Haßley

Auch interessant

Dazu benötige Lhoist Wegeflächen nahe Holthausen und nahe Haßley, womit der beliebte Spazierweg gemeint ist. Wörtlich heißt es: „Nach Abwägung der Sachlage schlägt die Verwaltung dem Rat vor, dem Verkauf der Wegeflächen der Stadt Hagen nahe der Ortslage Haßley und der Zurverfügungstellung von Ausgleich- und Ersatzflächen in der Nähe der Ortslage Holthausen unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass eine Veräußerung der Flächen der in Dolomitstraße 10 an die an Bietergemeinschaft der Hagen Wirtschaftsentwicklung durch die Lhoist Rheinkalk GmbH erfolgt.“

Auf Haßley hatte sich zuletzt gewaltiger Widerstand formiert. Die Anwohner würden für dumm verkauft, Lebensqualität und Naherholungswert für Tausende Bürger werde einfach geopfert, noch dazu landwirtschaftliche einfach hergegeben. Kurios in diesem Zusammenhang: Dr. Klaus Partenheimer, Zahnarzt mit Praxis an der Elberfelder Straße, der selbst auf Haßley wohnt und Eigentümer von möglichen Erweiterungsflächen ist, sagte im vergangenen August: „Ich habe von den Erweiterungsplänen des Steinbruchs aus der Zeitung erfahren.“ Und gleichzeitig stellt er klar: „Ich will überhaupt keine Flächen verkaufen.“

Vermerk im Flächennutzungsplan

Zukünftig, so die Verwaltung, soll „der nach Betriebsplan genehmigte Abgrabungsbereich als Fläche für Abgrabungen oder für die Gewinnung von Bodenschätzen, südwestlich davon entsprechend der Realnutzung als Waldfläche und südöstlich als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt werden.“ Der im Regionalplanentwurf festgelegte, in südliche Richtung erweiterte Steinbruchbereich, soll „als Vermerk in den Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes übernommen werden“.

„Als rohstoffverarbeitendes Unternehmen sind wir selbstverständlich immer daran interessiert, unsere Standorte, wenn möglich, langfristig weiterzuentwickeln. Das ist unser Geschäft und unsere Aufgabe“, hatte Lhoist-Sprecher Mario Burda zum gleichen Zeitpunkt allgemein erklärt. So sei die effiziente Ausschöpfung bereits erschlossener Steinbrüche Neuaufschlüssen vorzuziehen. Sauber trennen müsse man allerdings immer zwischen dem Offenhalten langfristiger, potenziell möglicher Optionen und konkreten Verfahren. Burda: „In unserem Haus gibt es aktuell keine Vorbereitungen für ein Fachverfahren, um den Steinbruch Donnerkuhle zu erweitern“, so der letzte Stand. Das Wort hat ohnehin erst einmal die Hagener Politik, die das Thema erstmals öffentlich in der Bezikrsvertretung Hohenlimburg in dieser Woche behandeln wird.